Aschaffenburg (POW) Am Sonntag, 31. März, wird Peter Schäfer, Regionalkantor am Untermain, um 18 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes in der Stiftsbasilika Aschaffenburg in den Ruhestand verabschiedet. Die musikalische Gestaltung übernimmt ein „Spontan-Chor“ aus Kirchenmusikkollegen, aktiven und ehemaligen Chorsängern, C-Schülern und Organisten. Schäfer gibt mit diesem Termin die Leitung des Orgelzentrums in Aschaffenburg ab. Von dort aus hat er 37 Jahre lang die ganze Region zwischen Alzenau und Miltenberg kirchenmusikalisch betreut. Für den Orgelunterricht steht er auch noch weiterhin zur Verfügung. Was die Höhepunkte in seinem Berufsleben waren und wie er heute Jugendliche für die Orgel begeistert, schildert er im folgenden Interview.
POW: Wie sieht denn der Arbeitstag eines Regionalkantors aus?
Regionalkantor Peter Schäfer: Bei uns in der Diözese Würzburg wird der größte Teil der kirchenmusikalischen Arbeit von nebenamtlichen Kräften gemacht – tolle Leute die das sehr schön machen. Als Regionalkantor ist man dazu da, in einem Bereich flächendeckend auszubilden und Fortbildungen für Organisten und Chorleiter anzubieten. In meiner Zeit hatte ich beispielsweise etwa 500 Orgelschüler, rund die Hälfte davon hat sich eine Qualifikation „draufgeschafft“ und dann die C- oder D-Prüfung an der Orgel abgelegt. Unterstützt haben mich dabei unter anderem die hauptamtlichen Kirchenmusiker der Region. Dazu kam natürlich das Gestalten von Gottesdiensten und Konzerten. Immer wieder wurde ich auch als Orgelsachverständiger von Gemeinden angefragt.
POW: Was war Ihnen wichtig bei der Arbeit mit den Schülern?
Schäfer: Die Schüler zu begeistern, das ist das Wichtigste. Die jungen Leute müssen merken, dass sie gebraucht und geschätzt werden, damit sie dann auch gerne in ihren Gemeinden tätig sind. Und dann lernen die natürlich nicht nur Literatur, sondern vor allem auch das Improvisieren. Das ist ein ganz wichtiger Teil, dass sie eine Fantasie entwickeln und Techniken lernen, was man da machen kann. Wenn einem mal nichts einfällt, muss man trotzdem etwas spielen können.
POW: Die Orgel gilt nicht unbedingt als modernes Instrument. Wie können Sie heute noch Schüler dafür begeistern?
Schäfer: Man muss es hören. Man kann eine Orgel furchtbar langweilig spielen, dann klingt auch eine schöne Orgel nicht gut. Man muss immer gucken: Was steckt in dem Instrument und wo kann ich das herauskitzeln. Selbst bei einem „alten Schlitten“, wo jeder sagt, die Orgel ist ja von vorgestern, kann man, wenn man sich damit beschäftigt, etwas Gutes finden. Es ist wie bei den Menschen: Man muss einfach gucken, irgendwo hat jeder seine Besonderheit.
POW: Beim Aufkommen des Neuen Geistlichen Liedes in den 1970er Jahren hatte man den Eindruck, die Kirchenmusik ist da sehr zurückhaltend.
Schäfer: Da muss man sich wirklich an die eigene Brust klopfen: Die Kirchenmusik hat da echt erst mal was verschlafen. Für meine Lehrer war das ganz schrecklich, damit wollten sie nichts zu tun haben. Wenn man sowas auf der Orgel gespielt hat, wurde man krumm angeguckt. Aber das hat sich total geändert. Heute spielen wir alle gern Neues Geistliches Lied, weil es auch viel mit Unterhaltungsmusik und Jazz zu tun hat. Und es entspricht mit den Texten ja auch unserer Lebenswirklichkeit mehr als beispielsweise diese pathetischen Lieder aus dem 19. Jahrhundert.
POW: Was waren denn Höhepunkte in Ihrem Berufsleben?
Schäfer: Ich fand es immer sehr schön, wenn die Kurse ihren Abschluss gemacht haben. Und dann gab es natürlich viele Konzerte und Orgeleinweihungen. Wir haben hier in der Gegend eine Reihe sehr schöner Instrumente. Es war immer etwas Besonderes, so ein Instrument zum ersten Mal vor einer Gemeinde erklingen zu lassen. Ein Highlight war natürlich die Erstellung des neuen Gotteslobes. Da war ich mit involviert bei der Auswahl der Lieder für den Diözesanteil. Dafür haben wir auch die Orgelsätze geschrieben. Und das macht heute viel Spaß, diese den jungen Leuten beizubringen.
POW: Welche Musik macht Ihnen am meisten Spaß, wenn Sie selber an der Orgel sitzen?
Schäfer: Am liebsten spiele ich in Gottesdiensten. Da ist die Kirchenmusik einfach zu Hause. Da passt das in den Kontext, da soll die Musik die Sinne wecken für das Wort und alles, was da passiert. Gerne spiele ich auch beispielsweise bei Evensongs. Diese meditative Seite gefällt mir heute fast besser als das sehr Konzertante.
POW: Auch wenn Sie demnächst im Ruhestand sind, ist jetzt schon klar, dass Sie den einen und anderen Kurs noch halten werden, auch weil es keinen direkten Nachfolger für Sie gibt. Die Musik wird Sie also weiter begleiten. Könnten Sie sich denn eine Welt ohne Musik vorstellen?
Schäfer: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich höre immer Harmonien, auch wenn es still ist. Musik gibt es in der ganzen Natur, da ist immer etwas da – und wenn es nur ein Vogel ist, der singt. Da höre ich die Intervalle, oder ich achte darauf: Wie klingelt eine Klingel, wie klingt eine Hupe? Ein Leben ohne Musik, das wäre tot, glaube ich.
Interview: Burkard Vogt (POW)
(1319/0352; E-Mail voraus)
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