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Dokumentation

„Im Angesicht des Todes nach dem Glauben Ausschau halten“

Predigt von Dompropst Weihbischof Ulrich Boom beim Allerseelen-Pontifikalamt im Würzburger Kiliansdom am Dienstag, 2. November 2021

Wer unseren Dom betritt, nimmt gleich die vielen Grabmäler wahr, die rechts und links des Hauptschiffes stehen. Der wiederkommende Herr im Hochchor rückt erst, wenn man auf ihn zugeht, näher. Die Grabmäler von den Bischöfen, die das Bistum Würzburg in seiner Geschichte leiteten, stehen für die Bistumsgeschichte durch die vielen Jahrhunderte.

Ein Grabmal in der Nähe des Hauptportals erinnert nicht an einen Bischof oder Domherren. Es ist das Grabmal für Sebastian Echter von Mespelbrunn (1546-1575). Eigentlich hätte er nicht im Dom bestattet werden dürfen, weil er kein geistlicher Herr war. Aber Fürstbischof Julius Echter (1545-1617), sein älterer Bruder, erzwang vom Domkapitel die Ausnahme. Julius war das Zweite von neun Kindern der Eltern Peter und Gertraud Echter von Mespelbrunn, Sebastian das dritte Kind. Beide verband eine tiefe Bruderliebe. 1561 schickte der Vater beide Julius 17, Sebastian 16, für 2 Jahre zum Studium nach Löwen. In der Folge studieren sie an den großen Universitäten Europas wie Paris und Pavia. Mit 29 Jahren stirbt Sebastian. Den großen Schmerz und die tiefe Trauer, die sein Tod bei Julius auslöst, ist in der Widmungsschrift, die Julius selbst verfasste bzw. beeinflusste, zu lesen:

„Julius, Bischof und Herzog von Franken, setzte seinem liebsten Bruder Sebastian Echter von Mespelbrunn, Doktor beider Rechte, (dieses Denkmal).

Wie werde ich dir, mein lieber Bruder, meine Liebe bezeugen,

der du, obgleich jünger, vor meinem Tod hinweggerafft wirst?

In diesem Grab werde ich, was jetzt erlaubt ist, deine Gebeine bestatten

und immerwährenden Gebeten in meinem Herzen Platz geben.

Schmerz habe ich empfunden über deinen Tod,

die Eltern haben darüber Tränen vergossen.

Du warst weise, gelehrt und gottesfürchtig.

Ich hatte die vergebliche Hoffnung gehabt, du würdest mir eine Hilfe sein,

solange mich die zweifache Last des Reiches bedrückt.

Ach dass doch, damit du zur gleichen Zeit mit mir leben könntest,

meine Lebenszeit halbiert würde!“

Im unteren Teil des Grabmales nur noch die Feststellung des Todes:

„Er starb im Jahr des Herrn 1575 am siebten Tag des Novembers in seinem 30. Lebensjahr“.

Ein Denkmal voller Nachdenklichkeit und Trauer, es sind keine Zeichen von Kreuz und Auferstehung zu sehen. Drei Figuren verweisen hin auf Liebe und Hoffnung, links und rechts und oben als Abschluss ist die Personifizierung des Glaubens zu sehen. Zweimal ist Sebastian Echter dargestellt. Einmal als nackter Leichnam mit einem Lendentuch auf einem Totenlager. Darüber liegt er in voller Ritterrüstung angelehnt, den Kopf mit dem Arm auf einem Stapel Bücher stützend, und schaut sehnsuchtsvoll nach oben. Der Blick scheint den Kontakt zu suchen mit der Gestalt, die den Glauben symbolisiert.

Fast 450 Jahre trennen uns von der Entstehung dieses Grabmales. Die Fragen, die sich uns stellen im Angesicht und der Erfahrung des Todes, vor allem wenn ein geliebter Mensch von uns geht, bleiben aktuell. Die Erfahrungen gleichen sich: Schmerz empfinden über den Tod, Tränen vergießen, Hoffnungen sind zerstört, der Trauernde möchte selbst sterben.

Ähnlich geht es auch Marta und Maria beim Tod des Bruders Lazarus im heutigen Evangelium zum Allerseelentag. Marta bäumt sich auf: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben“ (Joh 11,21). Maria zieht sich zurück, will mit ihrem Schmerz allein sein. Marta weiß von dem Trost in einer fernen Zukunft: „Ich weiß, dass er (Lazarus) auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag“ (Joh 11,24). „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25), sagt Jesus zu Marta und allen, die um einen geliebten Menschen trauern. Wer Jesus glaubt und ihm vertraut, der wird auch im Tod nicht untergehen.

Im Angesicht des Todes nach dem Glauben Ausschau halten. Am Ende nutzt uns das große Wissen nicht, auf das wir uns stützen wie Sebastian Echter. Auch Macht und Ansehen sind keine Rüstung gegen die Vergänglichkeit. Am Ende bleibt nur der nackte Leib mit dem Tuch oder Hemd, das keine Taschen hat. Es ist tiefsinnig dargestellt, dass der tote Leib kleiner ist als der Körper zu Lebzeiten. Im Tod kommt unsere wahre Größe zum Vorschein. Im Leben geben wir uns oft größer, als wir in Wirklichkeit sind.

Schauen wir im Wissen um unsere Vergänglichkeit nach unserem Glauben wie der geliebte Bruder Sebastian. Unser Dom kann uns eine Antwort geben in unserem Suchen und Fragen. Die Reihe der Toten auf den Grabdenkmälern endet im Bild des wiederkommenden Herrn. Wir gehen, vergehen und haben Vergehen. ER aber kommt, kommt uns entgegen im unserer Vergänglichkeit. Amen.