Würzburg (POW) Die Domschule Würzburg ist Mitveranstalter bei der Pop-Up-Theaterproduktion „GOTT“ des Theaters Chambinzky. In dem kontroversen Theaterstück von Ferdinand von Schirach geht es um Fragen wie: Wem gehört unser Leben? Wer entscheidet über unseren Tod? Wem gehört das Sterben? Spielorte sind unter anderem das Matthias-Ehrenfried-Haus, das Zentrale Hörsaal- und Seminargebäude der Universität Würzburg, der Gartenpavillon der Stiftung Juliusspital und der Würzburger Ratssaal. Im folgenden Interview erklärt der theologische Ethiker Dr. Stefan Meyer-Ahlen, Studienleiter bei der Domschule Würzburg, die Hintergründe des kirchlichen Engagements.
POW: In wenigen Tagen startet eine Inszenierung des neuen Theaterstücks „GOTT“ von Ferdinand von Schirach. Warum ist das ein Thema für die Domschule Würzburg?
Dr. Stefan Meyer-Ahlen: In der Inszenierung des Theaterstücks „GOTT“ wird die große Frage nach dem Leben und dessen Verfügbarkeit thematisiert. Eine Frage also, die das Dasein von Menschen grundlegend angeht. In der Schnittstelle von Theater, Wissenschaft, Gesellschaft und Kirche darüber nachzudenken, zählt zu den zentralen Aufgaben der Domschule Würzburg.
POW: Warum ist der sogenannte assistierte Suizid aktuell ein kontroverses Thema?
Meyer-Ahlen: Im Februar 2020 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass es eine gesetzliche Neuregelung des sogenannten ärztlich assistierten Suizids braucht. In den nächsten Monaten wird der Deutsche Bundestag dazu Gesetzesentwürfe beraten. Von unterschiedlichen Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind dazu bereits Vorschläge eingebracht worden. Diese gilt es nun im Parlament zu diskutieren. Die Frage des freien Willens und die Frage nach verantwortlichen Entscheidungen und gutem Handeln am Ende des Lebens ist in einer pluralen Gesellschaft aber nicht eindimensional und für alle in gleicher Weise zu beantworten. Daher braucht es Informationen und Diskussionen im Themenfeld von Leben, Freiheit, Schutz und Verantwortung – und die Debatten dazu sind durchaus auch kontrovers.
POW: Wie kann sich Kirche hier einbringen, ohne Menschen ohne christlichen Hintergrund ihr Wertesystem aufzuzwingen?
Meyer-Ahlen: Es gelingt aus meiner Sicht nur äußerst schlecht oder gar nicht, jemanden dazu zu zwingen, persönlich Verantwortung zu übernehmen und gut zu handeln. Es kann also kein Interesse sein, jemandem ein Wertesystem aufzuzwingen. Auch christliche Ethik setzt grundlegend auf Freiheit. Es stellt sich dann die Frage nach dem Rahmen, worin diese Freiheit verantwortlich in Respekt vor der Freiheit anderer gelebt werden kann. In der Domschule laden wir daher vor der Theaterpremiere zu einer grundlegenden Veranstaltung ein, die die vielfältigen in diesem Themenfeld verwendeten Begriffe klärt und Sachinformationen anbietet. Hierbei kommen die Perspektiven der Medizin, Rechtswissenschaft, Philosophie und Theologie zur Sprache. Am Abend nach den Theateraufführungen bieten wir jeweils noch moderierte Nachgespräche und Diskussionen mit Fachexpertinnen und Fachexperten an.
POW: Welche Hoffnung verbinden Sie mit Ihrem Engagement?
Meyer-Ahlen: Dass sich viele Menschen darauf einlassen, auch in schwierigen Fragen des Lebens eigene, gute und verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Schön wäre natürlich, wenn sie hierzu Orientierung bei den Veranstaltungen der Domschule finden sowie Hilfe und Unterstützung bei vielfältigen Beratungsangeboten, zum Beispiel auch der Caritas oder des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF).
Interview: Markus Hauck (POW)
(3621/0860; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet