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Insektensummen statt Totenstille

Wie sich Artenvielfalt auf Friedhöfen ohne großen Aufwand umsetzen lässt – Zwei Infoveranstaltungen der Katholischen Landvolkbewegung geben Anregungen

Bergrheinfeld/Wiesenbronn (POW) Friedhöfe sind Orte der Ruhe und der Trauer. Doch totenstill müssen diese Oasen inmitten von Dörfern und Städten nicht sein. Sie sind der perfekte Platz für viele Pflanzen und Tiere und können einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. Die konkrete Umsetzung ist oft gar nicht so schwer. Was Kommunen und Grabbesitzer tun können, will das Bildungswerk der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) im Herbst bei zwei Veranstaltungen in Bergrheinfeld und Wiesenbronn unter dem Titel „Artenvielfalt auf Friedhöfen“ zeigen.

„In den vergangenen 20 Jahren erleben wir einen großen Wandel in der Bestattungskultur“, beschreiben Walter Zeißner und Max Müller vom Bauhof Bergrheinfeld die Lage: Statt Familiengrabstätten gebe es immer mehr Urnengräber, die Angehörigen wohnten weit weg und hätten immer weniger Zeit für die Pflege. Deshalb hat man in Bergrheinfeld schon vor 16 Jahren mit dem Umbau zum Rasenfriedhof begonnen: Die Erd- und Urnengräber wurden sukzessive auf Pflanzflächen von 80 mal 100 Zentimeter zurückgebaut, auf dem Rest Rasen angesät. 120 der insgesamt 700 Gräber sind mittlerweile sogar reine Rasengräber. Beliebt ist auch der Stelenfriedhof mit kleinen Pflanzflächen von 40 mal 40 Zentimeter.

Um auch den klimatischen Veränderungen Rechnung zu tragen, hat die Gemeinde zugleich viele kleine, aber wichtige Schritte getan: So dient eine mit Stauden bepflanzte Urnenmauer als Habitat für Eidechsen und Nahrungsquelle für Insekten. Auf den Freiflächen wurden eine Blühwiese als Tummelplatz für Bienen angelegt und klimaresistente Bäume für Baumbestattungen gepflanzt. „Gerade Bäume sind nicht sonderlich beliebt, weil sie Dreck und Arbeit machen, aber als Brutplätze, Nahrungsquelle, Sauerstoffproduzenten und Temperaturregulierer unschätzbar wichtig“, betont Christine Bender, Geschäftsführerin beim Bezirksverband für Gartenbau und Landespflege Unterfranken. Erst jüngst hat der Verband in Kooperation mit dem Bezirk Unterfranken ein Förderprojekt zur Grünbepflanzung aufgelegt. Mit „Mehr Grün auf dem Friedhof“ will man Pflanzungen von Bäumen, Sträuchern, Stauden und blütenreichen Saatgutmischungen finanziell und beratend unterstützen. Beantragen kann die Förderung jeder Friedhof, erste Anträge sind bereits eingegangen.

Die ökologischen Umbauten stoßen nicht überall auf Gegenliebe: „Menschen, die ihre Trauer nicht in zeitaufwändige Pflege und üppige Wechselbepflanzung umsetzen, gelten im Dorf rasch als faul oder geizig“, berichtet Bender. Umso wichtiger sei Bewusstseinsbildung, und deshalb wirbt sie für Dauerbepflanzungen mit Kleingehölzen und ganzjährig blühenden Stauden. „Die benötigen weniger Wasser, weniger Pflegeaufwand und vor allem: Es summt und brummt, weil Insekten reiche Nahrung finden.“

Ganz ähnlich sieht das Franziska Schorr von der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau. Die Wildlebensraumberaterin begleitet in Wiesenbronn ein Projekt für Friedhofsbegrünung. Schon zu Projektstart 2021 war der Arkadenfriedhof „in einem sehr strukturreichen Zustand“, so dass punktuell hinzu gepflanzt wurde. Eine Besonderheit ist die in der Aussegnungshalle lebende Kolonie von Zwergfledermäusen. Um sie zu unterstützen, hat der Wiesenbronner Heinrich Wilhelm Nisthilfen angebracht und ein sortenreiches Blühbeet angelegt, das speziell auf die Bedürfnisse der nachtaktiven Säuger abgestimmt ist.

Nistkästen, Totholz und Sandlinsen dienen auf dem Friedhof als Lebensraum für Vögel, Reptilien und Insekten. 2021 hat Stephan Popp vom örtlichen Bauhof zudem ein Mustergrab angelegt, das er seitdem tatkräftig weiterentwickelt und pflegt. Mehrere leerstehende Gräber ließ die zweite Bürgermeisterin Annette Prechtel mit Stauden bepflanzen – „als Inspiration für eine attraktive, biodiversitätsfördernde und pflegeleichte Grabgestaltung“. Weil es auch in Wiesenbronn nicht nur Beifall gibt, führt Prechtel immer wieder Menschen über den Friedhof: „Wir wollen die Sehgewohnheiten verändern“, sagt sie. Und das gehe nur, „indem wir darüber sprechen, die Leute mitnehmen, aufklären und begeistern“.

Was Kommunen und private Grabbesitzer konkret für mehr Artenvielfalt auf dem Friedhof tun können, darüber informieren Christine Bender und Franziska Schorr bei zwei Friedhofsführungen: am Freitag, 27. September, von 16.30 bis 18 Uhr auf dem Friedhof Bergrheinfeld und am Freitag, 11. Oktober, von 16.30 bis 18 Uhr auf dem Friedhof Wiesenbronn. Anmeldung bis spätestens 17. September beziehungsweise 2. Oktober sowie nähere Informationen beim „Land & Leute“-Bildungswerk der KLB, Ottostraße 1, 97070 Würzburg, Telefon 0931/38663721, E-Mail klb@bistum-wuerzburg.de. Weitere Infos unter www.klb-wuerzburg.de/aktuelles/termine.

al (KLB)

(3724/0909; E-Mail voraus)

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