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Schwerpunktthema „Priester werden“

„Irgendwann müssen sie zu mir kommen, wenn sie kommen wollen“

Regens Peter Göttke gibt einen Einblick hinter die Kulissen der Priesterausbildung im Bistum Würzburg – Individuelle Ausbildungspläne, Verliebtheit und Wäsche waschen

Würzburg (POW) Peter Göttke (59) ist Priester im Bistum Würzburg und seit 2021 als Regens verantwortlich für die Priesterausbildung im Bistum. Er begleitet angehende Priester vom Eintritt ins Priesterseminar bis zu ihrer Zeit als Kaplan. Im Interview spricht er unter anderem über Gründe für den Rückgang der Zahl der Seminaristen und was sich in Zukunft an der Ausbildung ändern könnte.

POW: An wen wenden sich Männer, die ins Priesterseminar eintreten wollen, eigentlich als Erstes?

Peter Göttke: Es kommt auf die persönlichen Beziehungen an, auf die Leute, die ich kenne, auf den Kaplan, den Pfarrer, den Pater oder wen auch immer, der für mich ein Stück Vorbild geworden ist oder in mir die Idee wachgerufen hat. Es kann schon vorkommen, dass die einfach meine Telefonnummer weitergeben oder die E-Mail. Dann bekommt man eine Anfrage und macht ein Gespräch aus. Ein ganz formloses, wo man sich mal kennenlernt, mal überlegt und der Kandidat seine Fragen stellen kann. Im Endeffekt bin ich der Verantwortliche für die Annahme. Irgendwann müssen sie zu mir kommen, wenn sie kommen wollen.

POW: Haben Sie auch schon Männer abgelehnt?

Göttke: Durchaus.

POW: Woran lag das?

Göttke: Das kann daran liegen, dass man ganz objektiv sagen muss, dass jemand nicht geeignet ist. Das kommt äußerst selten vor. Es kann zum Beispiel an der Frage nach dem Alter liegen. Jemanden mit 60 in eine zehn Jahre lange Ausbildung aufzunehmen, ist nicht mehr sinnvoll. Da muss man dann mit dem Kandidaten auch gucken: Gibt es eine Alternative?

POW: Inzwischen treten kaum noch Menschen direkt nach dem Abitur ins Priesterseminar ein. Wie gehen Sie damit um, dass der auf dem Papier vorgesehene Ausbildungsweg selten möglich ist?

Göttke: Derzeit sind wir dabei, für jeden individuell zu gucken: Was bringt er mit, was braucht er, was können wir möglich machen, wo können wir auch persönliche Stärken und Fähigkeiten fördern? Wir stricken praktisch für jeden Einzelnen sein eigenes Ausbildungscurriculum.

POW: Wie finden Sie es eigentlich, dass Sie nur Männer ausbilden dürfen?

Göttke: Ich habe im pastoralen Bereich mit vielen Frauen zusammengearbeitet und habe immer wieder festgestellt, dass diese Frauen ein wahnsinniges Potenzial mitbringen. Ich kann mir auch gut vorstellen, die Ausbildung auf Frauen auszudehnen. Das ist allerdings leider keine Frage, die wir vor Ort entscheiden, sondern eine Frage, die im Hinblick auf die gesamte Kirche entschieden wird und wo man einfach noch mal schauen muss: Wo geht es hin?

POW: Als Sie im Würzburger Priesterseminar gelernt haben, waren dort 116 Männer in Ausbildung. Was könnten Gründe dafür sein, dass es im Bistum momentan „nur“ sechs Seminaristen gibt?

Göttke: Als ich damals hier angefangen habe, gab es in der Diözese Würzburg noch deutlich mehr Katholiken. Ich denke, es hat sich gesellschaftlich und kirchlich ganz viel verändert. Ich glaube, die Gesellschaft ist kritischer geworden. Auch die Bindung an Kirche ist eine andere als früher.

Es ist natürlich ganz klar, dass das Image der Kirche im Moment miserabel ist. In vielen Fällen verdient, aber auch in weiten Strecken unverdient. Weil Kirche, denke ich, gerade im sozialen Bereich, zum Beispiel bei der Caritas, aber auch vor Ort richtig gute Arbeit macht.

Dann habe ich den Eindruck, auch aus meiner Gemeindeerfahrung, dass Menschen zwar sehr stark auf dem Weg und auf der Suche sind, aber das nicht unbedingt in Kirche suchen und dort vielleicht auch nicht finden. Ich denke, die Lebenswelt der Menschen hat sich verändert, die Fragen haben sich verändert. Und da bleibt für uns die Frage: Geben wir die richtigen Antworten? Sind es Antworten, die auf die Fragen der Menschen zutreffen oder die Lebenssituation der Menschen weiterbringen? Diese Fragen muss man sich stellen und immer wieder neu beantworten.

POW: Was sind zum Beispiel Probleme oder Wünsche, mit denen Seminaristen zu Ihnen kommen?

Göttke: Ich glaube, dass es immer wieder Themen sind, die man selbst als Mitstudent damals schon erlebt hat. Dass jemand kommt und sagt: „Gut, ich habe mich verliebt.“ Und man dann sagt: „Ja, wie sieht es aus, wie kommen Sie zu einer Klärung, wie gehen Sie damit um?“ Dann kann es passieren, dass jemand sagt: „Ich brauche mal Urlaub. Ich muss mal den Kopf frei kriegen, um mich dann neu zu entscheiden.“ Da überlegt man dann: Wie kann man ihn unterstützen und was braucht er jetzt gerade?

POW: Sie haben das Thema Verliebtheit angesprochen. Wie thematisieren Sie das Thema Sexualität in der Ausbildung?

Göttke: Mir ist wichtig, zu fragen: „Wisst Ihr, wer Ihr seid? Und seid Ihr Euch dessen bewusst, was Ihr versprecht, was für eine Lebensform Ihr übernehmt?“ Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, dass man da offenen Auges reingeht, dass man sich das bewusst macht. Ich glaube, dass eine solche Entscheidung nur dann tragen kann, wenn ich mir sagen kann, wenn es mal schwierig wird: „Ich habe das so gewollt.“

POW: Im Priesterseminar sind die Seminaristen gut versorgt. Ist man so überhaupt auf das Leben danach vorbereitet?

Göttke: Gute Frage (lacht). Im Vergleich zu meiner Zeit sind die Seminaristen heute deutlich selbstständiger. Gerade was Wäsche angeht. Mahlzeiten sind in den einzelnen Seminaren Standard. Das ist eigentlich auch eine Notwendigkeit, weil ja vieles andere im Tagesablauf der Seminaristen erwartet wird, was man als normaler Student so nicht hat. Ob das jetzt die gemeinsamen Gottesdienste, die gemeinsamen Feiern, die gemeinsamen Ausbildungseinheiten sind. Das heißt natürlich, dass ich Zeit wiedergutmachen muss, die andere Leute nutzen können, um zum Beispiel einzukaufen. Gleichzeitig glaube ich, dass die, die im Moment im Seminar sind, sehr selbstständig und durchaus fähig sind, ihren Alltag zu gestalten.

Interview: Vincent Poschenrieder (POW)

(0724/0175; E-Mail voraus)

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