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„Je mehr Austausch geschieht, desto besser“

Interview mit Bernhard Johannes Bahlmann, Bischof des künftigen Würzburger Partnerbistums Óbidos in Brasilien: Die Bibel ist stets unser Leitfaden – Beziehung der Diözese soll auf breite Basis gestellt werden

Óbidos/Würzburg (POW) Das derzeit weltweit jüngste Bistum Óbidos in Brasilien wird im Advent 2012 eine Partnerschaft mit der Diözese Würzburg eingehen. Im folgenden Interview erläutert der dortige Bischof Bernhard Johannes Bahlmann die besondere Rolle der Bibel im Alltag seiner Gläubigen, nennt die aktuellen Herausforderungen seines Bistums und entwirft eine Vision für die Beziehung der beiden Ortskirchen im Jahr 2022.

POW: Seit Samstag, 21. Januar, ist die ehemalige Prälatur Óbidos Bistum und damit kirchenrechtlich selbständig. Was verbinden Sie als verantwortlicher Bischof mit diesem Ereignis?

Bischof Bernhard Johannes Bahlmann: Dieser Schritt bedeutet für uns eine besondere Verantwortung. Gleichzeitig geht mir durch den Kopf, dass wir die Erhebung zum Bistum auch als Sprungbrett nutzen sollten, um unsere Seelsorge zu verbessern, die Evangelisierung neu aufzugreifen und die anderen vielfältigen Aufgaben anzugehen. Zum Beispiel geht es darum, die Gemeinden im Glauben zu stärken. Es gibt also viel zu tun.

POW: Im Gottesdienst wird in Ihrem Bistum Óbidos nach dem Evangelium applaudiert. Mitunter gibt es Prozessionen mit Tanz, bei denen die Bibel an den Ambo gebracht wird. Welche besondere Bedeutung hat für Sie persönlich und für die Gläubigen in Óbidos das Wort Gottes?

Bischof Bahlmann: Die Bibel ist stets unser Leitfaden, an dem wir unser Leben auf Christus hin ausrichten und auf den Nächsten. Gottes Wort hilft uns, neue Wege zu finden, das Leben gut zu gestalten. Es weist uns immer wieder darauf hin, was die Notwendigkeiten und Brennpunkte in unserer Gesellschaft und innerhalb der Kirche sind.

POW: Welche Brennpunkte sind das konkret?

Bischof Bahlmann: Es gibt mehrere „Baustellen“. Zum einen unser Programm der Kinderpastoral, bei dem es um die gesundheitliche Betreuung von werdenden Müttern und Kindern im Alter bis zu sechs Jahren geht. Weiter sind wir gefragt, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie im übertragenen Sinne stehen. Hier müssen wir uns Gedanken darüber machen, in welcher Form das geschehen kann. Mit schönen Predigten allein erreichen wir sie nicht.

POW: Womit dann?

Bischof Bahlmann: Wir müssen ein Umfeld schaffen, wo wir uns wirklich mit den Jugendlichen identifizieren, um dann gemeinsam einen Weg zu gehen. Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Eine Möglichkeit ist das Jugendprojekt in Sankt Franziskus, „Kultur des Friedens“, das wir am Sonntag, 22. Januar, eingeweiht haben. Das dortige Jugendzentrum schafft an einem sozialen Brennpunkt einen Anlaufort, der auch das Interesse der jungen Leute weckt. Um aber auf die weiteren Aufgaben zurückzukommen: Eine Herausforderung ist auch die Abhängigkeit vieler junger Menschen von Alkohol oder Drogen. Deswegen haben wir die Rehabilitationseinrichtung „Fazenda de Esperança“ gegründet. Ebenfalls ein Feld für kirchliches Engagement ist der Schutz der Umwelt, außerdem der Einsatz für eine gute und gerechte Politik. Nicht zuletzt müssen wir uns darüber hinaus um die Menschen kümmern, die häufig am Rand der Gesellschaft stehen. Zum Beispiel die Nachfahren der Sklaven und die Indios. Und dann sind da noch die Felder Arbeitsbeschaffung, Schulwesen und Gesundheit.

POW: Im Dezember ist die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags zwischen den Bistümern Würzburg und Óbidos geplant. Was erwarten Sie sich für Ihr Bistum von dieser Verbindung?

Bischof Bahlmann: Es geht darum, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen, dass wir zuerst den Glauben leben und uns dann über unsere Erfahrungen austauschen und sehen können: Was können wir vom anderen lernen. So kann jeweils unser eigenes Leben neu befruchtet werden. Als katholische Kirche, die weltweit präsent ist, muss es den Partnern ohnehin daran liegen, diesen Austausch zu fördern. Je mehr das geschieht, desto besser ist es.

POW: Welche Stärke Ihres Bistums könnte ein Ansporn für das Bistum Würzburg sein, einmal etwas Neues auszuprobieren?

Bischof Bahlmann: Ich denke da an die so genannte Permanente Katechese, wo Gruppen sich einmal pro Woche treffen, um das Wort Gottes zu lesen, darüber nachzudenken und konkrete Anregungen für das eigene Leben mitzunehmen. Vielleicht ist das eine spannende Anregung, denn in diesen Gruppen sind alle Altersstufen vertreten: Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ein anderer Punkt sind sicherlich die kleinen Gemeinschaften oder Basisgemeinden. Wie kann man in kleinen Gemeinden eine Struktur bilden, die zum Leben führt?

POW: Wissen Sie auch schon etwas, was Sie von der Kirche in Deutschland her kennen und in gleicher Weise auch gerne in Brasilien umsetzen möchten?

Bischof Bahlmann: Die Organisation (lacht).

POW: Werfen wir einen Blick in das Jahr 2022. Wie stellen Sie sich für diesen Termin in ihrer Vision die Zusammenarbeit der beiden Diözesen ganz praktisch vor?

Bischof Bahlmann: Ich kann mir vorstellen, dass dann schon viele Gemeinden einen regen Austausch untereinander pflegen. Auch Gruppen und Verbände – Frauen und Männer, Pfadfinder, Ministranten und viele mehr. Eine Partnerschaft lebt immer von konkreten Personen, die sich einbringen. Wir sprechen in Brasilien nicht nur von einer Partnerschaft, sondern von Geschwister-Kirchen. Bei Partnerschaften in der Wirtschaft geht es um ökonomische Interessen. Bei unseren beiden Bistümern dagegen geht es ja um Geschwisterlichkeit, um die Begegnung in einer Art und Weise wie Brüder und Schwestern, und um unseren Glauben als lebendige Gemeinde. Es ist immer hilfreich, nicht immer nur um die eigenen Probleme zu kreisen, sondern auch einmal den Blick zu weiten und zu schauen: Wie funktioniert es da? Sonst bleibt man nur bei den eigenen Dingen stehen. Wir haben ja tatsächlich so einige Herausforderungen gemeinsam. Entscheidend ist aber zu sehen: Wie geht der jeweils andere damit um. Das kann sehr lehrreich sein. Allein schon dadurch, dass man sieht: Das gleiche Problem gibt es auch dort – und schon ist das eigene vielleicht nicht mehr ganz so groß.

Interview: Markus Hauck (POW)

(0412/0109; E-Mail voraus)

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