Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Dokumentation

„Jedem Rede und Antwort stehen“

Predigt von Weihbischof Ulrich Boom am Sonntag, 14. Mai 2023, beim Konventamt im Würzburger Kiliansdom

Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Das ist ein starkes Wort, provozierend und herausfordernd. Es spricht vom Zeugnis geben, nicht so sehr im Blick auf den Binnenraum der Kirche, sondern nach Außen, in die Welt hinein. Der Schreiber des Petrus-Briefes ermutigt Gemeinden, die in Bedrängnis sind und Anfragen ausgeliefert sind: Stimmt es, dass dieses Leben wirklich nicht die letzte Gelegenheit ist?; dass wir nicht auf ein verheerendes Ende zulaufen, sondern dass uns unbegreifliche Liebe einholen und umarmen wird? Das ist uns im Raum des Glaubens, den wir Kirche nennen, gesagt im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu von Nazareth. Er ist der Grund unserer Hoffnung. Darum ist die Nachfolge Jesu, in seiner Spur bleiben, nicht nur binnenkirchlich orientiert, sondern wer die Spur Jesu aufnimmt, stellt sich den Fragen und Sorgen der Menschen zu jeder Zeit. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat dies auf den Punkt gebracht: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände“ (GS1).

Dieser Ort, der Kiliansdom in Würzburg, ist für mich ein Bild, dass dies versucht wurde und immer wieder geschehen muss. Hier im Dom fand vor 50 Jahren das „deutsche Konzil“, die „Würzburger Synode“ (1971 -1975) statt. Der Raum des Glaubens ist nicht nur ein liturgischer Raum, der Kirchenraum ist auch ein Raum des Beratens und Auseinandersetzens. Ich mag unser Gotteshaus, wenn wir in ihm die Liturgien feiern. Aber ebenso mag ich das Bild vom Dom als Synodenaula. Auch hier geht es um ein Hören, was Gottes Geist uns sagen will, in unserem Suchen und Fragen, wie wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen und wie wir die Zeichen der Zeit deuten sollen. Bei allen Beschlüssen, die damals gefasst wurden - von ihnen wurden einige umgesetzt, andere müssten neu geschrieben oder warten gar noch darauf eingelöst zu werden - hat das Schlussdokument „Unsere Hoffnung“ nicht an Aktualität verloren.

Was die Frauen und Männer damals sagten, gilt noch heute: „Der Weg der Kirche … ist der Weg der Hoffnung. … ;Die Welt' braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion, sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung“ (Unsere Hoffnung II, 2). Dieser Anspruch stellt sich genauso im Blick auf die zu Ende gegangene Versammlung des „Synodalen Weges“ in Frankfurt und auf die vor uns liegende „Weltsynode“ in Rom. Sind wir Zeuginnen und Zeugen einer gelebten Hoffnung? Ist Christus in uns lebendig? Geht Christus mit uns durch die Zeit in seiner Kirche Pilgerkleid? So singen wir es in einem Pfingstlied. Das Pilgergewand ist nie das lange oder kurze Schwarze, der Talar oder das Ballkleid. Es ist das Gewand der Straße mit all dem Dreck und Staub, der am und auf dem Weg liegt.

Der Schreiber des ersten Petrusbriefes weiß, dass die Hoffnung kein pausbackiger Optimismus ist, sondern dass die Hoffnung im Leiden und in aller Bedrängnis ihre Kraft hat im Sterben und Auferstehen Jesu. Diese Hoffnung spült die Probleme und Sorgen des Lebens nicht weg. Sie gibt aber denen, die versuchen zu glauben, Hoffnung und Zuversicht. Gott ist stärker als all das, was uns im Leben erniedrigt und kleinmacht. Ist darum die Hoffnung vielleicht ein Privileg all derer, die arm und arm daran sind, die nichts leisten können, kein Vermögen in der Tasche oder im Kopf haben? In diesem Sinn ist das Kreuz das Hoffnungszeichen der Christen schlechthin.

Im Dom steht neben dem Ambo das große schlichte goldene Kreuz. Seit der Würzburger Synode hat es auch den Namen „Synoden-Kreuz“. In drei Kreuzenden stecken große Nägel oder Keile, am oberen Kreuzende ist die Schmähschrift vom Kreuz Jesu angebracht. Leiden und Schmähungen gehören zum Kreuz. Für die einen ist das Torheit, für die anderen skandalös, für die, die auf Jesus setzen, Gottes Kraft und Weisheit (vgl. 1 Kor 1,18-25). Wo die Balken sich treffen, geht eine Spirale in die Tiefe und Unendlichkeit. Wo Himmel und Erde sich kreuzen, da wird Gott erfahrbar. Im Kreuz Jesu Christi hat uns Gott seine grenzenlose Liebe gezeigt, ist er in allen Tiefen des Lebens hinabgestiegen. Seine Liebe zur Welt ist der Grund aller Hoffnung.

Wir feiern 50 Tage Ostern, damit wir von Gottes Liebe erfüllt werden und so bereit sind, von der Hoffnung, die der gekreuzigte und auferstandene Herr ist, in der Welt und im Alltag Zeugnis geben und jedem Rede und Antwort zu stehen. Das sollen wir aber bescheiden und ehrfürchtig tun, eben nicht hochmütig und besserwisserisch. Wir wissen, dass das Leben nicht leicht daherkommt, aber wir glauben, dass Gott es mit uns lebt. Das ist unsere Hoffnung. Amen.