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„Jedes Jahr verliert Serbien eine mittelgroße Stadt"

Caritas-Mitarbeiterin Jelena Mićović aus Serbien zu Gast im Bistum Würzburg –Renovabis-Pfingstaktion zum Thema „Arbeitsmigration aus Osteuropa“

Würzburg/Belgrad (POW) Arbeitskräfte aus dem Ausland sind für Deutschland sehr wichtig. Doch in ihren Heimatländern hinterlassen sie eine große Lücke. „Jedes Jahr verliert Serbien eine mittelgroße Stadt.“ So drastisch beschreibt es Jelena Mićović, Leiterin des Beratungszentrums für Rückkehrende (Caritas Counselling Center) bei der Caritas Serbien in Belgrad. Auf Einladung des Hilfswerks „Renovabis“ besuchte sie auch das Bistum Würzburg, um über die Schattenseiten der Arbeitsmigration zu sprechen. Die diesjährige Pfingstaktion von „Renovabis“ steht unter dem Leitwort „Sie fehlen. Immer. Irgendwo. Arbeitsmigration aus Osteuropa.“.

Allein in den vergangenen zehn Jahren seien rund 350.000 Menschen ausgewandert, sagt Mićović. „Laut einer Befragung wollen 80 Prozent der jungen Menschen emigrieren.“ Vor allem Fachkräfte wie Ärzte und Krankenschwestern, aber auch Ingenieure und IT-Spezialisten suchten im Ausland nach einer Zukunft. Mittlerweile würden in Serbien Ärzte und Handwerker fehlen. Problematisch sei die Situation vor allem für Frauen, die häufig in der Pflege oder im Service arbeiten, berichtet Mićović. „Sie arbeiten drei Monate in der Pflege und werden dann abgeschoben“, schildert sie als Beispiel. Es komme auch häufig vor, dass sie finanziell oder sogar sexuell ausgebeutet werden. In ihrer Heimat wiederum gelten sie als Rabenmütter, und ihre Kinder werden als „Euro-Waisen“ bezeichnet. Besonders deutlich mache sich die Arbeitsmigration auf dem Land bemerkbar, erzählt Alexander Sitter von der Diözesanstelle Weltkirche des Bistums Würzburg. „Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es für die älteren Menschen keine Angehörigen mehr, und es fehlen Pfleger.“

Die Migration aus Osteuropa schafft aber noch ein weiteres Problem. Rund 85 Prozent der Rückkehrenden aus Deutschland gehörten zur Volksgruppe der Roma, berichtet Mićović. Diese versuchten, aus dem Kosovo nach Deutschland einzureisen, und landeten schließlich in Serbien. „Sie sehen ihre Zukunft nicht im Kosovo.“ Mehr als 1400 Roma-Familien habe das Caritas Counselling Center in Belgrad seit seiner Gründung im Jahr 2017 betreut. Die meisten wohnen nach Aussage von Mićović in illegalen Siedlungen. Zwei Drittel hätten keinen Schulabschluss, und rund 90 Prozent keine Berufsausbildung. Während die Familien erfolglos versuchten, in Deutschland Asyl zu erhalten, versäumten die Kinder oft jahrelang den Schulunterricht. „Viele waren gerade im Alter für eine Berufsausbildung, als sie den Kosovo verlassen haben. Aber ich sehe keinen Weg außer Bildung, damit sie aus den Slums herauskommen.“

Mit Unterstützung von „Renovabis“ habe man beispielsweise das Projekt „Your Job“ gestartet. Es unterstützt junge Menschen dabei, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, und hilft beim Sprung in die Selbstständigkeit. Mićović erzählt vom Onlineshop einer Serbin aus Banja Luka (Bosnien-Herzegowina), in dem sie Unternehmen bei der Auswahl und Beschaffung von Geschenken unterstützt. „Wir haben Fortbildungen und Umschulungen gefördert, die Gründung von Reifenwerkstätten und Beauty Salons unterstützt“, berichtet Mićović. Zugleich habe man beispielsweise in Mazedonien „Pädagogische Zentren“ eingerichtet. „Zwei von ihnen werden von ,Renovabis‘ gefördert.“ Diese bieten für Roma-Familien unter anderem Elternabende und Nachhilfestunden an. Mit ihren Projekten wolle die Caritas in Serbien Perspektiven zum Bleiben schaffen. „Ich möchte, dass sie alle bleiben“, sagt Mićović.

„Menschen kommen, weil wir sie brauchen. Aber wir müssen die Arbeit menschenwürdig gestalten“, erklärt Sitter. Der „Münchner Appell“ von „Renovabis“ könne dabei helfen, Arbeitsmigration fair zu gestalten. Darin werden unter anderem ein fairer Ausgleich für die Herkunftsländer, gleiche Entlohnung sowie der Ausbau von Beratung gefordert. Mehr Informationen zum „Münchner Appell“ gibt es auf der Homepage von „Renovabis“.

sti (POW)

(2223/0608; E-Mail voraus)

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