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„Jesus – das Lamm Gottes“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Feier vom letzten Abendmahl am Gründonnerstag, 21. April 2011, (19.30 Uhr) im Kiliansdom in Würzburg

Heute wird oft beklagt, dass innerhalb der Kirche und damit auch innerhalb der Liturgie eine Sprache gesprochen werde, die von vielen – zumeist jungen Menschen – nicht mehr verstanden werde. Dabei wird nicht nur auf den Sprachjargon einer wissenschaftlichen Theologie verwiesen, sondern auch auf Worte, die vielen unter uns von Kindesbeinen an in ihrer Bedeutung klar sind, anderen aber unverständlich bleiben.

Wenn beispielsweise der Priester in der heiligen Messe die konsekrierte Hostie hochhebt und sagt: „Seht das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt“ – und dann noch nach der Antwort der Gläubigen hinzufügt: „Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind.“ – fragt sich mancher, was es denn mit dem Lamm auf sich hat.

Für eine Generation, die noch im Glauben aufgewachsen ist, ist es selbstverständlich, dass mit dem Lamm Gottes Jesus Christus gemeint ist, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist und sich an uns zuerst in der Abendmahlsfeier und dann in jeder heiligen Messe als Speise verschenkt.

Die erste Lesung die wir heute aus dem Buch Exodus, dem zweiten Buch des Alten Testamentes, gehört haben, erschließt uns den Hintergrund: Das Volk Israel wird im Auftrag Gottes von Moses und Aaron aus der Knechtschaft Ägyptens befreit. Das war in der Frühzeit des Volkes Israel. Und diese Befreiung kam plötzlich, sozusagen über Nacht. Und diese eine Nacht war von jähem Aufbruch und einer nur durch die Verheißung ins Gelobte Land zu gelangen, gerechtfertigtem hastigen Beginn einer langen Wanderung gekennzeichnet.

Dabei sollte in jeder Hausgemeinschaft ein Lamm geschlachtet und stehenden Fußes gegessen werden. Das Blut des Lammes sollte an die Türpfosten gestrichen werden, damit diese Häuser vom Strafgericht Gottes verschont blieben.

Dieser Vorgang wird im Passahfest der Juden als Heilstat Gottes an seinem Volk jährlich wieder gefeiert. Heuer feiern Juden das einwöchige Pessach-Fest genau während wir die Karwoche begehen. Und diese Feier des Vorübergangs des Herrn am 14. Tag des 1. Monats ist nicht nur eine Rückerinnerung an die Großtaten Gottes an seinem Volk, sondern ein Sich-Bewusstmachen, dass Gottes Heilshandeln jetzt gegenwärtig ist.

Das Lamm steht als Inbegriff der Wehrlosigkeit. Seine Zartheit und Anschmiegsamkeit weckt positive Gefühle im Menschen. Gerade das im Auftrag Gottes zu schlachtende „fehlerlose, männliche, einjährige Lamm“ (vgl. Ex 12,5) wird nicht nur zu einem Zeichen des Verschontwerdens von göttlicher Strafe, sondern im Laufe der jüdischen Überlieferung wurde sogar dem Blut des Lammes ein reinigender und ‚erlösender’ Wert zugesprochen. Dank dem Blut des Passah-Lammes wurden die Hebräer aus der Knechtschaft Ägyptens befreit und sollten so zu einem „Reich von Priestern und zu einem heiligen Volk“ (vgl. Ex 19,6) werden.

Christus wird aufgrund seiner völligen Hingabe an den Vater für uns Menschen als das „Lamm Gottes“ bezeichnet.

Er „ist das Lamm (1 Petr 1,19; Joh 1,29; Apk 5,6) ohne Makel (Ex 12,5), d.h. ohne Sünde (Petr 1,19; Joh 8,46; 1 Joh 3,5; Hebr 9,14), das die Menschen um den Preis seines Blutes erlöst (1 Petr 1,28f; Apk 5,6f; Hebr 9,12-15).“ (Wörterbuch zur Biblischen Botschaft, Herder 1967, 406)

Er, das Osterlamm, befreit zum neuen Leben und beruft die Erlösten zu einem heiligen Volk, das der Finsternis entrissen, heilig und untadelig vor Gott leben soll. „Da … (die Erlösten) dank dem Blute des Lammes (Apk 12,11) den Satan besiegt haben, dessen Typ der Pharao gewesen ist, können sie ‚das Lied des Moses und des Lammes’ anstimmen (Apk 15,3; 7,9f. 14-17; vgl. Ex 15), das ihre Befreiung besingt.“ (Ebd.)

Diese Sicht auf Christus als das wahre Osterlamm geht bis in die Frühzeit des Christentums zurück. Schon der heilige Paulus ermahnt im Ersten Korintherbrief die Gläubigen „Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid. Ihr seid ja schon ungesäuertes Brot; denn als unser Passahlamm ist Christus geopfert worden.“ (1 Kor 5,7)

Die Grundlage zu diesem Denken wurden durch die Ereignisse um Christus selbst gelegt: Er „ …wurde am Vorabend des Festes der Ungesäuerten Brote (Joh 18,28; 19,14.31), also am Passahtag selbst, dem Tod überliefert, und zwar am Nachmittag (19,14), und damit zu eben der Stunde, da nach den Vorschriften des Gesetzes im Tempel die Lämmer geschlachtet wurden. Nach seinem Tode zerbrach man ihm nicht die Gebeine, während dies bei den beiden Mitgekreuzigten geschehen ist (19,33) und worin der Evangelist die Beobachtung einer rituellen Bestimmung bezüglich des Paschalammes erblickt (19,36; vgl. Ex 12,46)“ (Ebd., 407)

Im letzten Buch der Heiligen Schrift, der Offenbarung des Johannes, wird ebenso die Sicht auf das Osterlamm beibehalten, aber die Apokalypse „hebt … den ergreifenden Gegensatz zwischen der Schwäche des geopferten Lammes und der Macht, die ihm seine Erhöhung im Himmel verleiht, hervor. Christus ist nicht nur in seinem Erlösertod ein Lamm, er ist gleichzeitig auch ein Löwe, dessen Sieg das Volk Gottes aus der Gefangenschaft der Mächte des Bösen befreit hat (5,5f,; 12,11).“ (Ebd.) Hier wird Christus als das apokalyptische Lamm beschrieben, das Anteil am Throne Gottes hat und d.h. göttliche Macht hat und die Anbetung der Engel und Heiligen entgegennimmt.

So umspannt die Bedeutung des Lamm Gottes Christi Erlösungsleiden und -sterben, das sich in der Einsetzung des Altarssakramentes durch die Zeiten hindurch heilbringend gegenwärtig setzt und uns auf die Vollendung im Himmel vorbereitet. Voller Dankbarkeit dürfen wir Christi Auftrag, Eucharistie zu feiern, heute und durch die Zeiten hindurch bis zu seiner Wiederkunft begehen.

Amen.