Würzburg (POW) Die Landwirtschaft steht im Senegal vor großen Herausforderungen. Vor allem der Klimawandel mache den Bauern zunehmend zu schaffen, hat der Caritasdirektor der Diözese Kaolack, Abbé Etienne Ndong, am Samstag, 4. November, erklärt. „Der Regen fällt viel unregelmäßiger als in früheren Jahren“, sagte der Geistliche aus der Partnerdiözese der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) vor rund 50 Gästen im Café Dom@in im Kilianeum-Haus der Jugend in Würzburg. „Segen und Fluch der gesalzenen Erdnuss – Besonderheiten und Herausforderungen der Landwirtschaft im Senegal“ lautete der Titel des Bildungstags, den die KLB Würzburg gemeinsam mit der Diözesanstelle Weltkirche veranstaltete.
Es gebe mitunter sogar ausgesprochene Dürrejahre, sagte der Gast aus Afrika. Und das habe Auswirkungen auf den Erdnussanbau, der für die Region Kaolack wirtschaftlich von großer Bedeutung sei. Die Gegend wird auch als „Erdnussbecken“ bezeichnet, weil es dort weite Flächen gibt, auf denen überwiegend Erdnüsse angebaut werden. „Heute ist es so: Regnet es früher, wird Mais angebaut. Regnet es später, dann Erdnüsse“, sagte Ndong.
Die durch Monokulturen und den Einsatz von Kunstdünger ausgelaugten Böden seien zudem nicht mehr so ertragreich wie früher, erklärte der Geistliche. Auch sei Kunstdünger in den vergangenen Jahren sehr teuer geworden, viele Bauern könnten sich ihn nicht mehr leisten. So würden in der Region weniger Erdnüsse als früher produziert, was schon zum Rückzug einiger Handelsfirmen geführt habe.
Die Caritas Kaolack mit ihren 74 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstütze die Landwirte in dieser schwierigen Situation, die sich durch die Coronapandemie noch weiter verschärft habe. Da trifft es sich gut, dass Ndong selbst einer bäuerlichen Familie entstammt. Zudem sind ihm junge Menschen ein wichtiges Anliegen. Bevor er zur Caritas wechselte, war er Leiter des Kinderkulturzentrums in Kaolack, das sich um Straßenkinder kümmert. „Wir wollen jungen Landwirten eine Perspektive eröffnen, damit sie einen angemessenen Lebensunterhalt erwirtschaften können“, sagte Ndong. Damit wolle man letztlich auch Fluchttendenzen entgegenwirken.
In den zwei landwirtschaftlichen Ausbildungszentren der Caritas in der Region Kaolack werden junge Menschen darin geschult, Ackerbau und Viehzucht rentabel zu betreiben. Zugleich werde auf Nachhaltigkeit und Ökologie großer Wert gelegt. „Die Landwirtschaft sollte respektvoll mit Mensch und Natur umgehen. Deshalb verfolgt die Caritas schon seit vier Jahrzehnten einen agrar-ökologischen Ansatz“, sagte der Priester aus dem Senegal. Die praktische Ausbildung in den beiden Zentren nehme mit rund 80 Prozent den breitesten Raum ein. Daneben würden die jungen Bäuerinnen und Bauern auch darin ausgebildet, wie sie ihren Betrieb wirtschaftlich erfolgreich führen können. Beispiel: Mit einer Anschubfinanzierung der KLB wurden zwei Hühnerställe gebaut. Mit dem daraus erzielten Ertrag konnte nun ein weiterer Hühnerstall in Betrieb gehen.
Ein Augenmerk richte die Caritas Kaolack auch auf die Förderung von Frauen. So hat sie die beiden Ausbildungszentren nun auch für Frauen mit Kindern geöffnet, was einiges an Umbauarbeiten nach sich gezogen hat. Ein weiterer Ansatz der Caritas: den Frauen Zugang zu eigenem Ackerland zu verschaffen. Rund 30 bis 40 Frauen bewirtschaften dabei gemeinsam eine Parzelle, auf der sie ökologisch Gemüse anbauen. Der Ernteertrag wird zum einen für die Ernährung der eigenen Familie verwendet, ein anderer Teil des Gemüses wird auf dem Markt verkauft. Die Frauen verfügten dadurch über ein eigenes Einkommen, was für mehr Gleichgewicht in der Familie sorge, sagte Ndong.
Der Senegal gehört zur Sahelzone, eine der trockensten Regionen der Erde. Im April könnten Temperaturen von bis zu 45 Grad erreicht werden, berichtete der Caritasdirektor. Daher sei der Umgang mit Wasser ein sehr wichtiges Thema. So werde etwa versucht, durch Mulchen den Boden vor Austrocknung zu schützen. Auch Aufforstungen sollen dazu beitragen, die lebenswichtige Ressource Wasser zu schützen. Deshalb würden neben den Feldern der Frauen einige Bäume angepflanzt, die zudem Schatten spenden und als Erosionsschutz dienen. Als Aufforstungsprojekt fördere die Caritas eine inzwischen 100 Hektar große Fläche, die der Natur überlassen wird, damit dort wieder Bäume und anderes Gehölz wachsen können. Das hat nach den Worten des Referenten den Vorteil, dass sie zum Beispiel nicht wie vom Menschen angepflanzte Bäume bewässert und umzäunt werden müssten.
Doch Wasser ist nicht in jeder Form im Senegal willkommen, vielerorts kämpfen die Bauern mit der Versalzung des Bodens, was bereits zum Verlust großer Ackerflächen geführt hat. Die KLB Würzburg hat in diesem Zusammenhang die Ausbesserung eines Deichs in Boly finanziell unterstützt, wo über Meeresarme, die weit ins Landesinnere reichen, Salzwasser auf die Felder gelangte. Inzwischen habe sich der Boden so weit erholt, dass dort sogar Reis angebaut werden könne, freute sich Ndong.
„Die Caritas denkt vom Land her“, erklärte der Referent. Ziel sei, die schädlichen Effekte des Klimawandels abzumildern und gleichzeitig die Landwirtschaft an die veränderten Bedingungen anzupassen. Das geschehe unter anderem, indem der teure Kunstdünger durch ökologischen Dünger ersetzt wird. Dazu dienten Pflanzen, die im Land wachsen und sich zu Dünger verarbeiten lassen. Die Erträge gingen zwar etwas zurück, aber durch den Bau von Getreidespeichern könnten die Bauern jetzt abwarten, bis sie für ihre Produkte höhere Preise als kurz nach der Ernte erzielen können. Zudem sei es dadurch möglich, eigenes Saatgut für die nächste Aussaat dort aufzubewahren.
Bei all seinen Überlegungen setzt der Caritasdirektor insbesondere auf junge Menschen. „Wir wollen mit unserer Bildungsarbeit Impulse für dauerhafte Veränderungen setzen“, sagte Ndong. Dabei hat er neben Landwirtschaft und Frauenrechten noch ein weiteres Thema im Blick: Plastikmüll, der sich großflächig über das ganze Land verteilt. „Wir wollen das Problem über Kinder und Jugendliche angehen“, sagte der Referent. In Planung sei deshalb ein Umweltbildungszentrum, wo es nicht zuletzt um das Thema Müll gehen soll.
Diözesanvorsitzender Thomas Kram moderierte den Tag. Isabel Strubel sorgte für die Übersetzung des Vortrags. Ein gemeinsam vorgetragenes Gebet von Ndong und Landvolkseelsorger Wolfgang Scharl beschloss den offiziellen Teil. Für eine besondere musikalische Atmosphäre sorgte das Trommelhaus Würzburg.
ws (POW)
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