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„Kindern Mut machen und Tränen trocknen“

Weihnachtspostfiliale in Himmelstadt beantwortet 70.000 bis 80.000 Briefe

Himmelstadt (POW) Himmelstadt ist eigentlich nicht groß. Es hat gerade einmal über 1500 Einwohner. Dennoch ist es international bekannt. Jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit kommen hier zwischen 70.000 und 80.000 Briefe an das Christkind an. Am Anfang waren es einzelne Personen, die einfach an das Christkind nach Himmelstadt geschrieben haben. Ein Posthalter beantwortete die Briefe, später wurden sie in der Abteilung von Niederlassungsleiter Werner Scheller beantwortet. Als der Aufwand zu groß wurde, beschloss die Post gemeinsam mit Bürgermeister Waldemar Ruß, das Weihnachtspostamt ins Leben zu rufen. 1986 wurde es eröffnet.

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Rosemarie Schotte (79) ist die Leiterin des Weihnachtspostamts. Jedes Jahr leistet sie hierfür rund 600 Stunden ehrenamtlich. 1993 habe sie einfach mal hineingeschnuppert in das Weihnachtspostamt, und schon ein Jahr später wurde sie dessen Leiterin. Mit Liebe dekoriert sie die Weihnachtspostfiliale, die im Rathaus der Gemeinde untergebracht ist. Tannenbäume, Schnee aus Watte, ein Schlitten, der von einem Rentier gezogen wird, und Wichtel zieren den Raum. Dieses Jahr steht besonders das Christkind im Fokus. Es sitzt auf einem Schneeberg und ist von vielen Tieren umgeben. Für die Antwortschreiben für die Kinder spannt Schotte die Familie mit ein. Ihre Enkelin illustrierte den Brief und hat auch schon in den vergangenen Jahren den Umschlag neu gestaltet. Der Inhalt ist geheim – man muss das Christkind schon selbst einen Brief schreiben lassen.

Die Kinder schreiben aus aller Welt. In diesem Jahr ist Tasmanien neu dabei. Damit steigt die Zahl auf insgesamt 127 Länder. Die Herkunft der Kinder kann auch entscheidend sein für die Wünsche, die sie haben. Die Kinder aus Weißrussland und der Ukraine zum Beispiel seien ganz bescheiden. Sie würden sich einen Notizblock oder Schokolade wünschen. Manchmal würden die Kinder auch schreiben: „Ich habe ja schon so viel, das was du für mich geschickt hast, schicke es bitte jemand anderem.“ Schotte vermutet, dass ein Kind nicht von selbst auf die Idee komme, sondern auch Hinweise von den Eltern erhalte. Die Topwünsche seien aber ganz klar das Smartphone oder Tablet, ein Pferd, auch mal ein Ball oder Roller, oder eben Anziehsachen. Ganz groß sei auch das Thema Einhörner. Seit Schottes Kindheit hat sich viel verändert. Damals hätten sich die Kinder zum Beispiel einen neuen Griffel gewünscht oder ein Schürzchen, um das einzige schöne Kleid zu schonen. „Wir waren das nicht anders gewohnt. Ich war ein sehr zufriedenes Kind.“

Die Herkunft der Briefe spielt bei der Sortierung eine wichtige Rolle. „Mir macht es schon mal Spaß beim Organisieren. Die Atmosphäre ist toll“, sagt Schotte. Wenn Briefe auf Englisch geschrieben sind, muss sie ein englischsprachiger Helfer beantworten. Insgesamt stehen Schotte neben ihrem Ehemann 35 Helfer zur Verfügung. Die sind nicht alle aus Himmelstadt. In diesem Jahr habe sie neue Helfer gesucht und fünf seien „von auswärts“. Die Briefe, die handschriftlich beantwortet werden – etwa wenn es um Streit, Trennung, Familie oder Todesfälle geht –, übernimmt Schotte selbst. „Ich sehe ja hauptsächlich die Kummerbriefe. Mein Hauptanliegen ist es, Kindern Freude zu schenken. Ich will Kindern Mut machen und Tränen trocknen. Ich liebe Kinder sehr. Man lernt ja kaum jemanden persönlich kennen, außer die, die es persönlich abgeben.“ Sie habe schon einige traurige Briefe erhalten, zum Beispiel von einem Jungen, dessen Vater arbeitslos war, die Mutter Multiple Sklerose und die Oma Krebs hatte. „Die gehen mir alle nach und ich nehme das alles mit. Es bewegt mich alles.“ Sie habe deswegen auch schon schlaflose Nächte gehabt.

Eine besonders schöne Geschichte hat Schotte natürlich auch zu berichten: 2009 erhielt sie von einer Frau eine Kopie eines Briefs, den ihre Großmutter 1928 an das Christkind geschickt hatte. Den Brief hatte sie auf dem Dachboden gefunden. Die Großmutter wünschte sich damals „etwas für die Handarbeit“ und eine Schürze. 81 Jahre später kam die zweiseitige Antwort des Christkinds an die mittlerweile 91-Jährige. Der Brief kam gerade noch rechtzeitig zu Heiligabend und wurde der Oma dann geschenkt. Die habe ihn dann sogar auswendig gelernt.

Bei einer Sache wird Schotte jedoch hart bleiben. Sie beantwortet keine Weihnachtspost per E-Mail. Nur wenn Fragen kommen, zum Beispiel, ob man Rückporto beilegen muss, was im Übrigen nicht notwendig ist. Aber ansonsten soll jedes Kind weiterhin einen Brief erhalten. Ans Aufhören denkt Schotte langsam schon. „Aber meinen 80. will ich noch in der Weihnachtspostfiliale feiern.“

Anna-Lena Ils (POW)

(5119/1359; E-Mail voraus)

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