Würzburg (POW) „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“, diesen Titel hat die Deutsche Bischofskonferenz für ihr bundesweites Kunstprojekt anlässlich des 50. Jubiläums des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gewählt. Mit diesen Worten beginnt auch die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ über die Kirche in der Welt von heute. Die Katholische Akademie Domschule Würzburg bietet im Rahmenprogramm zur Würzburger Ausstellung „Signalwege“ einen Lektürekurs über die Pastoralkonstitution an. In folgendem Interview erklärt Referent Dr. Thomas Franz, was die Pastoralkonstitution auszeichnet und wie sie das Verhältnis zwischen Kirche und Kunst verändert hat.
POW: Herr Dr. Franz, was ist das Besondere an der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“?
Dr. Thomas Franz: Seit der Aufklärung gab es einen Konflikt zwischen der Kirche und der modernen Welt. Die Kirche vertrat die Ansicht, sie allein sei die Hüterin der Wahrheit und moderne Erkenntnisse der Wissenschaften oder Ausdrucksformen der Kunst stünden dazu im Widerspruch. Doch während des Zweiten Vatikanischen Konzils stellte sich den Bischöfen immer stärker die Frage: Was ist die Aufgabe der Kirche in der Welt von heute? Das Ergebnis ist die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“. Sie beginnt mit den Worten: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ Kirche hat die Aufgabe, die Zeichen der Zeit zu erforschen und im Licht des Evangeliums zu deuten. Wie kann man in dem, was in der Welt passiert, die Zeichen der Gegenwart und der Absichten Gottes erkennen? Das ist eine neue Grundausrichtung der Kirche. Sie befindet sich in der Welt der Menschen, sie will einen Dialog mit den Menschen führen. Sie sagt nicht mehr, was die „richtige“ Kultur oder Wissenschaft ist, stattdessen findet zwischen Kirche und Welt ein Dialog auf Augenhöhe statt. Letztlich gibt es keinen Widerspruch zwischen Kirche, Kultur und Wissenschaft, sondern man ringt gemeinsam im Dialog um die Wahrheit.
POW: Welche Verbindung sehen Sie zwischen dem Kunstprojekt „Signalwege. Eine Begegnung von Kunst und Wissenschaft“ und dem Text der Pastoralkonstitution?
Franz: Kunst ist eine Ausdrucksform, mit der man die Themen „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ sichtbar machen kann. Ein Abend des Lektürekurses befasst sich mit dem Thema „Die Förderung des kulturellen Fortschritts“. Kultureller Fortschritt ist kein „Feindbild“, sondern etwas, was die Kirche aktiv begleitet. Die Kirche schreibt Künstlern nicht vor, was sie zu machen haben. Und weil es zum Auftrag der Kirche gehört, allen Menschen zu dienen, muss sie sich auch mit den künstlerischen Ausdrucksformen auseinandersetzen. Das, was die Menschen von heute beschäftigt, muss auch die Kirche beschäftigen.
POW: Eignet sich der Lektürekurs auch für Menschen, die zwar neugierig sind, aber den Text der Pastoralkonstitution nicht kennen?
Franz: Man braucht keine Vorkenntnisse. Wir gehen gemeinsam den Text durch und erschließen nach und nach die wichtigsten Passagen. Je nach dem Wunsch der Teilnehmer werden wir auch einen Teil der Ausstellung „Signalwege“ ansehen und darüber diskutieren.
Lektürekurs „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“
Der Lektürekurs „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ beginnt am Dienstag, 23. Juni, und umfasst insgesamt fünf Abende. Jeweils dienstags von 18.30 bis 20 Uhr im Burkardushaus in Würzburg befassen sich die Teilnehmer aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“: „Die Zeichen der Zeit“, „Die Berufung des Menschen“, „Die Autonomie der irdischen Wirklichkeiten“, „Die Förderung des kulturellen Fortschritts“ und „Der Dialog mit allen Menschen“. Referent ist Dr. Thomas Franz, stellvertretender Leiter der Katholischen Akademie Domschule. Die Kosten betragen 22 Euro, ermäßigt 15 Euro. Weitere Informationen und Anmeldung bei der Katholischen Akademie Domschule, Telefon 0931/38664500, E-Mail info@domschule-wuerzburg.de, Internet www.domschule-wuerzburg.de.
sti (POW)
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