Würzburg (POW) Im Vorfeld der von Papst Franziskus für 2014 einberufenen Außerordentlichen Bischofssynode zum Thema Familie wurde ein umfangreicher Fragebogen an alle nationalen Bischofskonferenzen versandt. Im Bistum Würzburg hat der Diözesanrat der Katholiken, die zentrale Vertretung der Laien, federführend die Umfrage beantwortet und eine ausführliche Stellungnahme des Vorstands an die Deutsche Bischofskonferenz weitergeleitet. Im folgenden Interview bewertet der Diözesanratsvorsitzende Karl-Peter Büttner die Befragung und schlägt Veränderungen in der Familienpastoral vor.
POW: Wie wurde die Umfrage zur Vorbereitung der Außerordentlichen Bischofssynode „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung“ im Bistum aufgenommen?
Karl-Peter Büttner: Der Diözesanrat begrüßt, dass Papst Franziskus zur Vorbereitung der nächsten Bischofssynode zum Thema „Ehe und Familie“ einen umfangreichen Fragebogen an die Bischöfe geschickt hat. Erstmals hat der Papst auch dazu angeregt, die kirchlichen Gremien in den Diözesen und die Laien insgesamt zur Beteiligung einzuladen. Wir haben daher auch darauf hingewiesen, dass jeder Interessierte an der Befragung über die Online-Fragebögen des Familienbunds der Katholiken (FDK) in Bayern und des Bundesverbands des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) teilnehmen kann. Als Vorstand des Diözesanrates haben wir alle Diözesanratsmitglieder aufgerufen, sich nach Möglichkeit einzubringen. Außerdem haben wir selbst eine umfangreiche Stellungnahme erarbeitet und diese an das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz weitergeleitet.
POW: Haben Sie konkrete Zahlen, wie viele Gläubige aus dem Bistum sich an der Befragung bei FDK und BDKJ beteiligt haben?
Büttner: Wie die Beteiligung bei der Online-Befragung war, kann ich nicht sagen. Möglicherweise können wir die Zahlen zu einem späteren Zeitpunkt liefern.
POW: Hat sich das Familienbild im 21. Jahrhundert geändert und wenn ja, wie muss die Kirche darauf reagieren?
Büttner: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Familienbild in unserer Gesellschaft wesentlich verändert: Frauen sind vermehrt berufstätig, die Scheidungszahlen sind gestiegen, es gibt viele Patchworkfamilien. Deutlich gestiegen sind auch die Mobilitätsanforderungen an Arbeitnehmer, gesunken ist dagegen die Zahl der Kinder. Mit diesen Veränderungen sind viele Probleme für die Menschen verbunden, auf die die Kirche reagieren muss, wenn sie ihrem Auftrag gerecht werden will. Gefordert sind neue Wege im Bereich der Ehe- und Familienpastoral, wie zum Beispiel differenzierte Angebote bei der Vorbereitung und Begleitung von Ehepaaren und Familien.
POW: Inwiefern war die im Sommer im Bistum Würzburg unter wiederverheirateten Geschiedenen durchgeführte Fragebogenaktion als Vorbereitung hilfreich?
Büttner: Diese Aktion war hilfreich, denn das Befragen von wiederverheirateten Geschiedenen hat die Bestätigung der bisher in der innerkirchlichen Diskussion vorgebrachten Meinungen durch die Betroffenen selbst gebracht. Deutlich wurde: Diese Menschen fühlen sich als „Christen zweiter Klasse“, „ausgegrenzt“, „an den Rand gedrängt“, und das nicht nur von kirchlichen Amtsträgern, sondern oft auch von Mitgliedern ihrer eigenen Gemeinde.
POW: Welche Vorschläge hat der Vorstand des Diözesanrats für die Familiensynode in Rom?
Büttner: Gefordert ist als erstes eine ehrliche Bestandsaufnahme, wenn zum Beispiel etwa 90 Prozent aller Paare vor ihrer Eheschließung ein Zusammenleben „ad experimentum“ praktizieren und mehr als jede dritte Ehe geschieden wird. Auch im Bereich der kirchlichen Sexualmoral besteht eine immer größer werdende Kluft zwischen kirchlicher Lehre und dem, was selbst kirchlich nahestehende, engagierte Gläubige nicht mehr nachvollziehen. Ebenso verhält es sich in Fragen einer verantworteten Elternschaft. Schwerpunkt kirchlicher Lehre sollte sein: verantwortlicher Umgang der Partner miteinander, Respekt vor der Würde und Einzigartigkeit des Partners und des ungeborenen Lebens, eine wertschätzende Grundhaltung bei der Gestaltung der gemeinsamen Sexualität und der Empfängnisregelung. Wenn die Kirche „für das Heil aller Menschen“ da ist, gilt dieser Satz auch in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen. Deshalb muss es das Ziel sein, ihnen in der Kirche eine Heimat zu geben und sie nicht auszugrenzen. Dazu gehört natürlich die Teilnahme an den Sakramenten. Auch das kirchliche Arbeitsrecht hat dieses Nicht-Ausschließen zu berücksichtigen.
POW: Wie beurteilen Sie es grundsätzlich, dass beim Dialogprozess oder der aktuellen römischen Umfrage verstärkt die breite Basis der Gläubigen befragt wird?
Büttner: Der Diözesanrat tritt ein für einen offenen Dialog innerhalb der Kirche wie auch in der Gesellschaft. Deshalb ist der Dialogprozess in der deutschen Kirche und auch die römische Umfrage ein hoffnungsvoller Anfang, innerkirchlich offen und auf Augenhöhe miteinander umzugehen. Indem die Gläubigen in den wichtigen Fragen ihres Lebens und der kirchlichen Gemeinschaft einbezogen werden, wird auch die Verantwortung aller Getauften und Gefirmten bewusst gemacht und ernst genommen.
Interview: Markus Hauck (POW)
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