Würzburg (POW) Mit einem leisen Surren gleiten die Nudelhölzer über den mit feinen Nussstückchen durchsetzten Teig und wälzen ihn zu großen Platten aus. Ein Duft von Vanille und Butter liegt in der Luft. Bleche klappern, der Backofen schnurrt leise vor sich hin. Ein Adventsvormittag im Kloster der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld. Schwester Sigharda Landfried (75) und Schwester Adeltrudis Schwaighofer (71), die Küchenchefinnen des Hauses, sind in ihrem Element: Sie backen Plätzchen.
Rumkränzchen stehen auf dem Programm. Den Teig haben die Ordensfrauen bereits am Vortag geknetet und über Nacht im Kühlhaus aufbewahrt. „Wir haben zwischen Frühstück und Mittagessen immer nur etwa zwei Stunden Zeit für die Weihnachtsbäckerei, da ist es gut, möglichst viel am Nachmittag des Vortags zu richten“, erklärt die Hauswirtschaftsmeisterin Schwester Adeltrudis. Positiver Nebeneffekt: Der Geschmack entfaltet sich durch die Teigruhe besser.
Plätzchen backen ist nur saisonales Nebengeschäft in der Klosterküche: 31 Schwestern, von denen die meisten über 70 Jahre alt sind, gilt es für die beiden Köchinnen mit Mahlzeiten zu versorgen – und das dreimal täglich. Plätzchen bekommt ein deutlich größerer Kreis: unter anderem auch die Freunde und Angestellten des Klosters. Gutes Organisieren ist angesichts der Mengen unabdingbar. „Wir nehmen pro Rezept immer das Vierfache der Standardmenge.“ Allein jeweils fünf Kilo Nüsse und Mandeln verarbeiten die Schwestern in der Weihnachtsbäckerei. Hinzu kommen etwa 75 Kilogramm Mehl, wobei ein Großteil auf die hausgemachten Christstollen entfällt.
Heute geht es aber ums Kleingebäck. Mit einer speziellen Ausstechform, die in der Mitte einen federgelagerten Knopf hat, stechen die Ordensfrauen im Sekundentakt Kringel aus und platzieren sie auf den Backblechen. „Ich schau immer wieder, was es praktisches Neues in dem Backzubehör-Laden in der Würzburger Innenstadt gibt“, erläutert Schwester Adeltrudis die Ausrüstung. Hausoberin Schwester Edgardis Baumgartner (69) schaut herein und wird mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. „Wenn wir Plätzchen backen, kommen die Mitschwestern besonders gerne in die Küche, um zu schauen, was wir so machen, oder auch, um zu helfen. Der Duft ist – wie schon in der Kinderzeit – einfach eine Verlockung“, sagt Schwester Sigharda, die früher als Hauswirtschaftslehrerin unterrichtete. Nach Weihnachten riecht es in der Klosterküche meist schon ab dem letzten Novemberdrittel. Die Lebkuchen, die am Nikolaustag verteilt werden, brauchen schließlich einige Zeit der Ruhe in einem verschlossenen Gefäß, damit sie ihr volles Aroma entfalten. Die anderen Sorten werden dann nach und nach gebacken. „Plätzchen essen wir hier im Kloster erst ab dem Heiligen Abend. Das ist so Tradition“, erklärt die Oberin.
Im angrenzenden Lagerraum warten auf einem großen Blech dicht an dicht gedrängt Maria-Theresia-Taler darauf, in die große Aufbewahrungskiste gesetzt zu werden – wie bei den anderen Plätzchen auch sortenrein und jeweils mit einem Blatt Pergament zwischen den einzelnen Lagen. Kunstvoll haben die beiden Zuckerbäckerinnen für diese Plätzchenkreation jeweils einen Kreis aus feiner Marzipanmasse auf die runde Grundplatte aus Mürbeteig gesetzt und diese mit feinen Linien aus dunkler Kuvertüre und gehackten Mandeln verziert. „Wir haben Plätzchen, die wir jedes Jahr fest im Repertoire haben. Und andere Sorten kommen halt neu dazu, wenn wir ein schönes Rezept finden“, erklärt Schwester Adeltrudis.
„Und wenn wir Zeit dafür finden“, ergänzt ihre Kollegin, während sie behutsam Eier aufschlägt und den Inhalt in die große Schüssel des Rührautomaten gibt. Zusammen mit dem Zucker, dem Vanillezucker und der Butter rührt sie diese zu einer schaumigen Masse. Dann ist wieder Handarbeit gefragt: In einer großen Kunststoffschüssel sind Mehl, geriebene Mandeln, Zitronenschale und Backpulver vorbereitet. Mit flinken, schaufelnden Bewegung mischt Schwester Sigharda die süße Eier-Butter-Creme unter, bis ein fester Teig für die Mandelplätzchen daraus entsteht. „Ich stelle die Uhr auf sieben Minuten“, sagt Schwester Adeltrudis. Soeben hat sie die rohen Kränzchen mit Rum bestrichen und mit Hilfe eines speziellen Schlittens fünf Bleche auf einen Streich in den großen Heißluftofen geschoben. „Vorheizen ist wichtig, sonst trocknen die Plätzchen zu stark aus.“
„Früher gab’s bei uns daheim nur ganz einfache Plätzchen, das so genannte Waschkorbgebäck“, erinnert sich Schwester Sigharda. „Bei uns sowieso“, stimmt Schwester Adeltrudis zu, jüngstes von zehn Kindern ihrer Eltern, während sie halbierte Kandiskirschen auf die Teigkugeln drückt, die ihre Mitschwester geformt hat. Ein lauter Alarmton schnarrt durch den Raum. Die Rumkränzchen sind fertig. Schwester Adeltrudis öffnet die Backofentür, holt die Bleche heraus und stellt sie auf einer großen Edelstahlarbeitsfläche ab. Dann nimmt sie eine blecherne Teigkarte in die eine Hand und schiebt mit der anderen die heißen Plätzchen darauf. Mit Schwung landen diese dann im Vanillezucker-Zuckergemisch, ehe sie auf einem Rost zum Kühlen abgelegt werden – wie immer mit höchster Präzision und Sorgfalt. „Man will ja schließlich ein Endprodukt, dass die Mühe wert war.“
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