Diese Kiliani-Festwoche ist eine Einladung an uns alle, zum Herzstück unseres Bistums Würzburg zu kommen.
„Kommt und seht!“ ist eine Antwort an die beiden Jünger des Johannes, die Jesus fragten, wo er wohne. „Kommt und seht!“ ist auch eine Einladung Jesu an uns. Wohin sollen wir uns aufmachen? Und was können wir sehen?
Schon im Jahre 788 war Kaiser Karl der Große zum Kilianstag in Würzburg. Wir feiern heute – 1218 Jahre später – im Kiliansdom und im Neumünster, der Hinrichtungs- und Begräbnisstätte unserer Frankenapostel. Die Häupter unserer Bistumspatrone haben wir eben feierlich von Neumünster in diese Kathedrale getragen. Wie damals dieses Fest begangen wurde, wissen wir nicht. Wie es heute gefeiert wird, hängt von uns ab!
„Kommt und seht!“ ist nicht nur eine äußere Einladung, hierhin zu kommen und die Gebeine dieser Heiligen zu sehen. Das ist auch wichtig, denn die Leiber der Heiligen fallen nicht einer gänzlichen Zerstörung anheim, sondern werden in den Auferstehungsleib hinein gewandelt. Genau das macht diese Gebeine so wertvoll, wertvoller als Gold und Edelsteine, in die sie gefasst werden. Sie sind gleichsam schon ein Stück der für uns Irdischen noch ausstehenden Neuschöpfung mitten unter uns.
Diese Einladung Jesu an uns will uns aber auch diesen Ort als Quelle des christlichen Franken neu wahrnehmen lassen. Hier ist greifbar und nacherlebbar der Ort, an dem diese Glaubensboten ihr Leben für Christus mit ihrem Blut besiegelt haben. Ihr Lebenseinsatz ließ sie ihre irische Heimat verlassen und zu uns ins Frankenland fahren.
Für den Heiligen Kilian, der im 7. Jahrhundert in Durrow – im Zentrum Irlands – geboren worden war, löste der Satz aus dem Lukasevangelium, „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“ (Lk 9,23), die Initialzündung seiner missionarischen Berufung aus. Er sammelte einige Gefährten um sich (u.a. den Presbyter Kolonat und den Diakon Totnan) und brach hierhin auf. Hier gewann er den Herzog Gozbert für den christlichen Glauben und lehrte und taufte die hiesige Bevölkerung. Wegen seines unerschrockenen Einsatzes für die christliche Ehe nahm er mit seinen Gefährten den Tod auf sich. Die passio minor berichtet, dass Kilian, Kolonat und Totnan vor ihrem gewaltsamen Tod durch Enthauptung Tag und Nacht gebetet und gefastet hätten, um sich auf das Martyrium vorzubereiten.
Für uns, die wir aus der Quelle dieses Lebens- und Blutzeugnisses Kraft schöpfen wollen, stellt sich die Frage, was für uns heute wichtig und nachahmenswert ist.
Viele Problemfelder durchziehen unsere heutige Gesellschaft: Dazu gehört auch der Bestand der christlichen Ehe, die immer mehr ausgehöhlt zu werden droht. Die steigende Zahl der Ehescheidungen, die rückläufige Zahl der Eheschließungen, der dramatisch abnehmende Kinderwunsch sind nur einige Indizien. Wie reagieren wir darauf? Lassen wir es einfach nur zu oder wirken wir aus christlicher Wertschätzung der Ehe dagegen? Wie werden unsere Ehen gesetzlich geschützt und – auch finanziell – gefördert? Wie stützen wir Ehe und Familie auch im kirchlichen Bereich? Gilt ihnen unsere Aufmerksamkeit und tätige Hilfe? Wie leben unsere christlichen Eheleute anderen diese besondere Berufung vor?
„Berufung ist immer der Ruf ins Ureigene und ins ganz Andere“ – hat Hans Urs von Balthasar formuliert. Wir dürfen erkennen, dass der Ruf Gottes, der an uns in Taufe und Firmung ergangen ist, aktuell, gegenwärtig und herausfordernd bleibt. Können wir auch anderen Menschen, die suchen und Beispiele gelungener Ehen finden wollen, sagen: „Kommt und seht!“?
Im Heiligen Jahr 2000 hatte ich Ehepaare, die ein Ehejubiläum feierten, im Rahmen einer Domwallfahrt zum Gottesdienst in den Kölner Dom und zu einer anschließenden Begegnung eingeladen. 140 Ehepaare, die zwischen 25 und 60 Jahren verheiratet waren, sind dieser Einladung gefolgt. Sie sprachen offen über ihre Freuden und Probleme und wie ihrer Meinung nach Ehen gelingen können.
Hier nur einige wenige Beispiele:
„In Freud und Leid, immer vereint“, sagte eine Frau, die 40 Jahre verheiratet war.
Ein Ehepaar sagte nach 30-jähriger Ehe: „Ohne Grundsätze ist nichts von Dauer.“
Ein anderes Ehepaar – ebenfalls 30 Jahre verheiratet: „Versuche den anderen mit allen Eigenwerten lieb zu haben und nicht auszubrechen zu neuen Ufern! Ich liebe den alten Eheknochen.“
„Nach Meinungsverschiedenheiten Versöhnung nicht vergessen!“ – sagte ein Mann, 50 Jahre verheiratet.
Wieder ein anderes Paar – 50 Jahre verheiratet: „Mit dem Glauben und aus dem Glauben heraus miteinander vertrauensvoll Liebe und auch Leid erfahren.“
Ich könnte viele weitere Aussprüche anfügen.
Bezeichnend war, dass ein junges Paar, das vor der Heirat stand, gekommen war, um zu hören, wie Ehen gelingen können. Wie vielen mag es so ergehen!
Unsere Frankenpatrone erinnern uns daran, die Berufung zu einer christlichen Ehe ernst zu nehmen und sie mit der Hilfe Gottes zu leben, auch da, wo in diesem Bereich das Kreuz der Nachfolge mit harten Kanten schwer auf den Schultern lastet.
Die christlich glaubwürdig gelebte Ehe ist nicht nur für die Ehegatten selbst und deren Kinder von entscheidender Bedeutung, sondern auch für alle, die damit in Berührung kommen. Wie viel Mut einzelnen aus der Erfahrung einer überzeugend gelebten Ehe zuwächst, ist nur zu erahnen. Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen dieses Zeugnis um so mehr, je weniger sie positive Erfahrungen machen.
Das Wunder der Verwandlung des Wassers in den Wein auf der Hochzeit zu Kana ist für mich zu einer grundlegenden Deutung der Liebesbeziehung zwischen Gott und uns und untereinander geworden: Christus fordert uns dort auf, unsere Lebenskrüge mit unserem guten Wollen, der Offenheit für Gottes Willen und mit der Bereitschaft zur Mitarbeit zu füllen.
Wenngleich auch alles gute Wollen nur Wasser ist und Unvermögen und Scheitern in sich birgt, so wandelt ER doch die Schwachheit unseres Wassers in die Köstlichkeit des Weines seines Mitwirkens. Eheleute dürfen, wenn sie sich in ihrer gegenseitigen Liebe auf Christus einlassen, erfahren, dass diese Liebe trägt.
Mögen unsere Bistumspatrone dabei bei Gott gute Fürsprecher sein. Amen.
(2706/0790)