Liebe Mitglieder des Diözesanrates,
am Beginn unserer Zusammenkunft möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf Ereignisse und Entwicklungen in drei Bereichen des kirchlichen Lebens lenken: in der Weltkirche, im Bistum und in unseren Gemeinden.
1. Auf weltkirchlicher Ebene hat die erste Enzyklika von Papst Benedikt XVI. große Beachtung und nahezu einhellige Zustimmung gefunden. In seinem Rundschreiben „Deus Caritas est“ erläutert er die Liebe als zentrale Dimension des Christseins. Dies klingt selbstverständlicher, als es ist. Zwei Aspekte könnten für unsere Gespräche und die persönliche Glaubensvertiefung besonders wichtig sein:
- Zum einen entwickelt der Papst in stringenten Gedanken, dass dem monotheistischen Gottesbild die monogame Ehe entspreche; die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe gründende Bindung von Mann und Frau wird zur Darstellung der Liebe Gottes zu den Menschen; die feste Verknüpfung von Eros und Ehe ist biblisch bezeugt (DCE 11). Dieser Gedanke wird besonders wichtig in einer Situation, in der die Bedeutung der Ehe oft relativiert und von der Familie getrennt wird, deren Zustandekommen von nicht wenigen Politikern an austauschbare Voraussetzungen geknüpft wird. Das Rundschreiben von Papst Benedikt bietet gerade in diesem Punkt eine ausgezeichnete Argumentationshilfe, um solchen Tendenzen entgegenzutreten.
- Im zweiten Teil betont der Heilige Vater, dass sich die Liebe in der konkreten Caritas verwirklicht; das diakonische Handeln gehört deshalb genauso zum Wesen der Kirche, wie die Verwirklichung des Glaubens und die liturgische Feier der Sakramente (DCE 22). Er wehrt damit einer Tendenz, das caritative Handeln als sekundären abgeleiteten Bereich neben dem „Eigentlichen“ des Glaubens zu sehen. Wörtlich schreibt der Papst: „Wenn ich ... die Zuwendung zum Nächsten aus meinem Leben ganz weglasse und nur 'fromm' sein möchte, ... dann verdorrt auch die Gottesbeziehung. Dann ist sie nur noch 'korrekt', aber ohne Liebe“ (DCE 18). Auch dieser Grundgedanke lässt sich auf vielfache Weise in der persönlichen Besinnung aneignen und in der Diskussion ebenso wie im persönlichen Nachdenken entfalten; ich möchte Sie dazu herzlich ermuntern.
2. Seit einiger Zeit sind wir auf dem Weg zur Bildung von Seelsorgeeinheiten, den sogenannten Pfarreiengemeinschaften, in unserem Bistum. Dabei kommt es auf das richtige Verständnis an. Es geht nicht einfach um Notlösungen, sondern um den sinnvollsten Weg, wie den gewandelten Entwicklungen und den veränderten Voraussetzungen am besten Rechnung getragen werden kann. Dabei ist eine Spannung nicht nur auszuhalten, sondern zu gestalten: Einerseits soll die Kirche „im Dorf bleiben“ und eine Pastoral „vor Ort“ ermöglichen, bei der Priester sowie hauptberuflich und ehrenamtlich tätige Laien je nach ihrer spezifischen Sendung zusammenwirken. Andererseits kann dies sinnvollerweise nur in größeren räumlichen Einheiten geschehen. Mein Vorgänger, Bischof Paul-Werner, hat für die Zukunft der Pfarreien in einem seiner letzten Hirtenbriefe die Devise „Miteinander selbstständig“ (Hirtenwort zum 1. Fastensonntag, März 2001) ausgegeben. Ich möchte dieses Wort aufgreifen, mir aneignen und Ihnen als Programm für Ihr Bemühen als engagierte Christen vor Ort weitergeben. Viel wird davon abhängen, dass nicht nur die einzelnen Gläubigen vor Ort im Glauben zusammengeführt werden, sondern auch in Pfarreiengemeinschaften verstärkt das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit im Glauben wächst. Daraus müssen sich dann spirituelle und organisatorische Konsequenzen ergeben. Wie diese konkret aussehen, wird nicht zuletzt von den Überlegungen und Initiativen auf Dekanatsebene abhängen. Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihre Bereitschaft, engagiert und qualifiziert daran mitzuwirken, dass unser Bistum eine Gemeinschaft von Gemeinden bleibt.
3. Am vergangenen Sonntag haben in den bayerischen Diözesen die Wahlen zum Pfarrgemeinderat stattgefunden. Ich bin stolz darauf, dass unser Bistum wieder Spitzenreiter in der Wahlbeteiligung ist, die wieder annähern so hoch wie vor vier Jahren war. Ebenso freut es mich, dass überdurchschnittlich viele Frauen in dieses wichtige Gremium der pastoralen Mitsorge „vor Ort“ gewählt worden sind. Bedanken möchte ich mich dafür, dass die Wahlen so gut vorbereitet und durchgeführt worden sind; ebenso gilt meine Anerkennung allen, die sich für eine Kandidatur zur Verfügung gestellt haben, und denen, die zwar jetzt ausscheiden, aber tatkräftig und segensreich mitgewirkt haben! Ich hoffe, dass sich bei den Kirchenverwaltungswahlen im November ein ähnlich positiver Trend ergibt. Eine gute Gelegenheit, diesen Dank auch in der Öffentlichkeit auszusprechen, wird sich beim „Tag der Räte“ am 25. November ergeben. Dann sollen nämlich – ausgehend von der Erinnerung an den vor zehn Jahren abgeschlossenen Dialogprozess „Wege suchen im Gespräch“ – in Fortführung dieses Leitgedanken die neuen Herausforderungen, die sich zwischenzeitlich ergeben haben, gemeinsam in den Blick genommen werden. Bis dahin soll auch der Pastoralrat konstituiert sein, dem als „Werkstattgemeinschaft“ aller diözesanen Gremien eine hohe Bedeutung zukommt.
Schließlich ist es mir ein Anliegen, bei der letzten Vollversammlung des Diözesanrats in der laufenden Wahlperiode Ihnen allen für Ihr engagiertes und kompetentes Mitwirken zu danken. Ich habe die Vollversammlungen, die ich bisher erlebt habe, als einen konstruktiven, offenen und fairen Austausch erlebt. Mein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden, Herrn Norbert Baumann, sowie allen Damen und Herren des Vorstandes. Dieses Empfinden, das auch Ihren Familien gilt, die Ihren Einsatz mittragen, möchte ich morgen Vormittag in die dichteste Form des Dankens hinein nehmen, die Christen möglich ist: in die Feier der Eucharistie, die uns mit Gott als dem Grund und dem Ziel unseres Lebens immer wieder neu verbindet. ER möge Ihnen alles Gute vergelten.
(1206/0437)