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Künstlerpersönlichkeit mit vielen Facetten

Würzburger Museum am Dom widmet dem Hammelburger Robert Höfling eine Sonderausstellung – 70 Exponate zeigen das Schaffen eines unangepassten Freigeists – Religion als ein Hauptthema im Œuvre

Würzburg (POW) Fotorealistisch und in Grautönen zeigt ein großformatiges Gemälde eine Gruppe von Kommunionmädchen in ihren weißen Kleidern. Eine Szene, wie sie aus vielen Fronleichnamsprozessionen in Unterfranken vertraut ist. Erst auf den zweiten Blick fällt eine Besonderheit auf: Statt Blütenblätter streuen die Kinder Federn, die sie den Hühnern in ihren Händen ausreißen.

Bis heute scheiden sich an den Werken des Hammelburger Künstlers Robert Höfling die Geister. Die einen loben ihn in den höchsten Tönen, die anderen empfinden seine Kunst als ebenso geschmacklos wie überflüssig. Das Besucherbuch der Ausstellung „Franconia Sacra (Heiliges Franken)“, mit der Höfling 1976 erstmals die künstlerische Bühne der Stadt Würzburg betrat, legt ein beredtes Zeugnis davon ab. „Das hätte Jesus nicht gewollt“, schreib einer der Besucher damals. Das Würzburger Museum am Dom widmet Höfling aus Anlass seines Geburtstags vor 100 Jahren bis 23. Juni eine Sonderausstellung und entlehnt den Untertitel dem 43 Jahre alten Besucherkommentar.

Überraschende und mitunter verstörende Details sind typisch für das Werk Höflings, der 1997 im Urlaub auf Lanzarote starb. Einige Gemälde und Objekte aus seinem Œuvre gehören seit der Eröffnung zum Standard im Würzburger Museum am Dom. Zum Beispiel der „Große Streichholzaltar“. Dieser besteht aus etwa 4000 teilweise verbrannten Streichholzschachteln, bemalten Kartoffeln und Kreuzen aus Kunststoff.

In der Sonderausstellung geben rund 70 Exponate einen Einblick in Höflings handwerkliches Können und seine facettenreiche Persönlichkeit. „Er ist ohne Zweifel einer der außergewöhnlichsten Künstler der Region. Trotz seines Renommees ist er seiner Heimatstadt ein Leben lang treu geblieben. Die lapidare Begründung: In Hammelburg sind die Wolken schöner!“, sagte Dr. Jürgen Emmert, kommissarischer Leiter des Kunstreferats des Bistum Würzburg, bei einer Presseführung durch die Ausstellung am Freitag, 22. März.

Höflings habe Kunst stets als Auftrag gesehen, Stachel im Fleisch zu sein und auf Missstände hinzuweisen, erklärte Michael Koller, kommissarischer Leiter der Museen der Diözese Würzburg. Gemeinsam mit Dr. Patrick Melber hat er die aktuelle Ausstellung kuratiert. Laut Koller ist der Umgang der Menschen miteinander bei dem Hammelburger Künstler ebenso ein Thema wie die Umwelt oder – und das besonders oft und intensiv – die Religion. Ob Altarentwürfe, farbig leuchtende Kirchenfenster oder umstrittene Kunstaktionen wie das öffentliche Zermalmen von Kreuzen mit einer Dampfwalze: „Stumme Ergebenheit und Schönfärberei waren auf seiner Malerpalette oder im Fundus seines Welttheaters nicht vorhanden“, betonte Melber.

Um den Besuchern einen Zugang zu Höfling zu erleichtern, einem Künstler von herausragender Qualität und Zeitgenossen von Joseph Beuys, beginnt die Ausstellung mit einem Einblick in dessen Hammelburger Atelier. Großformatige Fotografien und einige originale Ausstattungsgegenstände versetzen mitten in die Kreativzentrale des Künstlers hinein. Hier habe er in der väterlichen Schreinerwerkstatt nach der Ausbildung an der Akademie in München einen Kosmos seiner selbst geschaffen, „Treibgut von überall“ gesammelt, um sich davon inspirieren zu lassen, erklärten die beiden Kuratoren. Die Räume, in denen er die ersten Aufträge erhielt und bei so manchem Glas Frankenwein wertvolle Freundschaften schloss, sind bis heute unverändert. „Unser Haus war immer offen. Mein Onkel hatte viel Besuch, wenn er nicht gerade wieder ausgiebig über der Umsetzung eines Auftrags brütete“, berichtete Höflings Neffe Peter Angelmaier. „Einmal ist er mitten in der Nacht aufgewacht und hat dann drei Tage am Stück geschafft. Er hat nicht eher geruht, bis das Bild so fertig war, wie es ihm in der Nacht in den Sinn gekommen war.“ Zudem wüssten viele nicht, dass der Künstler auch ein versierter Musiker gewesen sei, der Klavier, Geige, spanische Gitarre und Trompete virtuos zu spiele wusste, erzählte Angelmaier.

„Höflings unspektakuläres, ja bisweilen biederes Auftreten täuschte. Schon seine frühen Karikaturen lassen lassen den unangepassten Freigeist erkennen“, sagte Melber. Noch bis heute forderten sie den Betrachter dazu auf, den Horizont wieder neu und weit über den eigenen Tellerrand hinaus zu öffnen. Die Vielzahl von Entwürfen und Studien im Zwischengeschoss des Museums lassen schnell erkennen, welche Bandbreite in Technik und Stil Höfling beherrschte. Kopien großer Meister finden sich ebenso darunter wie Versuche des Malens mit chemischen Reaktionen.

Zentral im Untergeschoss platziert findet sich ein Objekt, das bei der Würzburger Ausstellung von 1976 bei vielen Besuchern für Unverständnis sorgte: Starr liegt der Gekreuzigte auf einem Lehnstuhl, Rosenkränze um seine Hüfte und den Kopf gewunden, die Arme von sich gestreckt. Ein Anblick, der den Betrachter zugleich in seinen Bann zieht und verstört. „Höfling legt damit bewusst den Finger in die Wunde, kritisiert die Bigotterie seiner Zeitgenossen: Vielen Christen fehlt in ihrem Leben die letzte Konsequenz. Jesus hat sich schließlich nicht in den Lehnstuhl gesetzt und auf die Erlösung der Menschen gewartet.“ Höfling sei es bei aller Provokation nicht um Effekthascherei gegangen. Er spiele bewusst mit der Wahrnehmung, damit der Betrachter seine gewöhnlichen Betrachtungsmuster brechen müsse und so ins Nachdenken komme, sagte Koller. Dass Höfling zudem auch über eine gehörige Prise Humor verfügte, wird nicht zuletzt an einem Selbstporträt deutlich. Es zeigt den Künstler beim Betrachten seines fülligen Bauchs. „Höfling schönt und überhöht hier nichts“, betonte Koller.

Die Besucher des Museums am Dom können die Rezeption des Hammelburger Künstlers fortschreiben – im ganzen engen Sinn des Wortes. Auf einer großen Tafelfläche sind Zitate aus dem Besucherbuch der Ausstellung von 1976 wiedergegeben. Wer möchte, kann seine ganz persönlichen Eindrücke verewigen. Ganz im Sinne Höflings: Der sah seine Kunst immer als Anstoß zur Diskussion.

Die Ausstellung ist bis Sonntag, 23. Juni, jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr im Würzburger Museum am Dom zu sehen. An den Sonntag, 24. März, 28. April, 26. Mai und 9. Juni gibt es jeweils um 15 Uhr eine Kuratorenführung. Allgemeine Führungen gibt es an den Sonntagen 7. April, 12. Mai und 23. Juni, jeweils um 15 Uhr. Speziell für Familien werden an den Samstagen 30. März und 13. April, jeweils um 15 Uhr Führungen angeboten. Am Freitag, 31. Mai, um 19 Uhr erzählen Freunde Höflings Wissenswertes, Kurioses und Launiges über den Menschen und Künstler. Am Samstag, 1. Juni, um 21.45 gibt es unter dem Titel „Nachklänge im Echoraum“ ein Konzert im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mozartfest Spezial“. Nähere Informationen zur Sonderausstellung und allen Veranstaltungen im Internet unter www.museum-am-dom.de.

mh (POW)

(1319/0344; E-Mail voraus)

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