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Dokumentation

„Leidgeplagten Menschen als Christen begegnen“

Predigt von Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann bei der Kiliani-Pontifikalmesse für die Region Schweinfurt am Mittwoch, 10. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

in diesem Jahr kommen wieder Gläubige aus allen Teilen unseres Bistums – und weit darüber hinaus – in diesen Dom, um an den Gebeinen der heiligen Frankenapostel sich ihres Glaubens und ihres Auftrages in dieser Zeit zu vergewissern. Heute sind Sie vornehmlich aus Schweinfurt gekommen. Herzlich willkommen!

Als ich vor 20 Jahren von Köln nach Würzburg kam, musste ich die Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar eintauschen gegen die Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan. Das heutige Wallfahrtsmotto bindet beide zusammen: „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen.“ Und die drei Weisen aus dem Morgenland stehen als Großfiguren an den hinteren linken Pfeilern in diesem Kiliansdom.

Den Weisen aus dem Morgenland, Sterndeuter, die als Vertreter der damaligen drei bekannten Kontinente Afrika, Asien, Europa – und damit als Vertreter der gesamten Menschheit – gesehen wurden, erschien ein aufsehenerregender Stern, eine Sternkonstellation, die sie als Hinweis auf ein außergewöhnliches Ereignis verstanden. Durch ihren Besuch beim Kind von Betlehem wurde dann die Menschwerdung Gottes sozusagen öffentlich und als ein weltumspannendes Ereignis erkannt.

Papst Franziskus schreibt über die Weisen aus dem Morgenland: „Als diese weisen und reichen Herren aus dem Osten den Stern aufgehen sahen, machten sie sich auf den Weg nach Betlehem, um Jesus kennenzulernen und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben darzubringen. Diese Geschenke haben auch eine allegorische Bedeutung: mit dem Gold ehren sie das Königtum Jesu; mit dem Weihrauch seine Göttlichkeit; mit der Myrrhe sein heiliges Menschsein, dem Tod und Begräbnis sein sollte. … (Die Heiligen Drei Könige) stoßen sich nicht an der ärmlichen Umgebung; sie zögern nicht, die Knie zu beugen und es anzubeten. Als sie vor ihm stehen, begreifen sie, dass Gott, der in unumschränkter Weisheit den Lauf der Gestirne ordnet, ebenso den Lauf der Geschichte lenkt, indem er die Mächtigen erniedrigt und die Niedrigen erhöht.“ (Vom Staunen und Bewundern. Papst Franziskus und Bischof Rudolf, 21)

Himmlische und irdische Wirklichkeit werden in der Geburt des Gottessohnes unaufhebbar miteinander verknüpft, und die Dunkelheit irdischer Existenz wird durch das Licht göttlichen Seins erhellt.

Über 100 Mal wird in der Heiligen Schrift vom Licht und vom Glanz gesprochen. Licht hat über die Erfahrung innerweltlicher Freude und entsprechenden Wohlbefindens zugleich eine den Menschen über sich selbst hinausweisende Bedeutung.

So verwundert es auch nicht, dass viel über Lichtmetaphysik nachgedacht wurde, zumal die Heilige Schrift selbst vom Licht nicht nur als einer Metapher Gottes spricht.

Im Neuen Testament erfährt die Lichtmetaphysik eine tiefe, facettenreiche Bedeutung, die durchgängig auf Christus hinführt. Neben dem Völkerapostel Paulus nutzt erst recht Johannes die Rede vom Licht, wenn er schreibt: „Gott ist Licht und Finsternis ist nicht in ihm“ (Joh 1,5) und Jesus zitiert: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern gehen, sondern das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Das war für unsere Frankenapostel Motivation, ihre Heimat zu verlassen und auf dem Kontinent, und besonders hier in Franken, den Glauben an Christus zu verkünden.

Unser Sankt Kiliansdom ist Zeuge dieser viele Jahrhunderte andauernden Wallfahrt. Ja, unser Dom ist selbst als eine Wegkirche sprechendes Zeugnis für die Suche nach dem Antlitz Gottes. Dieser unser Dom trägt sichtbar die Spuren jahrhundertealter Glaubenszeugnisse, Verletzungen und Zerstörungen, Neuaufbrüche und zeitgenössischer Werke. Wer sich hier umschaut, findet geronnenes Glaubensgut.

All das umschließt die Häupter der heiligen Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan, die im Vierungsaltar geborgen sind und jetzt während der Festtage vor den Altarstufen zur Verehrung aufgestellt sind.

Unser diesjähriger Leitsatz „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“ wird bei Matthäus fortgeführt in „und sind gekommen, um ihm zu huldigen“. Das tun wir, liebe Schwestern und Brüder, mit der heutigen Wallfahrt, und geben damit auch ein sichtbares Zeichen unseres Glaubens an den menschgewordenen Gottessohn.

In der heutigen Zeit ist vieles ins Wanken geraten. Viele unserer Mitchristen haben das Vertrauen in die Kirche verloren. Es ist umso wichtiger, dass es Christen gibt, die ungeschmälert und unverdunkelt den Glauben an Jesus Christus leben. Nächstenliebe und Gastfreundschaft, die Sorge um die Gefangenen und Misshandelten, die Sorge um die christliche Ehe und die eigene Genügsamkeit stehen dabei im Licht des aufgehenden Sternes.

Nächstenliebe und Gastfreundschaft finden wir in der gemeinsamen Wallfahrt, in unseren Begegnungen und unserem Bemühen um eine menschenfreundliche Behandlung unserer Asylanten.

Uns ist es dann aufgetragen, den Gefangenen und Misshandelten Ohr und Stimme zu leihen. Gerade hat die Gemeinschaft Sant‘Egidio in einem ökumenischen Gottesdienst all derer gedacht, die auf der Suche, bei uns Heimat zu finden, auf schreckliche Weise umgekommen sind. Müssen wir nicht alles tun, um diesen leidgeplagten Menschen als Christen zu begegnen, die das Wort Jesu ernst nehmen: „Was ihr einem der Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

Das alles Entscheidende ist das Vertrauen in Gottes Unter-uns-Sein, in sein Mitgehen in unserem Leben. Dessen vergewissern wir uns in dieser Kiliani-Wallfahrtswoche. Mit dem Blick auf unsere Frankenapostel dürfen wir Orientierung und Kraft finden, die eigenen Lebensentscheidungen auf Gott hin zu fällen und das Licht seines aufgehenden Sternes an unsere Kinder und Enkel weiterzugeben.

Möge uns diese Festwoche dazu stärken!

Amen.