Zweifacher Dank
Zweimal ruft uns die kurze Lesung des heutigen Tages zum Danken auf: „Seid dankbar!“ heißt es gleich zu Beginn (Kol 3,15). Sodann wird uns gezeigt wie wir danken können: Vollgültig gelingt das nur in der Verbindung mit unserem Herrn Jesus Christus: „Durch ihn dankt Gott, dem Vater“ (Kol 3,17).
Die Pfarrei St. Josef in Mühlhausen ist heute zweimal eingeladen, Gott zu danken: zum einen für ihren Patron, den heiligen Josef, zum andern für ihren Landsmann, den seligen Liborius Wagner.
Dank dem heiligen Josef
Die Josefsgemeinde hat einen guten Patron. Der heilige Josef ist sozusagen ein Vollprofi des Patronates: er ist Patron der Familie, Patron der Kirche und Patron der Arbeitswelt. Diese drei Aufgaben sind innerlich miteinander verbunden. Als Pflegevater Jesu ist Josef der Mann, der glaubensstark und tatkräftig für die heilige Familie sorgt. Er nimmt Risiken und Opfer auf sich, um sie zu schützen. Er bricht ins heidnische Ägypten auf und zieht dann wiederum zurück in die Heimat. Als Patron der Familie ist Josef Patron der Kirche, die zurecht Familie Gottes genannt wird. Da wir alle, wie es im Kolosserbrief heißt, „Glieder des einen Leibes“ sind (Kol 3,15), dürfen wir alle auf seine schützende Hilfe setzen. Der 1. Mai stellt heraus, dass Josef, der Arbeiter, auch Patron der Arbeitswelt ist. Da die meisten den größten Teil ihres Lebens in der Arbeitswelt verbringen, ist das besonderen Dankes wert. Jesus wird nicht nur als „Sohn des Zimmermanns“ (Mt 13,55) angesehen; man spricht von ihm selber als einem „Zimmermann“ (Mk 6,3). In der Lehre Josefs stand Jesus lange Jahre in einem unauffälligen, aber doch anspruchsvollen Beruf. Dass er von diesem geprägt wurde zeigt sich darin, dass er oft „vom Haus, vom Bau, Eckstein, von Grundmauern, Türe, Fundament, vom Joch“ spricht. Von seinem Lehrmeister Josef hat Jesus gelernt, alles vom Vater her und auf den Vater hin zu sehen.
Was Jesus in der Lehre Josefs lernen konnte, ist für uns alle wichtig, welche Tätigkeit auch immer uns anvertraut ist. In der Nachfolge Christi kann sie für uns „als Glieder des einen Leibes“ (Kol 3,15) zu einem Gottesdienst werden. So können wir alle dazu beitragen, dass im Alltag unseres Einsatzes im Alltag der Welt der All-Tag der Erlösung anbricht.
Dank dem seligen Liborius Wagner und Mühlhausen
Für immer ist Liborius Wagner mit der Stadt Mühlhausen verbunden. Hier wurde er 1593 geboren und am 5. Dezember dieses Jahres in der Sankt Blasii- Kirche getauft. Das Testament seiner Eltern ist ein beachtliches Glaubensdokument. Es bezeugt, in welchem Geist sie gelebt und ihren Sohn Liborius erzogen haben. Es bekundet, wie sie „vor allen Dingen“ ihr Geschick in die Hände Gottes gelegt haben im festen Glauben und im Vertrauen auf die grundlose Barmherzigkeit, „durch die Versöhnung seines lieben Sohnes, unseres Erlösers Jesu Christi, in der Kraft Gottes des Heiligen Geistes.“
Etwas von dieser schlichten und zugleich wesenhaften Frömmigkeit spiegelt sich in dem Gebetsgedicht wider, das der 19-jährige Sohn einem Stipendiengesuch beigefügt hat. Es bekundet das hohe Niveau der damaligen Lateinschule seiner Heimatstadt und bezeugt zudem das geistliche Erbe, das er empfangen hat. In 110 lateinischen Versen wendet sich der junge Liborius an den Heiligen Geist. Er sucht seine Hilfe für die Entscheidungen, die vor ihm stehen. Er bekennt das Wirken des Heiligen Geistes in der gesamten Schöpfung. In diesem Gedicht bringt er so viel zur Sprache, dass man nicht auf alles eingehen kann. Ich beschränke mich auf folgende Hinweise:
Als erstes ist herauszuheben, dass es von der ersten bis zur letzten Zeile um ein Gebet geht. In der Unsicherheit seiner Situation ist ihm eins gewiss:
„Jede Bedrängnis sieht Gott. Nur an ihn allein darf man sich wenden …,
nur er allein hat auch die Gabe
jedem zu helfen, der immer in Hoffnung und Glaube ihn bittet.“
Gläubig bekennt Liborius das allumfassende Wirken des Heiligen Geistes:
„Anhub die Schöpfung im Anfang durch dich, der das Leben ihr einhaucht.
So wie du alles erschufst, so erhältst du auch allen das Leben.“
Liborius ist davon überzeugt, dass vor allem der Glaube und damit ein christliches Leben dem Heiligen Geist zu verdanken ist. So betet er:
„Freigebig schenkst du die Fülle der Gaben, die du uns bereit hältst.
So wie du selbst heilig bist, so auch heiligest du unsere Herzen.“ In seinem Sinne können wir fortfahren:
„Du bist freie Gabe des freien Gottes und bist selber freigebig. Du wirst gegeben und gibst selber, gibst dich selber. In Freiheit schenkst du und auf Freiheit hin … Nicht nur Liebe gibst du, sondern das Lieben selbst.“ So entspricht es dem apostolischen Appell: „Vor allem liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht“ (Kol 3,14).
An seine Mitmenschen appelliert Liborius:
„Lasst uns mit Inbrunst erflehn, tapfre Treuepflicht Christus zu halten!
Lasst unsre Hoffnung uns setzen auf Gott, der die Macht hat zu helfen,
willig das Kreuz auf uns nehmen, ein heiliges Leben Gott weihen.“
Liborius ermutigt zu der Entscheidung: „Lass uns das Kreuz ergreifen als Werkzeug des Friedens. Wohin immer wir es gläubig tragen – es trägt uns, und wir tragen ihn, der unser Friede ist.“
Das Gebetsgedicht mündet in das Ja zum Willen Gottes. Ungewiss, welchen Beruf er wählen soll, trifft er die Grundentscheidung:
„Ruft er uns irgendwohin oder ruft er zurück uns: Wir folgen.“ Wir tun gut daran, wenn wir mit Liborius Wagner sagen: „Wohin immer du uns rufst, wir folgen, ob es nach links geht oder nach rechts, nach oben oder unten, vorwärts oder zurück …, wir folgen.“
Die Botschaft der Reliquienstatue
Die Reliquienstatue, die von nun an zur Josefskirche gehört, kann uns vor Augen halten, was Liborius Wagner in Mühlhausen empfangen hat und was er im Lauf seines Lebens weitergegeben hat. Sie ist ein Zeichen des Dankes, den das Bistum Würzburg dem Seligen schuldet. Sie will zugleich ein ökumenisches Signal sein. Was Liborius Wagner als junger Studiosus bezeugt hat, zeigt, wie viel evangelische und katholische Christgläubige miteinander verbindet. Machen wir uns zu Eigen, was unsere Kirche an seinem Gedenktag in der Heiligen Messe betet: „Allmächtiger, ewiger Gott …, lass alle, die du durch die eine Taufe geheiligt hast, auch verbunden sein in der Einheit des Glaubens und durch das Band der Liebe.“ „Sieh gnädig auf uns und schenke uns in deiner Kirche Einheit und Frieden.“ Gib, dass wir „alle eins werden in deiner Liebe.“ Amen.