Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Liturgie-Experte im Harry Potter-Fieber

Professor Dr. Martin Stuflesser ist neuer Lehrstuhlinhaber für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg – Schon als Kind hat ihn die Liturgie begeistert und geprägt

Würzburg (POW) Katholische Liturgie bedeutet für ihn weit mehr als der sonntägliche Gottesdienst. Er hat sie sich zum Beruf gemacht. Und die Idee entstand nicht aus einem nüchternen Plan, sondern aus einer emotionalen Verbundenheit heraus. „Schon als Kind war ich von der katholischen Liturgie begeistert, denn sie hat einfach so viel zu bieten“, erzählt Professor Dr. Martin Stuflesser. Zum Wintersemester 2007/2008 ist er neuer Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg und direkt mit großer Motivation in die Arbeit gestartet.

Geboren wurde der 37-Jährige in Neustadt an der Weinstraße. Viele große Feste erlebte er in Mainz, denn dort kommt seine Mutter her. „Da war immer richtig was los im Mainzer Dom. Als Kind wurde ich da in eine gewachsene Tradition hineingenommen – ein wirklich tolles Gefühl.“ Bei einem Gefühl sollte es nicht bleiben. Stuflesser wurde als Jugendlicher und junger Erwachsener selbst aktiv in der Liturgie: Als Ministrant und vor allem als Musiker, denn er war Kantor, Organist und Chorleiter. Doch die reine Praxis reichte ihm nicht. Nach dem Abitur begann er in Mainz Theologie zu studieren. Dann zogen ihn einige bedeutsame Namen nach Münster – einer davon: der Liturgiewissenschaftler Professor Dr. Klemens Richter, der bis zur Emeritierung im Juli 2005 in Münster lehrte.

Bei Richter promovierte Stuflesser in den 1990er Jahren, ab 2000 war er sechs Jahre lang sein wissenschaftlicher Mitarbeiter und wurde schließlich Professor. „Klemens Richter besitzt so viel Leidenschaft für sein Fach“, erzählt er. „Und was mich besonders fasziniert hat: Er schafft es auf so schöne Weise, die historische, praktische und systematische Ausrichtung der Liturgiewissenschaft miteinander zu verbinden.“ Richter habe ihn sehr geprägt. „Doch das heißt nicht, dass wir immer einer Meinung waren“, sagt Stuflesser und lacht. „Wir haben so manche theologische Schlacht geschlagen, das war richtig gut.“

Doch nicht wegen des Fachs allein ist er Liturgiewissenschaftler geworden: „Ich unterrichte einfach wahnsinnig gern.“ In seinem ersten Semester in Würzburg hält er Seminare über die Firmung und über die Sakramente. „Es ist spannend, mit welch unterschiedlichen Erwartungen und Voraussetzungen die Studenten zu den Vorlesungen kommen.“ Im Vergleich zu früher würden die angehenden Theologen heute immer mehr Wert auf die Vernetzung des Studiums mit dem persönlichen Leben legen. „Viele erwarten zum Beispiel, dass im Rahmen von Lehrveranstaltungen auch mal Gottesdienste gefeiert werden – das kenne ich von früher nicht so.“

Entwicklung und Wandel – bei diesen Stichworten blüht Stuflesser richtig auf. Ganz besonders reizt ihn die Frage, wie sich die Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil weiter entwickelt hat und in Zukunft noch verändert. Dass sie sich überhaupt weiter entwickelt – da besteht für ihn kein Zweifel, denn auch in der Kunst oder Musik gebe es schließlich keinen Stillstand. „Wir befinden uns im Moment in einer Phase, wo die Umbrüche der Sechziger noch einmal kritisch reflektiert werden“, erklärt er. In der Diskussion um den alten Messritus, die Tridentinische Messe, rät Stuflesser zur Gelassenheit: „Vielleicht können wir die Wiederzulassung des Tridentinischen Ritus durch Papst Benedikt XVI. einfach auch als Chance begreifen, dass sich verschiedene liturgische Formen und Traditionen gegenseitig bereichern.“ Die Liturgie hat für ihn auch eine missionarische Dimension. „Viele Menschen finden über die Liturgie zum Glauben“; sagt Stuflesser. „Doch dafür muss sie auch etwas bieten.“ Liturgie ließe sich als Dialog begreifen – zwischen den Menschen und Gott. Und deswegen sollte zum Beispiel eine Messe für die Besucher viele Möglichkeiten eröffnen, Gott zu antworten. „Ich wundere mich oft, wie lieblos Liturgie gefeiert wird und woran in Gottesdiensten gespart wird, zum Beispiel an der zweiten Lesung. Dabei ist die eigentlich selbstverständlich vorgesehen.“

Aber umso vielfältiger eine Liturgie wird, desto mehr Wissen ist nötig, um sie zu verstehen und an ihr teilnehmen zu können. Genau das sei ein großes Problem dieser Zeit, findet der Professor: „Es gibt große Hemmschwellen für Menschen, einen Gottesdienst zu besuchen, wenn ihnen die Liturgie fremd ist und ihnen grundlegendes Wissen fehlt.“ Doch das hieße nicht automatisch, dass die Kirche sie nicht erreichen könne. Die Weihnachtsfeiern für Konfessionslose in Erfurt seien ein gutes Beispiel für solche niederschwelligen Angebote. „Es gibt doch so viele Möglichkeiten, Menschen mit Hilfe der Liturgie anzusprechen und zu begleiten, auch wenn sie der Kirche fern stehen“, findet Stuflesser. „Und wenn es nur einmal im Jahr an Weihnachten ist, bei der kirchlichen Trauung oder bei einer Beerdigung.“ In der Begleitung der Menschen bei wichtigen Ereignissen im Leben habe die Kirche eine große Kompetenz, die sie nutzen sollte.

Wo die einen Probleme sehen, erkennt der neue Liturgiewissenschaftler der Universität Würzburg Chancen und Möglichkeiten. Selbst die von manchen Theologen so scharf kritisierten „Harry Potter“-Bücher über den Zauberschüler wecken in ihm weder Abneigung noch Zorn, sondern Begeisterung. „Ich bin bekennender ‚Harry Potter’-Fan“, gibt er zu und grinst. Dass alle Bände bei ihm im Büro im Regal stehen, hat auch einen Grund, denn zu der Buchreihe hat er gleich einen Lektürekurs angeboten „In den Büchern steckt unheimlich viel Theologie drin“, sagt Stuflesser. So trage die Hauptfigur Harry Potter doch sehr stark messianische Züge. Und dass in dem Internat für Hexen und Zauberer Weihnachten gefeiert wird, wundert ihn überhaupt nicht. „Jedes Mal passiert in den Büchern an Weihnachten etwas Besonderes“, meint er. Und für welchen Theologen sollte dies nicht ein Grund zur Freude sein.

(4607/1553; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet