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Reportage

Malen wie von Geisterhand

Public Painting: Behinderte Künstler malen donnerstags im Museum am Dom – Vernissage am 30. Januar

Würzburg (POW) Selbstvergessen arbeitet Andreas Schütz an seinem Gemälde. Ein schwarzer Strich, ein blauer Strich, stets mit Bedacht. Immer wieder tritt er einen Schritt zurück und betrachtet sein Kunstwerk, als würde er nachdenken, welchen Pinselstrich er als nächstes setzen muss. Es entsteht ein dunkler Nachthimmel über Strand und Meer. Der Künstler erklärt: „Erst wollte ich einen Sonnenuntergang, und jetzt ist es Nacht. Das entwickelt sich halt mit der Zeit.“ Die Ideen kommen Schütz beim Grundieren der Leinwände, das inspiriert ihn. „Man könnte auch sagen, meine Hand wird von einem Geist geführt.“ So entwickelt sich das Gemälde nach und nach. Schütz beschäftigt sich mit dem Thema „Ohnmacht“, angelehnt an das gleichnamige Werk von Andreas Kuhnlein. Auch die Natur könne Ohnmacht erzeugen. „Man versucht immer, die Natur zu beherrschen, aber das geht halt nicht. Man steht ohnmächtig davor“, beschreibt der Künstler.

Weitere Bilder

Schütz malt das Bild nicht in einem Atelier, sondern im Museum am Dom. Er macht mit beim Projekt Public Painting. Seit Oktober 2019 interpretieren je zwei behinderte Künstler von den Mainfränkischen Werkstätten und des Eisinger Sankt Josefs-Stifts donnerstags von 10.30 bis 15 Uhr im Museum am Dom dort ausgestellte Kunstwerke. Die Arbeit der Künstler findet in aller Öffentlichkeit statt. Besucher sind eingeladen zuzusehen. Dabei kann jeder kostenfrei zu den Künstlern hinunterkommen und Fragen stellen oder aber von draußen durch das große Fenster am Durchgang zwischen Domstraße und Kiliansplatz zusehen. Wer zu den Künstlern möchte, bekommt zudem die Möglichkeit, das Gesamtkunstwerk aller Besucher „Würzburg malt ein Bild“ mitzugestalten. Hierfür steht eine Leinwand bereit, auf der sie mit Acrylfarben das Gemälde vervollständigen können. Schütz stören die Besucher nicht. „Ich habe es mir stressiger vorgestellt“, berichtet er.

Es kommt ein neuer Tropfen blaue Farbe auf die Farbpalette. Die Künstler malen mit Acrylfarbe, deshalb riecht es im Museum nicht so stark, wie es bei Ölfarben der Fall wäre. Doch das ist nicht der Grund, warum die Künstler Acrylfarbe verwenden. Sie trocknet vor allem schneller als Ölfarbe. Thomas Pupkulies vom Sankt Josefs-Stift erklärt, dass Ölfarbe fast ein Jahr zum Trocknen braucht. Doch die Kunstwerke müssen bis zum 30. Januar fertig sein, denn dann werden sie ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Pupkulies widmet sich dem Thema „Nacht“. Dabei wirken seine Bilder völlig unterschiedlich. Teilweise sind sie klar und ruhig, teilweise verspielt. „Die ersten zwei gehen Richtung Peng“, erklärt er. Pupkulies malt ein Bild nach dem anderen. „Zwei Bilder gleichzeitig mache ich äußerst ungern. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes.“ Für manche seiner Werke brauche er eine halbe Stunde, für manche eine Woche und für manche sogar ein Jahr.

Anne Bahr hingegen versucht, vier Bilder gleichzeitig in ein Kunstwerk zu integrieren. Sie hat bereits gemeinsam mit ihrem Betreuer eine Skizze vorgezeichnet. Diese klebt an der Wand, und sie kann sich an der Zeichnung orientieren. „Ich versuche, meinen Glauben weiterzugeben“, verrät Bahr über ihre Werke. „Ziel ist es, dass viele wieder zu Jesus finden. Viele Bilder sind trostlos oder leidend, ich möchte mit Jesus wieder Hoffnung geben.“ Auf dem oberen Teil ihres Gemäldes sieht man auch Jesus auf rotem Grund. Behr nimmt zum ersten Mal an einem künstlerischen Projekt teil. Sie ist heute zum ersten Mal beim Public Painting. „Wenn jemand Fragen hat, bin ich da. Jetzt fange ich erst richtig an, aber ich bin sehr gespannt.“ Vorher war sie nur eine „Hobbymalerin mit Buntstiften“, wie sie selbst sagt.

Noch bis zum 23. Januar 2020 besteht die Möglichkeit, den Künstlern bei ihrer Arbeit zuzusehen. Das Public Painting ist Teil eines Projektseminars zum Thema „Museum mitgestalten“. Dabei geht es darum, das Museum inklusiv zu gestalten. Studenten der Universität Würzburg aus den Fächern Museologie, Mensch-Computer-Systeme und Lehramt planen Maßnahmen, wie man das Museum am Dom für behinderte Menschen besser zugänglich machen kann. Die Ergebnisse präsentieren die Studenten und behinderten Künstler bei einer Vernissage am 30. Januar um 18 Uhr. Dann werden die Bilder im Museum am Dom ausgestellt.

Anna-Lena Ils (POW)

(0320/0046; E-Mail voraus)

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