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Maria nachfolgen

Predigt von Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele zum Abschluss des Dettelbacher Jubiläumsjahres und des Eucharistischen Jahres der Kirche am Sonntag, 16. Oktober 2005, in der Wallfahrtskirche Dettelbach

Mit Maria eucharistisch leben

Mit der ganzen Kirche können wir den Abschluss des Jahres der Eucharistie feiern. Wir haben allen Anlass, für diese Gnadenzeit zu danken. Das Jahr der Eucharistie gehört zu den großen Geschenken, die Papst Johannes Paul II. kurz vor seinem Tod uns gemacht hat. Das Leitwort „Bleibe bei uns Herr, denn es will Abend werden“ (Lk 24,29) hatte seinen besonderen Sitz im Leben und Sterben unseres Heiligen Vaters. Wir sind gewiss, dass der Herr diese Bitte erfüllt hat, als am 2. April dessen letzte Stunde geschlagen hat. Mit schwacher Stimme hatte der Papst nachmittags noch sagen können: „Lasst mich ins Haus des Vaters gehen.“ Abends um 20 Uhr feierte man an seinem Sterbebett die Heilige Messe vom Fest der göttlichen Barmherzigkeit. So stand auch sein Heimgang im Zeichen der Eucharistie.

In Dettelbach konnte man das Jahr der Eucharistie in besonderer Weise feiern. Vom Wallfahrtsjubiläum fiel zusätzlich Licht auf die Gabe der Eucharistie, und von dieser eröffneten sich neue Perspektiven auf das Geschenk, das der Herr uns in Maria verliehen hat. Am Anfang der Apostelgeschichte wird berichtet, wie sie nach der Auferstehung Jesu mit den Aposteln nach Jerusalem in das Obergemach geht und mit ihnen einmütig im Gebet verharrt. Alle waren aufs neue in dem Raum vereint, in dem der Herr am Gründonnerstag sein letztes Abendmahl gefeiert hatte. Gewiss haben sie miteinander darüber geredet; unfassbar war, was sie erlebt hatten. Vielleicht haben sie miteinander versucht, sich in dieses Geheimnis der Liebe hinein zu denken und hinein zu leben. Maria konnte ihnen dabei in einzigartiger Weise helfen. Wie kein anderer Mensch war sie in allem ihrem göttlichen Sohn verbunden. So konnte sie wie niemand sonst in das Denken und Wollen Jesu einführen. Zugleich konnte sie deutlich machen, was man dem Herrn schuldet, der uns gerade in der Eucharistie seine Liebe bis zum Äußersten schenkt. Diesen Dienst kann unsere liebe Frau uns allen bis zur Stunde erweisen. Das gibt uns die Chance, mit Maria eucharistisch zu leben.

Mit Maria hören und gehorchen

Zeit ihres Lebens hat Maria Grundhaltungen verwirklicht, die zur rechten Mitfeier der Heiligen Messe gehören. Das zeigt uns zunächst das Evangelium, das uns eben verkündet wurde. Maria ist offen für die Überraschung der Liebe, die Gott ihr durch seinen Boten bereitet. Was sie hört ist unerhört. Sie, das einfache Mädchen aus Nazaret, soll Mutter des Erlösers werden. Ihr Sohn soll zugleich „Sohn des Höchsten“ genannt werden (Lk 1,32). Maria verschließt ihr Ohr nicht vor dem, was der Herr ihr sagt. Sie erschrickt, aber sie wehrt nicht ab; „sie überlegt“, was das bedeutet, was der Engel ihr verkündet. Sie geht auf all das ein und fragt: „Wie soll das geschehen?“ (Lk 1,34). Da erfährt sie, dass der Heilige Geist das wahrmachen wird, was sie nicht fassen kann. Da wird ihr Hören zum Gehorchen und damit zum Glauben. So spricht sie ihr Jawort: „Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,38).

Mit all dem kann Maria uns zur rechten Mitfeier der Heiligen Messe verhelfen. Auch bei uns kommt es zunächst auf die Offenheit an, für das, was hier geschieht. Wir laufen alle Gefahr, nur gewohnheitsmäßig dabei zu sein und nicht lebendig aufzunehmen, was uns gesagt und geschenkt wird. Wir bedenken nicht, dass der Herr bereits durch sein Wort eine Heilige Kommunion mit uns feiern will und bereiten uns damit nicht in der rechten Weise auf die eucharistische Kommunion vor. Allzu leicht haben wir die Ohren durchgehend geöffnet und das Herz verschlossen. Immer wieder brauchen wir die Hilfe des Heiligen Geistes. Ohne ihn gibt es kein Wunder der Wandlung: Ohne ihn werden weder Brot und Wein noch wir selber gewandelt.

Mit Maria danken und lobpreisen

Bald nach ihrer Berufung zur Mutter Gottes verwirklicht Maria einen Grundakt der Eucharistie. Das griechische Wort Eucharistia heißt ja Danksagung, Feier des Dankes. Genau das praktiziert Maria bald nachdem sie von ihrer Berufung erfahren hat. Im Magnifikat dankt sie dem Herrn für seine Gnaden und lobt und preist ihn mit frohem Herzen. Sie weiß, dass alles, was sie empfängt, eine unverdiente Gabe Gottes ist. Er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd herabgeschaut; er hat Großes an ihr getan (Lk 1,48 f.). Maria nimmt das nicht bloß zur Kenntnis; sie nimmt es sich zu Herzen. Im Anschluss an seinen Weihnachtsbericht stellt Lukas heraus: „Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“ (Lk 2,19). Man kann auch übersetzen: „Sie bewegte alles in ihrem Herzen.“ Genau das gehört zur rechten Mitfeier der Heiligen Messe. Tun wir das so gut wir können, dann führt das sogleich zum dankenden Lobpreis. Jedes Hochgebet ruft uns dazu auf. Es beginnt jeweils mit der Aufforderung, die Herzen zu erheben und dem allmächtigen Gott immer und überall zu danken. In der Mitte des Hochgebets werden wir daran erinnert, dass der Einsetzung der Eucharistie das Danken Jesu voraufgeht. Bevor er das Brot bricht erhebt er die Augen zu seinem Vater und sagt ihm Lob und Dank. Schließlich mündet das Hochgebet in den Lobpreis: „Durch ihn und mit ihm und in ihm ist dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre jetzt und in Ewigkeit.“ Das Amen aller Gläubigen soll kundtun, dass sie sich dem Loben und Danken Jesu und seiner Kirche anschließen. Tun wir das? Tun wir das bewusst und entschieden? Tun wir das wie Maria mit frohem Herzen? Das sind Fragen, denen wir nicht ausweichen dürfen.

Der Heilige Franziskus hat das vorbildlich getan. Ihm lag daran, dass auch seine Mitbrüder dabei mitmachten. So schrieb er in seinem Brief an den gesamten Orden: „Der ganze Mensch erschauere, die ganze Welt erbebe, und der Himmel juble, wenn auf dem Altar in der Hand des Priesters Christus, der Sohn des lebendigen Gottes ist. O wunderbare Hoheit und staunenswerte Herablassung! O erhabene Demut! O demütige Erhabenheit, dass der Herr des Alls, Gott und Gottes Sohn, sich so erniedrigt … Seht, Brüder, die Demut Gottes und schüttet vor ihm eure Herzen aus!“ Dann fügte er hinzu: „Behaltet darum nichts von euch für euch zurück, damit euch als Ganze aufnehme, der sich euch ganz hingibt!“ Auch dabei kann uns Maria Maßgebliches vermitteln.

Mit Maria opfern und helfen

Unter dem Kreuz ist sie ganz und gar mit ihrem Sohn verbunden. Sie ist „Märtyrin mit Christus, so sehr, dass ein einziges Kreuz genügte für ihren Sohn und für sie; denn sie war dort in gewissem Sinn angenagelt durch die Liebe, die sie zu ihm hatte.“ Jetzt vollendet sie das Fiat, das sie bei der Verkündigung gesprochen hat. Zusammen mit ihrem Sohn sagt sie ihr Ja zum Willen des Vaters, mit den Worten des Konzils: „Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie … sich mit seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Darbringung des Schlachtopfers, das sie geboren hatte, liebevoll zustimmte.“

Unser Herr will uns nicht nur seine Liebe schenken; er will uns in sein Lieben hineinnehmen. Wie er es bei seiner Mutter gehalten hat, so soll es auch bei uns geschehen. Franz Libermann, der als Sohn eines Rabbiners zum Christusglauben fand und Priester wurde, hat das erkannt. Als er gefragt wurde, was die beste Feier der Heiligen Messe sei, antwortete er: „Mitopfern, mitopfern.“ So entspricht es dem apostolischen Appell: „Ahmt Gott nach … und lebt in der Liebe, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und Opfer, das Gott gefällt“ (Eph 5,1). Entsprechend rufen die Konzilsväter alle Gläubigen dazu auf, dass sie „die unbefleckte Opfergabe darbringen nicht nur durch die Hände des Priesters, sondern auch gemeinsam mit ihm und dadurch sich selber darbringen lernen.“

Das weist uns über die Messe hinaus, die wir am Altar feiern, hin zur Messe unseres Lebens.

Mit Maria im Alltag

„Gehet hin in Frieden!“ heißt es am Ende der Heiligen Messe. Das sind nicht Worte des Abschlusses, das sind Worte des Auftrags und des Aufbruchs. Das Friedensopfer Christi soll durch unseren Einsatz immer mehr in der gesamten Menschheit wirksam werden. Nochmals dürfen wir dabei unsere liebe Frau an unserer Seite wissen. Bei ihrer Berufung zur Muttergottes hat sie erfahren, dass ihre betagte Verwandte Elisabet ein Kind erwartet. Sogleich macht Maria sich auf, um ihr beizustehen. Sie sagt nicht: „Ich habe eine einzigartige Aufgabe bekommen; ich muss mich jetzt ganz darauf konzentrieren. Der alten Frau können auch viele andere helfen; die sollen es tun.“ Nein: Maria macht sich auf den Weg, sie eilte berichtet der Evangelist. Sie kann ihrer Verwandten nicht nur frauliche Hilfe schenken; sie bringt den Helfer aller Helfer selber zu ihr. In seiner Eucharistie-Enzyklika schreibt Johannes Paul II. über dieses Geschehen: „Beim Besuch Marias bei Elisabet trägt sie das fleischgewordene Wort in ihrem Schoß und macht sich in gewisser Weise zum >Tabernakel< ─ dem ersten >Tabernakel< der Geschichte ─, in dem der Sohn Gottes, noch unsichtbar für die Augen der Menschen, der Anbetung Elisabets dargeboten wird und sein Licht gleichsam >ausstrahlt< auf die Augen und die Stimme Mariens.“

Wir alle sind aufgerufen Maria nachzufolgen. Auch durch uns will der Herr zu den Menschen kommen; auch durch uns will er in unserer Welt wirksam werden. „Herr, sende uns deinen Geist, damit das immer mehr wahr wird.“ Amen.

(4205/1358)