Röllbach/Obernburg (POW) Noch mitten im Prozess der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften steht das Dekanat Obernburg. Rund 52.000 Katholiken leben in den 20 Pfarreien, vier Kuratien und sechs Filialen des Dekanats im Landkreis Miltenberg, die bis 2010 elf Seelsorgeeinheiten bilden sollen. „Pfarreiengemeinschaft ist mehr als eine notwendige Struktur, sondern eine Gemeinschaft Glaubender“, sagt Dekan Franz Leipold (Röllbach) in folgendem Interview zur Entwicklung neuer Seelsorgestrukturen im Dekanat Obernburg.
POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Obernburg umschreiben?
Dekan Franz Leipold: Wir sind im Dekanat Obernburg insgesamt auf einem guten Weg, wobei in manchen Pfarreiengemeinschaften natürlich noch Handlungsbedarf besteht. Zwei Pfarreiengemeinschaften sind bereits errichtet, mehrere stehen kurz vor der offiziellen Errichtung und wenige sind noch in der Anfangsphase. Bedingt durch einige Stellenwechsel beim Seelsorgepersonal ergeben sich manche Verzögerungen bei der Bildung von Pfarreiengemeinschaften, was sich aber aus sachlichen Gründen nicht vermeiden lässt.
POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?
Leipold: Eine Chance unseres Dekanats bei der Bildung von Pfarreiengemeinschaften ist die Größe unserer Pfarrgemeinden, wodurch die Anzahl der Partnergemeinden überschaubar bleibt. So genügen in unserem Dekanat zwei oder maximal drei Pfarrgemeinden, um eine von der Katholikenzahl her ansehnliche Pfarreiengemeinschaft zu bilden. Eine weitere Chance sehe ich gerade für die kleinen Partner einer Pfarreiengemeinschaft. Gerade durch das gemeinsame Gottesdienstangebot gewinnt ihr Gottesdienst zahlreiche Besucher und manche bisher leere Kirchenbank wird so gefüllt. Darüber hinaus kann das, was Kinder- und Jugendarbeit oder Bildungsarbeit anlangt und vor Ort gar nicht mehr möglich wäre, im Verbund einer Pfarreiengemeinschaft aufgefangen werden. Hier ergeben sich durch Kooperation gerade für kleine Gemeinden große Chancen und sie können sehr von dieser Veränderung profitieren. Probleme und Sorge sind – wie in unserer gesamten Diözese – die Angst unserer Gemeinden, ihre Identität zu verlieren, liebgewordene Traditionen aufgeben zu müssen und der Verlust des Pfarrers vor Ort. Was mich dabei ermutigt, ist die Sorge gerade unserer Pfarrgemeinden und der ehrenamtlich Tätigen um die Belastbarkeit des Seelsorgepersonals. Es werden die Mehrbelastungen wahrgenommen, und somit wächst auch das Verständnis, Veränderungen und Einschnitte mitzutragen.
POW: Welche Unterschiede beobachten Sie in der Seelsorge in den großen Pfarreien des Maintals und in den kleineren Pfarreien im Spessart?
Leipold: Im Zeitalter von Internet, Handy und Computer haben sich nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch zwischen Maintal und Spessart viele Unterschiede überlebt. Was ich noch wahrnehme ist, dass die Ortschaften im Spessart durch ihre Lage den dörflichen Charakter stärker bewahrt haben. Wobei sie weit entfernt sind von einer ländlichen Idylle, und viele Entwicklungen die Gemeinden im Maintal wie die Dörfer im Spessart gewaltig verändern.
POW: Gibt es eine Zusammenarbeit über die Bistumsgrenzen hinweg mit Pfarreien im Mainzer Gebiet?
Leipold: Es gibt einige persönliche Kontakte, doch von einer koordinierten Zusammenarbeit mit Pfarrgemeinden in unserem Nachbarbistum kann man nicht sprechen.
POW: Wie bringen sich Ordensgemeinschaften im Dekanat ein?
Leipold: Wie in der ganzen Diözese macht sich auch in unserem Dekanat der Rückzug der Ordensge-meinschaften schmerzlich bemerkbar. In Niedernberg und Erlenbach wirken Ordensschwestern in Kindergarten, Katechese und Seniorenbetreuung segensreich. Der einzige Pater unseres Dekanats wirkt in Rück-Schippach und betreut die Senioren des Dekanats. Ich kann ihnen nur für das Engagement herzlich danken.
POW: Wie beurteilen Sie das Wirken der Piusbruderschaft im Dekanat Obernburg und welchen Einfluss hat es auf die Seelsorge?
Leipold: Das Verhältnis zur Piusbruderschaft gestaltet sich wie zu vielen anderen Religions- und Glaubensgemeinschaften, die in unserem Dekanat anwesend sind, ohne Berührungsängste und ist auf unserer Seite von großer Toleranz geprägt.
POW: Was ist im Dekanat Obernburg wichtig im Verhältnis zwischen Christen und Muslimen?
Leipold: Das Miteinander von Muslimen und Christen ist eine Herausforderung, da der Bevölkerungsanteil muslimischer Mitbürger in vielen Gemeinden sehr hoch ist. Natürlich ergeben sich daraus auch Probleme im Mit- und Nebeneinander, wobei es gute Ansätze des Dialogs und Annäherung zum Beispiel in Elsenfeld gibt.
POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Obernburg sagen können?
Leipold: Ich möchte unserem Bischof melden können: Auftrag erfüllt. Wobei ich gleichzeitig hoffe, dass unsere Pfarrgemeinden sich in ihrer Pfarreiengemeinschaft wohlfühlen und sagen können: Es war ein schwieriger Weg, doch gleichzeitig hat er uns manche Tür geöffnet, um andere Gemeinden kennenzulernen und auch im Glauben bestärkt zu werden. So ist Pfarreiengemeinschaft mehr als eine notwendige Struktur, sondern eine Gemeinschaft Glaubender.
(2608/0811)