Würzburg (POW) So viele Tiere auf engstem Raum: Schafe, Pferde, Kamele, aber auch Schlangen, Rinder und Affen. Wohl am überraschendsten ist aber, dass auch ein Pinguin in der aktuellen Sonderausstellung „Zur Krippe her kommet“ im Würzburger Museum am Dom zu sehen ist. Kurator Diözesankonservator Dr. Wolfgang Schneider hat im Untergeschoss zusammengestellt, welche Vielfalt an Krippen in unterfränkischen Klöstern zu finden ist. Der Schwerpunkt liegt dabei auf franziskanischen Klöstern.
Die Idee zu dieser Schau habe sich entzündet, als das Bistum Würzburg nach dem Weggang der Franziskaner aus Dettelbach in diesem Jahr das Klostergebäude und einen Großteil des Kunstinventars übernahm. „In Dettelbach wie in anderen Klöstern der franziskanischen Ordensfamilie haben sich bedeutende Bestände an Krippen erhalten.“ Neben einer Unzahl von sehr subtil geschnitzten Tierfiguren habe er in Dettelbach auch viele Kulissen für Krippenszenen vorgefunden. Die große Menge und der gute Erhaltungszustand hängt laut Schneider auch damit zusammen, dass einige der Krippen in Vergessenheit gerieten, aber auch damit, dass dort meist nur sachkundige Experten mit dem Aufstellen der Krippen betraut gewesen seien. „Die Krippen bezeugen mit ihrem Detailreichtum und in ihrer Vielfalt das Gespür dieser Orden für eine sinnenhafte, niederschwellige Katechese mithilfe dieser Figurenensembles, die immer aber auch temporäre Andachtsbilder in den Kirchen bildeten“, betonte Schneider. Im Bistum Würzburg sei im Übrigen die erste Krippe 1640 in Eibelstadt nachgewiesen.
Derbe Hirten, prächtig geputzte Könige, brutale Soldaten und fromme Schriftgelehrte bilden das Personal eines bedeutenden Krippenfigurenensembles. Es stammt aus dem Kapuzinerkloster von Karlstadt und wurde 1998 von der Diözese Würzburg angekauft. „Manche der Figuren haben eine barocke Anmutung, die in das 18. Jahrhundert weist, doch legt die geschichtliche Entwicklung mit ihren starken Zäsuren nahe, dass ein Großteil der Figuren mit Wachs- und Holzköpfen aus dem 19. Jahrhundert stammen muss“, sagte Schneider. Viele der Figuren tragen aufwändige Kleidung mit Stickereien und Bordürenfransen. Eine auffällige Sondergruppe stellen die bärtigen Soldaten in ihren Blechharnischen dar, die in drastischer Weise den Kindermord von Betlehem darstellen. „Diese martialischen Gestalten sind wohl in einer oberbayerischen Werkstatt des frühen 19. Jahrhunderts entstanden.“
Ein weiterer großer Krippenfigurenbestand wird vom Würzburger Käppele gehütet. Dieser gehe auf das Engagement der Kapuziner zurück, die dort von 1749 bis 2014 die Wallfahrt betreuten. „Der Bestand ist nicht einheitlich, sondern aus mindestens drei unvollständigen Ensembles nicht bekannter Herkunft zusammengeworfen worden.“ Er gehe davon aus, dass ein Teil aus ehemaligen Kapuzinerklöstern in Lohr, Mariabuchen und Bad Königshofen stamme. „Mit den Figuren lassen sich die Szenen aus dem Leben Jesu von der Geburt bis zur Gefangennahme am Ölberg stellen, allerdings nicht immer vollzählig.“
Bestens gepflegt präsentiert sich dagegen der Bestand der Krippe aus dem Aschaffenburger Kapuzinerkloster, der jüngsten der ausgestellten. „Was diese Krippe auszeichnet, ist ihre ungebrochene, dem Kirchenjahr folgende Aufstellung in der Aschaffenburger Kapuzinerkirche.“ Herausragend sei sie auch dadurch, dass es ein Regiebuch gibt, in dem mit Fotos festgehalten ist, welche Figuren wann und wo vor welcher Kulisse aufzustellen sind. Zu der Paradiesszene aus dieser Krippe gehört übrigens auch der eingangs erwähnte Pinguin.
In den Augen des Kurators ist die erstaunlichste Gruppe vom Käppele der Werkstatt des Münchener Bildhauers Sebastian Osterrieder zuzuordnen. Dieser entwickelte eine Gusstechnik für die Serienherstellung von Figuren, die mit leimgetränkten Textilien bekleidet und farbig gefasst wurden. „Mit großer Liebe zum Detail sind zum Beispiel die Babylonier wie auch die Ägypter mit der Mode ihrer Zeit ausgestattet. Dem Studium Osterrieders im Heiligen Land entsprangen die detailreichen Figuren von Nomaden und Kamelen.“
Mit der Ausstellung hat das Museum am Dom einige Neuerungen eingeführt. „Wir versuchen, in Zukunft noch deutlicher herauszuarbeiten, dass das Museum nicht nur in der Mitte der Stadt ist, sondern auch ein zentraler Ort sein will“, erklärte Dr. Jürgen Emmert, kommissarischer Leiter des Kunstreferats der Diözese. Ein neuer Flyer informiere über das vielfältige Veranstaltungsangebot. Rahel Clormann vervollständige seit November als Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing das Team. „Mit unseren neuen Auftritten auf Facebook und Twitter zeigen wir jetzt transparent und schnell, was im Haus passiert und wer die Gesichter hinter den Kulissen sind“, betonte Michael Koller, kommissarischer Leiter der Museen der Diözese Würzburg. Im neuen Jahr biete Museumspädagogin Dr. Yvonne Lemke unter anderem erstmals spezielle Großeltern-Enkel-Führungen an. Neu sei auch die Ruheecke im Zwischengeschoss, die Raum zum Rückzug und Lektüre bietet – und für Kinder – passend zur Sonderausstellung – auch eine Krippe zum Spielen.
Die Sonderausstellung „Zur Krippe her kommet! Krippen aus fränkischen Klöstern“ im Museum am Dom ist vom 2. Dezember bis zum 28. Januar dienstags bis sonntags sowie feiertags von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Nähere Informationen beim Museum am Dom, Telefon 0931/38665600 sowie im Internet unter www.museum-am-dom.de.
mh (POW)
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