Würzburg (POW) Für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt macht sich eine ökumenische Aktion im Vorfeld der Bundestagswahlen am 23. Februar stark. Auch Würzburgs Weihbischof Paul Reder unterstützt die Aktion, wie er in einem Beitrag für den Pressedienst des Bistums Würzburg betont.
„Wahlwerbung gehört vor dem Urnengang dazu. Parteien werben für sich und ihre Politik. Ganz gleich, ob Koalition oder Konfrontation beabsichtigt sind, ist das Werben um die besten politischen Ideen und Konzepte unerlässlich für eine demokratische Kultur. Mit einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto ‚Für alle. Mit Herz und Verstand‘ machen die evangelische und katholische Kirche vor der Bundestagswahl darauf aufmerksam, dass mit der Wahl auch über die Zukunft von Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft entschieden wird.
Menschenwürde ist für mich mehr als 13 Buchstaben oder eine Theorie, die in zahlreichen Texten als maßgeblich verankert ist. Menschenwürde ist in der konkreten Alltagspraxis erfahrbar oder auch nicht: im Pausenhof ebenso wie in der Haftanstalt, in der Sakristei wie im Seniorenheim, im Rettungswagen ebenso wie im Polizeieinsatz, am Arbeitsplatz wie in der Asylunterkunft. Als ‚unantastbar‘ wird diese Würde im Grundgesetz festgeschrieben. Dabei gehört es zur Alltagserfahrung, dass diese Unantastbarkeit keinen Menschen hinter Glas setzt, wie ein Museumsobjekt, das nicht berührt werden kann. Und jedes Mal, wenn diese Würde angetastet und verletzt wird, hinterlässt das Spuren – oft ein Leben lang.
Darum ist für mich die Wegweisung Jesu zur Nächstenliebe so wichtig. Sie geht einen entscheidenden Schritt darüber hinaus, dass die Antastbarkeit menschlicher Würde lediglich verneint wird. Menschliches Miteinander gelingt nicht gut im Minimalismus. Darum erschöpft sich Liebe zum Nächsten für mich auch nicht im Gefühl der Sympathie. Denn Nächstenliebe legt mir gerade dort einen Weg zur Sinnesänderung ans Herz, wo mein Gefühl dem anderen gegenüber eher zur Abgrenzung, Verschlossenheit oder Gleichgültigkeit tendiert. Dabei sind sowohl die menschliche Würde als auch die Nächstenliebe nicht das Ergebnis von Leistung oder verdienstvollem Verhalten. Ich glaube, dass Gott mit jedem von uns das Wagnis einer vorbehaltlosen Zuwendung eingeht. Sie hilft mir, in der Wegweisung der Nächstenliebe meine eigenen Grenzen wahrzunehmen, aber mich nicht von ihnen gefangen nehmen zu lassen.
Zusammenhalt hat für mich zwei Seiten. Da gibt es den positiven Aspekt, wenn durch Solidarität und Gemeinschaft mehr möglich wird, als wenn jeder nur seine eigenen Interessen verfolgt. Da gibt es aber auch die andere Seite, wenn eine Gruppe oder ein Kreis als exklusiver Block zusammenhält, um Macht zu sichern und totale Dominanz aufzubauen. Der Austausch darüber, was uns und unsere Gesellschaft zusammenhält, lohnt sich – besonders in Wahlkampfzeiten. Sonst prallen Meinungen und Positionen, befeuert von populistischen Parolen, aufeinander wie rivalisierende Fanblöcke im Stadion. Verlören wir vor lauter Aggressivität die Kultur des fairen Zusammenspiels im demokratischen Kräftemessen aus den Augen, wäre nach dem Urnengang alles gefährdet: Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt.“
(0725/0167; E-Mail voraus)
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