Würzburg (POW) Mit dem Spielautomat, den die drei jungen Leute hinter sich herzogen, haben sie viel Aufmerksamkeit in der Würzburger Innenstadt erregt. Im Rahmen einer Aktion zum Thema Glücksspielsucht suchten Auszubildende des Diözesan-Caritasverbandes das Gespräch mit Passanten. Mancher, der neugierig näher kam, konnte sich gar nicht vorstellen, dass Glücksspiel eine Sucht sein soll. Doch der T-Shirt Aufdruck „Gefangen im Glück“ und die Kette, die sich einer der Auszubildenden um den Bauch geschlungen hatte und die ihn offensichtlich nicht mehr vom Glückspiel loskommen ließ, waren ein drastisches Bild. „Ihr könnt den Leuten doch nicht das letzte Glück nehmen“, meinte daher ein Passant etwas irritiert.
Die Besucher auf dem Marktplatz reagierten unterschiedlich. Während der eine über die Aktion schimpfte, berichtete der andere von seiner eigenen Spielervergangenheit und der Hilfe, die er bekommen hatte. Einer kam gerade aus einer Spielhalle. Wie viel er verloren hatte, wollte er nicht sagen. Passanten, die mehr Informationen wünschten, konnten sich an Petra Müller von der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtprobleme der Caritas wenden. Sie hatte in der Stadtbücherei im Falkenhaus einen Informationsstand aufgebaut. Weit über 100 Interessierte nahmen die Gelegenheit wahr: der Opa, der sich um seinen Enkel sorgte, der Lehrer, der Infomaterial für seine Schüler suchte, die Ehefrau, deren Mann seit langer Zeit spielt, oder der scheinbar Unbetroffene, der nur Informationen und Tipps wollte und schließlich zugab, doch selbst zu spielen. Mehrere Betroffene oder Angehörige machten gleich einen Beratungstermin aus.
Das Problem der Glückspielsucht ist nach Müllers Angaben weit verbreitet. Nach einer Studie der Universitäten Greifswald und Lübeck sind bundesweit bis zu 500.000 Menschen im Alter zwischen 14 und 64 Jahren betroffen. Weitere 750.000 Personen zeigen ein problematisches Verhältnis zum Glücksspiel. Betroffen seien immer auch Angehörige. Glücksspielsucht bedeute oft nicht nur den Verlust von viel Geld, sondern auch von sozialen Kontakten, Beruf und Familie. „Was als vermeintlich harmloses Spiel am Spielautomaten, im Internet oder am Roulettetisch beginnt, kann leicht dramatische psychische und materielle Folgen haben bis hin zu hoher Verschuldung, Kriminalität oder sogar Suizid.“ Wer süchtig nach dem Kick beim Spiel sei, laufe schnell Gefahr, die wichtigsten Bezugspunkte in seinem Leben zu verspielen, erklärte die Sozialpädagogin und Therapeutin Müller.
Die Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtprobleme der Caritas bietet für Betroffene und Angehörige spezielle Hilfen an. Wie für die meisten Süchte gilt auch für das Glücksspiel: Der Weg aus der Sucht gelingt leichter mit professioneller Unterstützung. Kontakt: Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtprobleme, Friedrich-Spee-Haus, Röntgenring 3, Würzburg, Telefon 0931/38658300, E-Mail petra.mueller@caritas-wuerzburg.de.
(2011/0549; E-Mail voraus)
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