Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Mozarts Musik öffnet den Himmel einen Spalt weit

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalgottesdienst zum Mozartfest am Sonntag, 25. Juni 2006, im Würzburger Dom

In diesen Würzburger Mozartwochen, die nach Salzburg die älteste Tradition aufweisen, erklingt auch in diesem Pontifikalamt die Krönungsmesse und die Motette „Exsultate, jubilate“ von Wolfgang Amadeus Mozart.

Mozarts Musik verzaubert die Menschen heute genau so wie zu seiner Zeit. Unabhängig von der Frage nach Mozarts Glaube und Kirchlichkeit, die je nach Standort unterschiedlich bewertet werden mag, öffnet seine Musik den Himmel einen Spalt weit.

Domkapellmeister Georg Ratzinger sagte einmal: „Mozarts Musik ist eine Botin des Glücks der Seligkeit, die die himmlische Realität abbildet. Und sie kündet von der Einheit der Schöpfung mit ihrem Schöpfer.“ (Radio Vatikan. Dossier: Mozart. Zum 250. Geburtstag). In diesem Satz ist etwas von einer Wirklichkeit ausgedrückt, die nicht nur das Spezifikum Mozartscher Musik betrifft, sondern unsere christliche Lebenssicht:

Durch Christus sind wir eine neue Schöpfung. Oder wie es eben in der Lesung aus dem 2. Korintherbrief zu hören war: „(Christus) ist für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde. Also kennen wir von jetzt an niemand mehr nur als irdischen Menschen.“ (15f.)

Als erlöste Menschen haben wir jetzt schon teil an der Vollendung, in die uns Christus vorausgegangen ist und die schon jetzt gewiss im sakramentalen Geschehen, aber wohl auch im großen künstlerischen Tun erfahrbar wird.

Die Kultur als eine Weise menschlicher Mitarbeit am Schöpfungsauftrag Gottes hat immer schon im Kult und erst recht im jüdisch-christlichen Glauben eine besondere Rolle gespielt. Eben hörten wir in der 1. Lesung aus dem Buch Ijob, das gerade die Spannung der zu zerbrechen drohenden menschlichen Existenz unter dem Anspruch Gottes schildert, so wunderschöne lyrische Sätze wie: „Wer verschloss das Meer mit Toren, als schäumend es dem Mutterschoß entquoll; als Wolken ich zum Kleid ihm machte, ihm zur Windel dunklen Dunst?“

Die Heilige Schrift ist voll sprechender Bilder in künstlerisch geformten Sätzen.

Ziel all diesen Sprechens von Gott und den Menschen ist die Übersteigung menschlicher, geschöpflicher Erfahrung in den Offenbarungsraum Gottes hinein. Es geht immer um Inspiration, die Erfahrung des Geistwirkens in unserem Leben und die Wahrnehmung des Himmels in dieser Weltzeit. Es geht um die Berührung mit dem Ursprung und Ziel unseres Lebens: Gott.

Es mag Situationen in unserem Leben geben, in denen uns der Himmel nicht mehr existent oder zumindest verschlossen zu sein scheint. Das kann sein, wenn wir Erfahrungen wie Ijob machen, der als tief frommer Mann in das größte Elend gestoßen wird und Gott und die Welt nicht mehr versteht.

Es kann aber auch Situationen geben, in denen sich uns der Himmel auf eine so unmittelbare, packende Weise erschließt, dass wir zu jubeln beginnen möchten. Das ist beispielsweise bei dem Hören der Krönungsmesse möglich, wenn uns der festliche Schwung, der Kontrastreichtum und die Vielfalt der auf engstem Raum entwickelten Gedanken dieses großen Werkes erreicht. Hier verbinden sich mit der geschlossenen Form Melodie und sinfonische Strukturierung zu einer Einheit, die beglückend einen Spalt in den Himmel öffnet.

Diese höchstwahrscheinlich zum ersten Mal 1791 oder 1792 zu Krönungsfeierlichkeiten in Prag aufgeführte Messkomposition steigert vom straffen, dreiteilig angelegten Kyrie über das empfindsam gestaltete Benedictus bis hin zu dem das Agnus Dei abschließenden „Dona nobis pacem“ die thematische Vereinheitlichung.

Auch das viersätzig angelegte Werk „Exsultate, jubilate“, das Mozart 1773 in Mailand komponiert hatte, und das wir auch in dieser heiligen Messe hören dürfen, bringt mit seiner bunten Orchesterbesetzung eine Instrumentenfülle, die sich im Lobpreis Mariens mit geradezu himmlischem Jubel verbündet. Diese Musik verbindet den Himmel mit der Erde und die Erde mit dem Himmel.

Hier ist nichts von der Ängstlichkeit der im schaukelnden Boot kauernden Jünger zu vernehmen – oder von unserer Ängstlichkeit im Blick auf die Entwicklungen unserer Tage. Das Gegenteil ist der Fall. Hier ist vertrauender Jubel zu vernehmen, der sich mit den durch Christi Liebe Geretteten verbindet und im Lob der Erwählung Mariens seine Krönung findet.

Nach dem Wunder der Sturmstillung (Tagesevangelium Mk 4,35-41) auf dem See fragt Jesus die Seinen: „Was seid ihr so ängstlich? Habt ihr denn keinen Glauben?“

Das fragt er uns auch in dieser Stunde.

Von Wolfgang Amadeus Mozart wissen wir durch seine Eintragung 1776 in sein Tagebuch, dass er an Gottes Führung geglaubt hat: „Ich habe Gott immer vor Augen, ich erkenne seine Allmacht, ich fürchte seinen Zorn, ich erkenne aber auch seine Liebe, sein Mitleiden und seine Barmherzigkeit gegenüber seinen Geschöpfen.“

Wie steht es da bei uns? Kann uns nicht auch Mozarts wunderbare Musik helfen, das Vertrauen in das beständige Wirken Gottes in und unter uns zu stärken und unserem Glauben jubelnden Ausdruck zu verleihen?

Amen.

(2606/0945)