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Museum am Dom würdigt Jehuda Bacon

Zum 90. Geburtstag des Künstlers: Neue Einblicke in sein vielfältiges Schaffen

Würzburg (POW) Am Sonntag, 28. Juli, ist der bekannte Künstler Jehuda Bacon 90 Jahre alt geworden. Bereits im März 2009 übereignete er den größten Teil seines bisherigen künstlerischen Schaffens an die Stiftung Kunstsammlung der Diözese Würzburg. Das Würzburger Museum am Dom zeigt aus Anlass des runden Geburtstags Bacons eine Reihe anderer Blätter anstelle der bis dahin präsentierten Kunstwerke. Es kann dafür auf den reichen Fundus der umfangreichen Schenkung des Künstlers zurückgreifen.

„Auf beeindruckende Weise wird dadurch erneut offensichtlich, dass der israelische Künstler es wie kaum ein anderer versteht, aus der Reduktion des Formvokabulars einen unglaublichen Reichtum und eine vielsagende Tiefe entstehen zu lassen. Gerade in ihrer scheinbaren Einfachheit sprechen seine Arbeiten den Betrachter an, wecken sein Interesse, emotionalisieren, faszinieren“, erklärt Rahel Ohlberg vom Kunstreferat des Bistums Würzburg. In zahlreichen Museen Israels, Europas, Südafrikas und der USA seien Werke Bacons zu finden.

1929 in Mährisch-Ostrau, dem heute tschechischen Ostrava, geboren, wächst Jehuda Bacon in der Tradition einer jüdisch-chassidischen Familie und deren Glaubenswelt auf. Im Alter von nur 13 Jahren erlebt er 1942 mit seiner Familie die Deportation nach Theresienstadt, kommt im Dezember 1943 nach Auschwitz-Birkenau und wird kurz vor Kriegsende in die Konzentrationslager Mauthausen und Gunskirchen verlegt.

Bei seiner Befreiung am 5. Mai 1945 sind er und eine Schwester die einzigen aus seiner Familie, die den Holocaust überlebt haben. Noch stark unter dem Eindruck des Erlebten, beschreibt und verarbeitet er in den ersten Jahren nach dem Krieg vor allem in Zeichnungen seine traumatischen Erlebnisse. Oft signiert er in dieser Zeit noch mit seiner auf den Arm tätowierten Häftlingsnummer. Doch Bacon wollte und will sich nicht auf die Auschwitz-Thematik reduzieren lassen. Dennoch ist sie für ihn stets präsent und fließt immer noch in seine Arbeit ein – nicht als dokumentierte Erinnerungen, sondern als Andeutungen, wie er selbst sagt, „ganz verschlossen, ganz versteckt“.

Schon kurz nach Kriegsende verfolgt er während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Prag als Privatschüler bei Professor Willy Nowak an der dortigen Kunstakademie seine künstlerischen Ambitionen. 1946 schließlich nimmt er nach seiner Übersiedlung nach Palästina in Jerusalem das Studium an der Bezalel-Kunstakademie auf. Hierher kehrt er 1959 auch als Professor für Zeichnen und Grafik zurück. Seit seiner Emeritierung im Jahr 1994 lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in Jerusalem.

Nur selten finden sich Zeichnungen, zumal zeitgenössische, deren Duktus einen derartig bewegten Schwung und eine spannungsgeladene Beherrschung des Zeichengrundes offenbart, wie die von Bacon. Mit unermüdlichem Fleiß hat er vor allem das Medium der Zeichnung genutzt, um „das Leben abzubilden“, wie er selbst gesagt hat. Dabei hat er einen gänzlich eigenen Stil entwickelt, der durch die spontanen Impulse der linienbetonten, mitunter auch schriftartigen Elemente des Feder- oder Pinselstrichs oft eine tänzelnde Leichtigkeit mit bisweilen sogar humorvollem oder gar karikaturistischem Tonfall erzeugt.

Entwickeln sich anfänglich seine Gemälde noch stark aus kubistisch anmutenden, in der Fläche verspannten Formelementen sowie einer reservierten Farbigkeit in klar voneinander getrennten Farbfeldern, so lösen sich diese eher strengen, starren Konturen zunehmend auf und werden zu einem System von lockeren Bögenschwüngen, die den Malgrund wie ein zartes Raster überziehen. Überlagerungen und Durchdringungen schaffen eine nun vermehrt räumliche Atmosphäre kaleidoskopartig verflochtener Farbbereiche und Bedeutungsebenen. Dem geduldigen Auge des Betrachters geben sich nach und nach aus mehrfach gebrochenen Blickwinkeln zahllose Gesichter oder Figuren zu erkennen. Meist chiffrenhaft zu Punkt, Komma und Strich reduziert und dennoch von berührender Lebendigkeit. Der reiche Fundus an Formen, der sich durch die Überschneidungen und Verschränkungen ergibt, wird durch Punkt und Strich zum Leben erweckt. So entpuppt sich das Farbgewebe des ersten Anblicks letztendlich als „unendlicher“ Mikrokosmos, angefüllt mit Gesichtern, Erzählungen, Erinnerungen, Fantasien oder versteckten Hinweisen, wie beispielsweise einem Schornstein, aus dem roter Rauch aufsteigt.

In Bacons Mischtechniken auf Papier lassen sich vor allem zwei unterschiedliche Herangehensweisen erkennen. Auf größeren Blättern arbeitet er mit dem Pinsel in sehr vereinfachten Formen Figuren und Gesichter heraus, die miteinander in Beziehung stehen. Sie erzählen Geschichten, die aber nicht eindeutig zu deuten sind und es der Fantasie des Betrachters überlassen, sie mit Inhalt zu erfüllen. „Jeder findet das, was er darin sucht“, sagt Bacon über seine Arbeiten.

Einen genauen Blick auf den Menschen und Künstler bietet das 2015 erschienene Buch „Jehuda Bacon. Malerei und Grafik". Das aufwändig gestaltete, 240 Seiten starke, gebundene Werk ist zum Preis von 34,80 Euro über das Kunstreferat der Diözese Würzburg, Telefon 0931/38665640, E-Mail kunstreferat@bistum-wuerzburg.de, zu bestellen sowie im Museum am Dom erhältlich.

(3119/0848; E-Mail voraus)

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