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Musik nah am persönlichen Glauben

Neues Geistliches Lied entwickelt sich seit über 50 Jahren weiter – Liturgiereferentin Ruth Weisel: „NGL ist lebensweltorientiert und vielfältig“ – Workshops und Unterstützung für Bands und Chöre

Würzburg (POW) Neueste soziologische Studien, wie etwa die Shell- oder Sinus-Studie, belegen, dass Musik ein Schlüsselelement des Zugangs zu Kultur und Religion ist. Ruth Weisel, Referentin für Neues Geistliches Lied und Kinderliturgie im Liturgiereferat der Diözese Würzburg, kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Sie befürworte die Gottesdienstgestaltung mit Neuen Geistlichen Liedern, da diese einen intensiven Zugang zur Religion gewähren. „Neues Geistliches Lied bietet Inhalte und musikalische Stile an, die Musiker und Zuhörer in ihrem ganz subjektiv empfundenen Glauben, aber auch in ihren Zweifeln und Gefühlen abholen“, erklärt sie. Das erste Neue Geistliche Lied (NGL) wird auf das Jahr 1955 datiert. Mittlerweile hat sich die musikalische Richtung zu einer eigenen Gattung entwickelt und hält zunehmend Einzug in Gottesdienste. Merkmale sind eine gegenwartsbezogene Sprache, aktuelle Inhalte und Bandinstrumente.

Weisel ist seit April 2016 im Würzburger Liturgiereferat tätig. Zuvor studierte sie Musikpädagogik in Nürnberg und schloss im Jahr 2015 in Bayreuth mit dem Master in „Musik und Performance“ ihre Ausbildung ab. In ihrer Heimatdiözese Bamberg spielte und sang sie in Bands, die Gottesdienste und Konzerte mit Neuen Geistlichen Liedern gestalteten. Bereits vor ihrem Studium habe sie Workshops und Weiterbildungen für Bands organisiert. „Dann wollte ich mehr über Musik, Arrangement und Gestaltung erfahren. Ich dachte mir einfach: ‚Ich kann das, das macht mir Spaß‘“, sagt Weisel. Wo sie das Musikstudium hinführen würde, darüber habe sie sich keine Gedanken gemacht. „Ich arbeite gerne praktisch und künstlerisch.“ Neben Harmonielehre und Komposition standen Praxiseinheiten im Studienplan, in denen sie bereits als Studentin verschiedene zielgruppenspezifische Musikworkshops organisierte und durchführte.

„In den 1970er Jahren war das Neue Geistliche Lied noch sehr kirchenpolitisch orientiert. Die Menschen wollten die Kirche und ihre Musik von Grund auf erneuern“, erklärt Weisel. Damals wie heute orientieren sich Neue Geistliche Lieder an der gesamtgesellschaftlichen Situation, aktuellen Themen und dem Zeitgeist. „Neues Geistliches Lied ist sehr subjektiv geworden. Die Komponisten orientieren sich heutzutage an der Lebenswelt der jungen Menschen und beziehen sich oft auf tiefgreifende, existentielle Fragen.“ Es werde eine ganz individuelle Beziehung der Menschen zu ihrem Glauben thematisiert. „Wie fühle und erlebe ich Kirche?“ oder „Was lässt mich zweifeln?“ sind Fragen, die Neue Geistliche Lieder zu beantworten versuchen. „Das kann die jungen Menschen abholen, weil sie sich mit solchen Themen identifizieren“, erklärt Weisel. Aktuelle Hörgewohnheiten spielen bei der Komposition immer eine Rolle. „Popularmusik, Hip-Hop, Funk oder Rock sind musikalische Richtungen, die in das Neue Geistliche Lied einfließen. Diese Musik ist lebensweltorientiert und vielfältig“, erzählt Weisel.

Vernetzung sei das A und O ihrer Arbeit. Weisel arbeitet mit Vertretern verschiedener Diözesen, deren Jugendreferenten und Kirchenmusikern deutschlandweit zusammen. Sie setzen sich gemeinsam für die Weiterentwicklung des Neuen Geistlichen Liedes als festen Bestandteil der Kirchenmusik ein. „Ich bin ständig auf der Suche nach Kooperationen, um projekt- und themenspezifischer arbeiten zu können“, sagt Weisel. Den größten Teil ihrer Arbeit nimmt die Verwaltung ein. Um Fortbildungsprogramme und Fördermöglichkeiten zu planen, koordiniert sie ein Team von Referenten. „Ich muss auch immer neue geeignete Leute für mein Team finden. Es reicht nicht, nur guter Musiker zu sein. Man muss auch ein fähiger Pädagoge und fachkundig im liturgisch-theologischen Bereich sein.“ Um breit aufgestellt und fachkompetent arbeiten zu können, hat sie ihr Team von sechs auf 16 Referenten vergrößert.

„Die Liedmelodie geht ins Ohr, der Rhythmus in den Körper. Das führt zu einem anderen, intensiveren Gottesdienst- und Gemeinschaftserlebnis“, erklärt Weisel. Trotzdem dürfe die Botschaft dahinter nicht verloren gehen. „Neues Geistliches Lied ist keine reine Konzertmusik, sondern zum Einbinden in den Gottesdienst gedacht. Sie dient dem Lobpreis.“ Der dahinterstehende Gedanke sei immer die Frage: „Wie kann ich Gott für die Menschen zugänglich machen?“ Die Menschen würden mit NGL‑Musik in ihren individuellen Lebenswelten emotional und inhaltlich aufgegriffen, sodass sie sich darin finden. Gottesdienstmusik sei wie Filmmusik: Es gebe eine weitere, untermalende Erzählebene, die dem Wortlosen Ausdruck verleiht.

Seit jeher bestehe der Vorwurf, Neues Geistliches Lied sei profan. Jedoch gebe es bei jedem Genre Qualitätsunterschiede. „Es gibt komplexe und einfache Lieder. Aber das ist auch wichtig, weil es ganz verschiedene Anlässe und Musiker gibt, die sich mit ihren Ansprüchen das jeweils Passende heraussuchen können“, sagt Weisel. Inhaltlich und musikalisch müsse beispielsweise ganz anders entschieden werden, wenn es sich um einen Jugend- oder Familiengottesdienst handele. „Es braucht diese Vielfalt.“

ch (POW)

(5017/1335; E-Mail voraus)

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