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Nach 20 Jahren wieder Kirchenneubau

Neue Pfarrkirche in Waigolshausen ist auf Zukunft ausgerichtet – Kontroversen im Vorfeld sind vergessen – Modernes und Historisches harmonisch vereint – Kunstreferent Lenssen: Gotteshaus nach außen als Schutzraum wahrnehmbar

Waigolshausen (POW) Zeitgemäß in der Formensprache und von der Größe an die veränderte Zahl der Gottesdienstbesucher angepasst: So präsentiert sich die neue Pfarrkirche Sankt Jakobus in Waigolshausen (Landkreis Schweinfurt). Der Bau in der gut 1200 Katholiken zählenden Gemeinde ist die erste neu errichtete Kirche im Bistum Würzburg seit der Kirchweihe von Herz Jesu in Maroldsweisach 1995. Die Gesamtkosten belaufen sich auf zirka vier Millionen Euro. Hierzu zählen auch die statische Sanierung des historischen Turms und die Kosten für archäologische Untersuchungen. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann weiht das Gotteshaus am Sonntag, 15. März, bei einem Pontifikalgottesdienst ein.

Von außen erblickt der Betrachter einen Kubus mit einer Fassade aus Eibelstädter Muschelkalk, aufgebrochen von einem konkaven goldfarbenen Bereich für das Eingangstor. Im Inneren dann die Überraschung: Ein gläsernes Lichtband an der Decke leitet den Blick zum Altarbereich. Dessen zentraler Schmuck ist der barocke Altar. Der Kirchenraum selbst ist ein Halbrund, die Kirchenbänke sind im Halbkreis um den Zelebrationsaltar angeordnet. „Die Kirche zeigt sich nach außen hin bewusst als ein Schutzraum für diese aktuell unruhige Zeit“, erklärt Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Kunstreferent des Bistums Würzburg. Zum ersten und einzigen Mal hat er federführend – in enger Zusammenarbeit mit Architekt Benedikt Gerber aus Mühlhausen – das Konzept für ein neues Gotteshaus entworfen, stets in enger Absprache mit den Verantwortlichen vor Ort. „Wir sind froh und dankbar, dass Domkapitular Lenssen trotz aller Diskussionen und Kontroversen im Bauverlauf so konsequent geblieben ist. Jeder, der das Ergebnis sieht, hat ein Aha-Erlebnis“, erklärt Kirchenpfleger Herbert Hammer.

Die vergleichsweise geringe Zahl von 220 Sitzplätzen sorgt laut Lenssen dafür, dass der Tendenz vieler Christen, im Gottesdienst Abstand zum Nachbarn zu suchen, entgegengewirkt wird. Damit sich die Gläubigen auch in der neuen Kirche zuhause fühlen können, seien bewusst viele Elemente aus der Geschichte in die neue Kirche integriert worden. So findet sich in der dem Kirchenraum auf der rechten Seite vorgeschalteten Werktags- und Taufkapelle mit 45 Plätzen ein Taufstein aus der Echterzeit. Eine Marienfigur, die zur Neuausstattung der Vorgängerkirche aus den 1960er Jahren gehörte, ist zentrales Element des neu gestalteten Kirchenvorplatzes. Verschiedene Elemente zeitgenössischer Kunst geben der Kirche ihren eigenen Charakter: Neben Ambo und Altar nach Entwürfen Lenssens prägt vor allem das längliche Dachfenster von Jacques Gassmann den Raum. In die halbrunde Rückwand eingelassen sind Vitrinen mit versilberten Kreuzweg-Plastiken aus Terrakotta von Mutsuo Hirano.

Der Vorgängerbau aus dem Jahr 1961 musste abgerissen werden. Mit 660 Sitzplätzen und über 700 Stehplätzen war das Bauwerk damals extrem großzügig dimensioniert worden. Viel zu groß für die inzwischen durchschnittlich 150 Gottesdienstbesucher an einem Sonntag. Das Beheizen im Winter war ein schier unmögliches Unterfangen. Als gravierende Schäden am Dach und den Wänden auftraten, taten sich neue Schwierigkeiten auf: Die geschätzten Kosten für eine Sanierung überstiegen schnell eine Million Euro, der Architekt untersagte zudem aus künstlerischen Gründen die für eine nachhaltige Lösung wesentlichen baulichen Veränderungen. „Es war absehbar, dass unter diesen Bedingungen der Unterhalt der Kirche unsere Pfarrei auf die Zukunft hin deutlich überfordert hätte“, sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzender Johannes Kling. Dennoch sei in der Gemeinde die Wehmut beim Abriss groß gewesen. „Die Emotionen sind hochgekocht, da viele persönliche Erinnerungen mit ‚ihrer‘ Kirche verbanden“, berichtet der damalige Kirchenpfleger Matthias Weißenberger. Viele Kritiker hätten bei den Abbrucharbeiten vorbeigeschaut und die schweren Schäden im Beton mit eigenen Augen gesehen. „Das hat dann viele von der Notwendigkeit überzeugt.“ Dank hochwertiger Dämmung sowie moderner Fußbodenheizung und Belüftung sind auch die künftigen Betriebskosten überschaubar – ganz nach dem Motto: „Wir bauen Zukunft“, unter das die Pfarrgemeinde das Bauprojekt gestellt hat.

Für die Steigerung der Baukosten um fast eine Million Euro gegenüber den ursprünglichen Berechnungen sind laut Architekt Gerber zwei Gründe zu nennen: Zum einen wurden unter der Bodenplatte der abgerissenen Kirche bei den Fundamentarbeiten nahezu 400 Skelette entdeckt, die dort auf einem früheren Friedhof bestattet waren. Sie alle mussten archäologisch erfasst werden. Das führte zu einer mehrmonatigen Bauverzögerung. Um Transparenz zu schaffen, gab es daher von Februar bis Sommer 2013 regelmäßig mittwochs Führungen für Interessierte. Außerdem stellte sich heraus, dass die Statik des historischen Kirchturms komplett überarbeitet werden musste. 

Angesichts des Ergebnisses sind die Schwierigkeiten der Bauzeit so gut wie vergessen. Pfarrer Volker Benkert freut sich, dass das Provisorium der Gottesdienste im Pfarrsaal bald ein Ende hat. „Ich bin sehr zufrieden mit der neuen Kirche. Meine Hoffnung und mein Wunsch ist, dass die Menschen wieder hierher kommen, die in der Bauzeit den Pfarrsaal gemieden haben.“

mh (POW)

(1115/0237; E-Mail voraus)

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