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Nachruf für Dekan Dr. Klaus-Peter Kestler

Ansprache von Pfarrer Hermann Becker, stellvertretender Dekan des Dekanats Lohr am Main, beim Requiem am 17. November 2006 in der Seminarkirche Sankt Michael in Würzburg

Sehr geehrte Frau Kestler, sehr geehrte Angehörige, liebe Mitbrüder, liebe Trauergemeinde!

Mit 109 Jahren verstarb in dieser Woche Konrad Fuchs, der älteste katholische Priester Deutschlands. 47 Jahre stand er im Dienst der Kirche. Klaus-Peter Kestler war gerade halb so alt, als er am vergangenen Samstag früh aus dem Leben schied. Am 27. Januar 1990 wurde er von Bischof Paul-Werner Scheele zum Priester geweiht, hier in Sankt Michael war die Dankandacht. Hier haben wir jetzt für ihn das Requiem gefeiert. Viele können es noch nicht begreifen! Keine Frage – er wird fehlen!

Er tut es ja schon – in den Gemeinden in Lohr, für die er Pfarrer war und vor allem Seelsorger sein wollte; in der Schule, in die er trotz seiner vielen Aufgaben ging, ja gerne ging; im Dekanat Lohr, wo er seit dem Jahr 2000 Dekan war; – und sicher auch im Bistum: bei den Dekanekonferenzen, im Priesterrat, bei den Treffen auf Diözesanebene. In vielen Bereichen wirkte und engagierte sich Dr. Klaus-Peter Kestler – als Priester, als Lehrer, als Moderator, als Dekan – oft als Motor, der manches und manche in Bewegung brachte. Er war ja nicht zu übersehen – und wenn er wollte, auch nicht zu überhören.

Und er erhob seine Stimme – leidenschaftlich, wenn es darum ging, etwa die Lehre der katholischen Kirche zu vertreten; oder das Recht auf Leben zu schützen, für Ungeborene ebenso wie für alte Menschen; oder rechtsradikalen oder antisemitischen Meinungen entgegenzutreten, die sich in der Vergangenheit gerade in Lohr breit machten. Anlässe und Herausforderungen gab es also genug. Dr. Kestler scheute nicht die Auseinandersetzung.

Er liebte es, mit den Schülern in der Schule und mit Jugendlichen überhaupt zu diskutieren und zu streiten, im guten Sinn. Predigten, Seminare, Foren waren bevorzugte Orte, wo er seine Überzeugungen einbringen konnte und immer wieder die Verbindung von Naturwissenschaft und Theologie suchte, Brücken zu schlagen versuchte, dabei aber immer auch klar die katholische Position vertrat.

Wir alle wissen: Er war Doktor der Medizin. 13 Jahre widmete er sich dem Studium und dann der Anwendung der Medizin, bis zum Facharzt für Chirurgie bildete er sich weiter – um mit 33 Jahren noch einmal ganz von vorne anzufangen: Theologiestudium, Eintritt ins Priesterseminar, Ausbildung zum Priester und Pfarrer. Bis zuletzt aber blieb er auch der Medizin verbunden. Daher sein besonderes Interesse für Fragen der Gentechnik, der Lebensverlängerung um welchen Preis, der Hirnforschung, usw.

Nach den Kaplansjahren in Lohr von 1990 bis 1992 wirkte er als Krankenhausseelsorger im Nervenkrankenhaus in Lohr und konnte seine beiden Ausbildungen verbindend einsetzen. 1997 schließlich übernahm er die Pfarrstelle von Sankt Michael in Lohr, wozu Rodenbach und Wombach gehören; am 1. Oktober 2000 kamen noch Lohr-Sankt Pius mit Sackenbach dazu – es war das selbe Jahr, in dem er auch Dekan wurde. Mit großer Souveränität bewältigte er diese Aufgaben, nicht alleine natürlich, sondern eingebunden in den Kreis motivierter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – „Kooperative Pastoral“ genannt.

Keine Frage: Der Pfarrer und Dekan Klaus-Peter Kestler hatte viele Stärken. Heute frage ich mich aber auch: Waren seine Stärken auch seine Schwächen? Wir haben ihn als beredt und schlagkräftig erlebt, seine Predigten waren „berühmt“, seine Stimme nicht nur honorig, bisweilen Ehrfurcht weckend, sondern es saß auch jedes Wort. Ließ der starke Intellekt aber auch dem Herzen genug Platz, dem Empfinden, dem Fühlen? Manchmal wünschte ich ihm ja: „Mensch, Klaus-Peter, könnst' es nit auch ein bisschen einfacher sagen?!“ Er ließ nur wenige Menschen an sich heran, und an dem teilhaben, was auch ihn beschäftigte, woran er litt, was ihn schmerzte. Wie eine Säule stand er bisweilen aufrecht, Orientierung für andere, ein Fels in der Brandung – war er aber am Ende auch so einsam wie ein Fels, wie eine Säule?!

Keine Frage – er wird fehlen! In seiner Originalität; als ein Mann, an dem man sich reiben konnte, als der Klaus-Peter, der mit seiner ganzen Persönlichkeit das Dekanat geführt und geprägt hat, der für Jugendliche wie für Senioren, für die Mitarbeiter wie für die Ehrenamtlichen zuhörender Ansprechpartner, korrekter Vorgesetzter, sympathischer Begleiter war.

„Die letzte deiner Nächte möge von tausend Lichtern erhellt sein“,

so fand ich einen irischen Segensspruch.

In seiner letzten Nacht war es so dunkel geworden, dass Dr. Kestler nichts mehr sah – keinen anderen Weg, kein Licht, keine Hand, die ihn hätte weiterführen können, unter uns. Wir bleiben betroffen zurück, mit vielen Fragen. Viele mit Tränen in den Augen, manche vielleicht auch mit Wut im Bauch, wie und warum alles so gekommen ist.

Gebe Gott ihm den Frieden, den er hier nicht mehr fand. Tausend Lichter sollen seine Suche erhellen und ihn zum Ziele führen.

(4706/1661; E-Mail voraus)