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Neues Impfzentrum für Obdachlose

An jedem Donnerstag impfen Ärzte in der Würzburger Wärmestube Menschen ohne festen Wohnsitz gegen Corona – Christophorus-Gesellschaft sucht Spender

Würzburg (POW) Dass er nach seiner Haftentlassung in einer solchen Zwickmühle stecken würde, hätte Benno T. nicht gedacht. Seit Monaten sucht er eine Arbeit und eine Wohnung. Immerhin ein Problem ist nun gelöst: Benno T. wird sich in Kürze gegen Covid-19 impfen lassen können, und zwar in der Würzburger Wärmestube. Dort wurde vor kurzem ein Impfzentrum für alle wohnungslosen Menschen in Würzburg etabliert, teilt die ökumenische Christophorus-Gesellschaft mit. Zu verdanken sei das dem Würzburger Neurochirurgen Dr. Horst Poimann. Er stellt die Impfdosen zur Verfügung.

Wenn Obdachlose sich gegen das Coronavirus impfen lassen möchten, gebe es für sie in der Regel ein großes Problem, erklären Julia Abler und Andreas Schick vom Medizinischen Projekt der Wärmestube: Um die Impfung im kommunalen Impfzentrum oder bei einer Arztpraxis zu erhalten, müsse man versichert sein. Im Impfzentrum in der Wärmestube ist das nicht nötig. Hier können sich auch Menschen impfen lassen, die, warum auch immer, gerade keinen Krankenversicherungsschutz haben. Außerdem gibt es Hilfe beim Ausfüllen des Anamnese-Fragebogens.

Auch wenn Corona wohl noch längere Zeit das gesundheitliche Topthema bleiben werde, dürfe die seelische Not von Menschen, die auf der Straße gelandet sind, nicht aus dem Blick geraten, sagt Schick. Seine Idee, ein Netzwerk zur psychotherapeutischen Versorgung aufzubauen, ließe sich jedoch nur realisieren, wenn die Projektlaufzeit verlängert wird. Dafür sei weitere finanzielle Unterstützung nötig. Hierfür werben Schick und Abler. Wer sich näher über das Medizinische Projekt informieren möchte, hat dazu am Samstag, 3. Juli, ab 10 Uhr bei einem Info-Stand am Würzburger Vierröhrenbrunnen Gelegenheit.

Den Anstoß für das Medizinische Projekt gab die Erkenntnis, dass kranke Obdachlose Begleitung benötigen. Vor genau einem Jahr fiel der Startschuss. Noch bis November fördert das Bayerische Sozialministerium die Initiative für Menschen, die, wie Benno T., in Armut leben und krank oder von Krankheit bedroht sind. Inzwischen fand das Projekt viele Unterstützer. Nicht zuletzt Ärzte, die ehrenamtlich in der Wärmestube Dienst tun. Neurochirurg Poimann ist der neueste ärztliche Kooperationspartner. „Ich habe bereits einzelne Obdachlose in meiner Praxis geimpft“, sagt der Arzt. Von der Idee, in der Wärmstube ein Impfzentrum für Wohnungslose zu etablieren, war er sofort begeistert.

Das Team vom Medizinischen Projekt bewältige seit Juli 2020 eine Vielzahl von Aufgaben. Kaum ein Tag vergehe, in dem nicht zumindest eine kleine medizinische Hilfe geleistet wird, erklärt Abler: „Und sei es nur, dass wir Pflaster herausgeben.“ In jüngster Zeit seien mehrere Obdachlose mit Wunden gekommen, die lange unversorgt waren und deshalb fast zu einer Sepsis geführt hätten. Bei einem Wohnungslosen stand sogar eine Amputation des Beins im Raum. Dank der Ärzte aus der Wärmestube wurde dies gerade noch verhindert. Dass es so weit habe kommen können, liege an den extrem schwierigen Lebensumständen der Wärmestube-Gäste.

Man müsse stark wie ein Baum sein, um das Leben auf der Straße auszuhalten. Die meisten Obdachlosen seien das nicht. Vielmehr seien sie vom Leben auf der Platte, von oft ungesunder Ernährung und häufig auch aufgrund einer Suchterkrankung geschwächt. Obdachlos zu sein, erklärt Schick, heiße für die betroffenen Männer und Frauen, täglich ums Überleben zu kämpfen. Wo bekommt man was zu essen her? Wo schläft man in der Nacht? Gesundheitliche Probleme würden zunächst ignoriert. Auch scheuten sich viele, zum Arzt zu gehen. Nicht ganz zu Unrecht, sagt Abler: „Es gibt niedergelassene Ärzte, die keinen Obdachlosen in ihrem Wartezimmer haben möchten.“

Über jene Ärzte, die das Medizinische Projekt unterstützen, ist Abler umso dankbarer. Dazu gehört die Würzburger Ärztin Dr. Hanne Steinbach, die sich für die Impfaktion engagiert. „Obdachlose und Bewohner von Einrichtungen für Wohnungslose gehören der Priorisierungsgruppe 2 an und sollten längst die Möglichkeit zur Covid-19-Impfung erhalten haben“, betont sie. Hervorragend ist für Steinbach die Kooperation mit dem Team des Medizinischen Projekts. Es informiere über die Impfung, bespreche mit den Klienten den Aufklärungsbogen, nehme Ängste und kümmere sich darum, dass die ausgemachten Impftermine eingehalten werden.

Weil fast jeder Wohnungslose eine chronische Krankheit habe, sei das Medizinische Projekt so wichtig. Viele litten körperlich. Sie hätten es mit dem Herzen oder auf der Lunge. Viele kämpften mit seelischen Problemen, litten unter Depressionen, Ängsten oder hätten eine Suchterkrankung. Das Projektteam wolle in Zukunft vor allem auch die psychotherapeutische Versorgung von Wohnungslosen verbessern.

(2521/0591; E-Mail voraus)

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