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Dokumentation

„Nicht Gewalt ändert die Welt, sondern Liebe“

Predigt von Weihbischof Ulrich Boom beim Pontifikalgottesdienst zum Mozartfest am Sonntag, 22. Mai 2022, im Würzburger Kiliansdom

„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch“ (Joh 14,17). Welch eine Zusage, welch einen Zuspruch, den Jesus den Jüngern und Jüngerinnen damals und uns heute im Johannesevangelium gibt. An Aktualität ist nichts verlorengegangen. Die Mächtigen der Welt versuchen zwar, durch Verträge und Vereinbarungen Frieden zu schaffen und zu erhalten. Wie begrenzt und gefährdet unser menschliches Bemühen ist, erfahren wir in diesen Wochen und Monaten. Es berührt uns zurzeit mehr als in der Vergangenheit, weil der Krieg und die damit verbundene Gewalt so nah gerückt sind. Kriege gab es immer, auch wenn wir in unserem Land über 75 Jahre Frieden hatten. Wir hatten Frieden, auch das muss gesagt sein, weil Konflikte und Spannungen, die bisweilen uns betrafen und die oft einen Grund in der Weltwirtschaft haben, anderswo ausgetragen wurden und werden.

Dann sind da noch der Unfriede und die Unzufriedenheit in unseren Lebensräumen und in unseren Herzen. Es ist die Angst, die uns den inneren Frieden raubt. Hab ich genug zum Leben? Bin ich angenommen? Es ist das Misstrauen, das den Frieden verhindert. Darf ich sein, wer ich bin? Werde ich von meinem Gegenüber gerecht behandelt? Unsere große und kleine Welt ist geprägt von Angst und Misstrauen. So ist alles Bemühen um Frieden gefährdet, bisweilen sogar unmöglich.

Aber Jesus ermutigt. „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht … Ich gehe zum Vater“ (Joh 14,17.18). Jesus ist bei dem und in dem, von dem alles Leben kommt und der alles Leben trägt und hält, Gott, den wir Vater nennen dürfen und dessen Kinder wir alle sind. Das macht unsere Konflikte und Kriege nicht ungeschehen, aber das gibt unserem Leben eine andere Perspektive. Nicht Krieg und Ungerechtigkeit sind das letzte Wort, sondern Gerechtigkeit und Friede. Im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu ist uns das bezeugt. Gott ist in Jesus von Nazareth Mensch geworden, um uns seine Liebe zu zeigen und dass er zu den Menschen steht, welche Geschichte sie haben und Geschichte sie machen und schreiben. Gott ist ein Gott des Lebens, nicht des Todes. Noch einmal: Das nimmt nicht die Tragik aus unserem Leben, aber Gott lässt uns nicht zugrunde gehen. Dunkel und Tod haben nicht das letzte Wort.

Die Lesung aus der Offenbarung des Johannes beschreibt in der Vision die Zukunft, die von Gott kommt. Es ist „die heilige Stadt Jerusalem“ (Offb 21,10). Stadt meint Geborgenheit; Jerusalem heißt der Ort, wo Friede gegründet ist, der Grund, auf dem alles Zusammenleben gründet. Das irdische Jerusalem ist eher das Bild dafür, wie schwer wir uns tun, in aller Verschiedenheit miteinander und füreinander zu leben. Friede ist da, wo Geborgenheit geschenkt wird und der Mensch nach allen Seiten ein- und ausgehen kann: eine große hohe Mauer, zwölf Tore, zu allen Richtungen drei (vgl. Offb 21,12.13). Wo Gott ist, da ist Freiheit. Es gibt keinen Tempel, einen Ort besonderer Heiligkeit. Alles ist heil und heilig. Gott ist der Tempel. Er wird nicht an einen Ort festgemacht, er ist überall (vgl. Offb 21,11). Wo Gott ist, ist alles erleuchtet und lichtdurchflutet. Da braucht es weder Sonne noch Mond (vgl. Offb 21,23). Das ist das ewige Ostern. Diese Hoffnung machen wir in den 50 Tagen der Osterzeit in unseren Herzen fest. Das vergegenwärtigen wir uns bei allem Versagen und Scheitern in Kirche und Welt an jedem Sonntag, dem wöchentlichen Osterfest, damit wir nicht in einer Hoffnungslosigkeit untergehen.

Die Lesung aus der Apostelgeschichte erinnert uns daran, dass die Botschaft von der Auferstehung des Herrn, dass Gott stärker ist als all das, was tot macht und den Tod bringt, ihren Lauf nimmt vom leeren Grab vor den Toren Jerusalems über die antiken Städte von Wirtschaft und Wissenschaft in der damaligen Welt bis hin zum Zentrum der Macht und der Machenschaften in Rom. Das gilt auch heute. Es gibt kein Leben ohne Konflikte und Auseinandersetzung (Apg 15). Davon spricht die Lesung am heutigen Tag. Aber eben nicht unsere menschlichen Gesetze, die oft Abgrenzung bedeuten, retten die kleine und große Welt, sondern einzig und allein die Gnade Christi. Die äußert sich in Haltung und Umgangsstil untereinander. Leben gelingt in der geschwisterlichen Rücksichtnahme und Annahme der Schwachen und der Schwächen, die wir selbst und andere haben. Nicht durch Gewalt ändert sich die Welt, sondern nur durch Liebe. Das meint Gnade Christi. Wir sind geliebt und angenommen aus Gnade, gratia, gratis, ohne unser Verdienst und Vermögen.

Das Evangelium von der bedingungslosen und vorbehaltlosen Annahme des Menschen schenkt Frieden. Dieses Evangelium nimmt bis in unsere Tage seinen Lauf. Oft sagt die Musik mehr als tausend Worte. Zum Mozartfest in unserer Stadt bitten und beten wir heute mit den Kompositionen von Franz Schubert, dessen 225. Geburtstag wir in diesem Jahr begehen, und Wolfgang Amadeus Mozart. Beide hatten nur eine kurze Lebenszeit, gut drei Jahrzehnte. Auf Mozart folgte Schubert. Beider Leben kennt Lebensfreude, aber auch Tragik. Sie haben uns mit ihrer Musik eine Welt aufgeschlossen, die uns den Unfrieden, in dem wir leben und den wir verursachen, vergessen und den Frieden erahnen lässt, den uns Jesus schenken will. Legen wir unser Bitten und Beten um Frieden heute besonders in das Agnus Dei dieser Messe: Lamm Gottes, erbarme dich unser, gib uns deinen Frieden. Dona nobis Pacem. Amen.