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„Nie so schöne Weihnachten erlebt wie im Kloster“

Interview mit Bruder Karl-Heinz Geyer und Pater James Patteril aus dem Claretinerkloster in Würzburg – „Die Welt ist so nah geworden“

Würzburg (POW) Sie feiern Weihnachten im Kloster: Bruder Karl-Heinz Geyer und Pater James Patteril sprechen im Interview über die Weihnachtstraditionen im Claretinerkloster und erinnern sich daran, wie sie Weihnachten in ihrer Kindheit verbracht haben.

POW: Wie haben Sie sich im Kloster auf Weihnachten vorbereitet?

Bruder Karl-Heinz Geyer: Sich im Kloster auf Weihnachten vorzubereiten, ist gar nicht viel anders als in der Familie. Ich habe schon Geschenke verpackt für jeden Mitbruder, für jeden Hausbewohner, für jeden Angestellten. Ich versuche, kleine Wünsche zu erfüllen und eine Freude zu machen. Nachher backt eine der Schwestern Plätzchen. Und wenn es dann so gut riecht, bin ich immer wieder versucht, in die Küche zu gehen und zu fragen, ob sie ein „Handicap“ hat. Also ein Plätzchen, bei dem etwas abgebrochen ist. Ich weiß noch, wie mir meine Mutter einmal fast böse war. Da habe ich zu ihr gesagt: „Du, ich habe noch nie so schöne Weihnachten erlebt wie im Kloster.“ Das hat sie richtig aus der Bahn geworfen. Das konnte sie gar nicht kapieren. Dann war sie im Altenheim im Zehnthof und wir haben sie an Heiligabend ins Kloster eingeladen. Als ich sie wieder zurückgebracht habe, hat sie zu mir gesagt: „Du, Karl-Heinz. Jetzt kann ich das verstehen, was du damals vor vielen Jahren zu mir gesagt hast.“

POW: Was genau gefällt Ihnen so gut an Weihnachten im Kloster?

Geyer: Die Atmosphäre. Im Kloster ist die Vorbereitung intensiv. Da geht es nicht nur um Geschenke. Es geht um die ganze religiöse Seite. Wir haben eine ganz tolle große Krippe hier im Haus, ich versuche mich in jede Figur reinzudenken: Was könnte ich jetzt als der Hirte oder als der Josef denken?  Wie spricht mich das an? Was kommen mir da für Gedanken?

POW: Die Weihnachtstage sind auch Arbeitstage für Sie. Haben Sie da Kontakt zu Ihren Familien?

Geyer: Wir telefonieren miteinander. Oder wir skypen. Da fällt mir ein: James hat uns einmal aus Indien angerufen, da muss ich heute noch lachen. Er hat nicht in die Kamera geschaut, wir haben immer nur seine Glatze gesehen.

Pater James Patteril: Als ich vor 20 Jahren aus Indien nach Deutschland kam, war das noch nicht so möglich. Telefonieren war zu teuer. Heutzutage ist zum Beispiel auch skypen möglich. Man kann sich sehen und miteinander sprechen, das hilft. Damals habe ich viel Heimweh gehabt, aber heute skypen wir, und es ist, als säßen wir uns wirklich gegenüber. Die Welt ist so nah geworden.

POW: Haben Sie ein Lieblingsweihnachtslied?

Geyer: Was wir hier in der Gemeinschaft auf jeden Fall singen ist „Stille Nacht“ und „Oh du fröhliche“. Diese Lieder singen wir auch bei der Bescherung. Und danach wird das Weihnachtsevangelium gesungen. Das geht schon unter die Haut.

POW: Wie läuft der Heiligabend ab?

Geyer: Seit drei Jahren feiern wir die Christmette um 16.30 Uhr. Unsere älteren Mitbrüder schaffen das nicht mehr, wenn die Mette so spät ist. Auch viele Ältere aus der Nachbarschaft kommen dazu. Die Kapelle ist rappelvoll. Danach ist dann Abendessen und Bescherung. Da sitzen wir dann noch ein bisschen beieinander bei einem guten Glas Wein und schönen Plätzchen. Und das ist das Schöne, wenn die Gemütlichkeit da ist und man nicht ständig auf die Uhr schauen muss.

POW: Wie verbringen Sie die Weihnachtsfeiertage?

Patteril: Wir arbeiten auch in den vielen Gemeinden in Würzburg. An den Feiertagen halten wir viele Gottesdienste.

Geyer: Meine einzige Tradition ist: am zweiten Weihnachtsfeiertag das Konzert im Dom besuchen. Ich bin lange im Domchor gewesen und bekomme eine Ehrenkarte für das Weihnachtsoratorium. Der zweite Feiertag, 16 Uhr, Dom. Wenn ich das nicht hätte, das würde mir sehr abgehen.

POW: Wie haben Sie in Ihrer Kindheit Weihnachten gefeiert?

Patteril: An Weihnachten ist in Indien nur der 25. Dezember frei. Eine Gruppe von rund zehn Leuten aus unserer Pfarrei ist von Haus zu Haus gezogen und hat singend die Weihnachtsbotschaft verkündet. Wir hatten eine Jesusfigur  dabei, die wir in eine selbstgebaute Krippe gelegt haben. Wir haben ein Gebet gesprochen, Lieder gesungen, eine Tasse Kaffee getrunken. Eigentlich schlafen wir nicht in der Nacht des 25. Dezembers. Wir mussten auch noch zur Kirche laufen, die war zwei Kilometer entfernt. Danach gab es dann immer eine große Feier.

Geyer: Wir haben jeden Adventssonntag  besonders gefeiert und Lieder für Weihnachten geübt. Das war ein Hinführen zum Heiligabend. Wir Kinder sind immer aufgeregter geworden, je kürzer der Abstand zum Weihnachtsfest wurde. Oft waren auch die Großeltern da. Das Weihnachtszimmer durften wir zehn Tage vor dem Fest nicht mehr betreten. Es wäre auch keiner auf den Gedanken gekommen, aus seinem Zimmer rauszugehen. An Heiligabend gab es immer Rippchen mit Kraut. Wenn ich das nur gerochen habe, habe ich mich einfach gefreut, weil das geheißen hat: Heute ist Weihnachten. Abends sind wir zusammen in die Christmette gegangen. Das war für uns Kinder ein Erlebnis. Wir waren stolz, dass wir so lange wach bleiben durften. Wir konnten nach der Bescherung sogar noch mit den Geschenken spielen. Ach Gott, das war der Himmel auf Erden.

POW: Erinnern Sie sich noch an ein besonderes Weihnachtsgeschenk?

Patteril: In der Kirche haben die Kinder an Weihnachten ein Geschenk von der Pfarrei bekommen. Das war eine gute Tradition. Es ist aber auch anders als hier in Deutschland. Wir bekommen und verschenken nichts Großes. Viele Familien sind arm. Aber trotzdem machen die Leute etwas Besonderes, sie kommen zusammen, sie feiern gemeinsam. Ich erinnere mich an ein Priesterseminar in Bangalore, da war es sehr kalt. Alle 20 Studenten haben jeweils einen Schal bekommen. Das hat uns sehr viel Freude gemacht.

Geyer: Ich habe mich immer auf die elektrische Eisenbahn gefreut. Und über das, was dazugekommen ist. Ein Wagen oder eine Lok zum Beispiel. Mein Vater hat die Eisenbahn vor Weihnachten aufgebaut, wunderschön. Und nach Weihnachten wurde sie wieder abgebaut und erst im nächsten Jahr wieder aufgebaut. Da hatte sie für mich natürlich einen ganz anderen Wert, als wenn wir sie das ganze Jahr über da stehen gehabt hätten.

POW: Haben Sie sich dieses Jahr etwas gewünscht?

Geyer: Im Kloster machen wir es seit einigen Jahren so: Es gibt eine Kleinigkeit vom Haus. Und jeder Bruder bekommt 50 Euro. Davon kann man sich einen Wunsch erfüllen oder erfüllen lassen. Manche von unseren Mitbrüdern können auch nicht mehr aus dem Haus.

POW: Welche Vorsätze haben Sie für das neue Jahr?

Geyer: Eigentlich gehe ich relativ entspannt ins neue Jahr. Natürlich sorgt man sich: Wie wird das neue Jahr? Wird jemand krank? Da ist auch Sorge um die Mitbrüder, gerade um die Älteren. Aber das ich jetzt mit Angst ins neue Jahr gehe – überhaupt nicht. Wir sind ja nicht allein. Wir haben einen Herrgott, der mitmischt und nicht sagt: Jetzt wurschtelt ihr mal schön da unten. Wir sind ihm ja nicht egal.

Patteril: Gott vertrauen, dann brauchen wir keine Angst haben. Wir sind sicher, dass er uns begleitet, seinen Segen gibt. Wir tun Missionsarbeit in seinem Sinne. Wir haben gepredigt, dass Gott unsere Hände und Füße für seine Arbeit benutzt, unsere Lippen, um zu sprechen. In dem Sinne haben wir keine Angst vor der Zukunft. Gott begleitet uns.

Interview: Bernadette Weimer (POW)

(5116/1399; E-Mail voraus)

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