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„Nur Engel backen besser“

Die Weihnachtsbäckerei der Ritaschwestern in Würzburg läuft auf Hochtouren – Stollen und jede Menge Plätzchen – Erfahrung und viel Liebe zum Detail

Würzburg (POW) Rollen, kneten und noch einmal neu formen: Mit flinken Händen walken Schwester Rita Joos (75) und Schwester Dolores Schneider (74) den schweren Hefeteig auf der Arbeitsplatte durch. Im Mutterhaus der Ritaschwestern in der Würzburger Sanderau liegen der Duft von in Rum eingeweichten Rosinen und die Wärme des großen Bäckerofens in der Luft. Es ist Stollenbacktag.

„Wir fangen jedes Jahr am Tag nach Allerseelen mit der Weihnachtsbäckerei an, damit alles rechtzeitig fertig wird“, erklärt Schwester Rita. Seit über 40 Jahren ist sie die Chefin in der klostereigenen Backstube. Zusammen mit ihrer Mitschwester Dolores, die zum Konvent im Exerzitienhaus Himmelspforten gehört, backt und verziert sie praktisch jeden Werktag kleine Köstlichkeiten für die Weihnachtszeit: Buttergebäck, Linzer Törtchen, Vanille-Hörnchen, Spritzgebackenes, Spitzbuben, Spekulatius, Haferplätzchen und viele andere. „Insgesamt machen wir so an die 18 Sorten“, sagt Schwester Dolores. Nicht zu vergessen: den Christstollen nach Art des Hauses. An die 90 Kilo Zutaten werden allein für dieses Gebäck pro Saison verbraucht, darunter jede Menge Orangeat, Zitronat und weihnachtliche Gewürze. Das genaue Rezept ist Klostergeheimnis.

Die 30 Kilogramm schwere Teigration für heute muss gerade ein wenig ruhen. Schwester Dolores nutzt diesen „Leerlauf“, um mit viel Geduld Rührteigmakronen zusammenzusetzen. Sie streicht die vorsichtig erwärme Nougatcreme auf die Bodenseite und fügt so zwei Teile zu einem „Nougattaler“ zusammen. Dabei achtet sie darauf, dass ein kleiner Rand übersteht. „Jedes Plätzchen soll ansprechend aussehen“, heißt die Maxime der beiden Zuckerbäckerinnen. Insgesamt 160 Personen versorgen sie mit ihren Produkten: die Schwestern im Mutterhaus und im benachbarten Altersheim, aber auch das Personal und die Kinder in der Kindertagesstätte und dem Kindergarten in der Friedrich-Spee-Straße. Außerdem Freunde und Wohltäter des Klosters sowie Notleidende, erzählt Schwester Rita.

Sie stammt aus Schallfeld im Landkreis Schweinfurt. Früher hat sie in verschiedenen Häusern gekocht, unter anderem in Luzern. Noch heute gerät sie ins Schwärmen, wenn sie von der Aussicht auf den Vierwaldstättersee erzählt. Später bekochte sie unter anderem die Patienten im Martha-Haus, der vor wenigen Jahren geschlossenen Belegklinik der Ritaschwestern in Würzburg. Das Backen wurde ihr wohl in die Wiege gelegt: Lang ist die Liste der Verwandten, die das Handwerk erlernten. „Von einem Bäckermeister aus der Familie habe ich auch das Rezept für den Christstollen.“

Küchenmeister Paul Gabel, Leiter der hauseigenen Küche, schaut kurz bei den Schwestern in der angrenzenden Backstube vorbei. Einst buken die Schwestern dort selbst Brot und Brötchen. Heute herrscht in der Backstube nur vor Weihnachten Betrieb, erzählt der Küchenchef: „Ich kümmere mich lediglich um den Einkauf der Zutaten, den Rest der Arbeit weiß ich bei den beiden Schwestern in allerbesten Händen.“ Und ab und zu dürfe er auch einmal ein paar Plätzchen verkosten – quasi als Qualitätsstichprobe, sagt er mit einem Schmunzeln.

Schwester Dolores holt derweil mit einer Teigspachtel große Batzen des Stollenteigs aus der großen Schüssel der Knetmaschine. Abgewogen in Stücke zu anderthalb und drei Pfunde reicht sie ihn an Schwester Rita weiter. Mit kreisenden Bewegungen und viel Armeinsatz formt sie daraus – sprichwörtlich im Handumdrehen – Kugeln. Als alle Stollen abgewogen sind, hilft auch Schwester Dolores mit. Kurze Zählpause, um zu überprüfen, ob auch genug große Stollen dabei sind. Dann wird der Teig erneut kurz geknetet und plattgedrückt, ehe die Ordensfrauen ihn jeweils zu einem dicken Strang formen.

190 Grad und ein bisschen Dampf, so wird der Backofen vom Typ „Monsun“ vorgeheizt. Schwester Dolores schwingt den Pinsel und trägt mit flotter Hand Trennwachs auf die großen Backbleche auf. Schwester Rita fängt schon einmal an, die Teigstränge mit einem speziellen Rundholz auszuwalzen. Vorn und hinten darf ein kleiner Wulst stehenbleiben, dann wird das Teigquadrat von vorne nach hinten umgeschlagen, der Teig mit den Fingerspitzen festgedrückt und aufs Blech gesetzt. „Ein Viertel des zugesetzten Fettes muss Schweineschmalz sein. Nur dann wird der Stollen auch richtig zart“, sagt Schwester Dolores, die gebürtig aus Poppenhausen (Landkreis Schweinfurt) kommt. Mit großer Hingabe versieht die gelernte Krankenschwester und Hebamme, die lange im Würzburger Stadtteil Zellerau in der mobilen Pflege wirkte, jeden Handgriff. Es ist augenfällig, wie eingespielt die beiden Schwestern bei ihrer Arbeit sind. Flugs sind zwölf Bleche bestückt und in den Ofen eingeschossen.

„Ein bisschen Muskelkater haben wir nach einem solchen Backtag schon“, gesteht Schwester Rita. Opfer müssten gebracht werden. Dass nicht alle Gebetszeiten tagsüber eingehalten werden können, wenn Weihnachten vor der Tür steht, sei ebenfalls nicht zu vermeiden. „Wenn ich in der Hauskapelle sitze und habe nur den Backofen in Kopf, dann fördert das auch nicht gerade die Andacht. Alles zu seiner Zeit!“, ergänzt Schwester Dolores.

Gut eine Stunde später sind die Stollen knusprig braun. Mit flüssiger Butter bepinselt, dürfen sie auskühlen. Mindestens 14 Tage werden sie jetzt noch reifen, in Frischhaltefolie verpackt. Dann erst haben sie das volle Aroma. Wie verkündet es ein Plakat neben dem Backofen, das ein Bäckermeister einst den Ordensfrauen schenkte? „Nur Engel backen besser!“

Markus Hauck (POW)

(5009/1467; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet

Rezept: „Most-Tee“

Als Getränk zu Plätzchen oder Stollen empfehlen Schwester Rita und Schwester Dolores den „Most-Tee“ nach Rezept der Ritaschwestern: 1 Liter trockenen Apfelwein, 0,3 Liter Schwarztee, einen Schuss Zitronensaft, den Saft einer kleinen Orange, eine kleine Zimtstange und eine Nelke erhitzen, nicht kochen lassen. Abseihen und heiß servieren.