Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Nur weil man sein Augenlicht verliert, verliert man nicht sein kulturelles Interesse“

Museum am Dom bietet mehrmals im Jahr inklusive Führungen an

Würzburg (POW) Als blinde oder sehbehinderte Person in ein Kunstmuseum gehen – macht das Sinn? Selbstverständlich. Das Museum am Dom in Würzburg bietet regelmäßig inklusive Führungen für genau diese Zielgruppe an. Für eine Gruppe von fünf Frauen hat Museumspädagogin Dr. Yvonne Lemke drei Kunstwerke aus der Dauerausstellung ausgesucht, um sie den Besucher/innen näher zu bringen: „Duisburg-Nord“ von Roland Schmitz, „Martyrium“ von Werner Stötzer und „Versuch einer Existenz – die äußerste Seite der Dunkelheit“ von Giovanni Manfredini.

Lemke teilt an die gemischte Gruppe mit sehenden, sehbeeinträchtigten und blinden Teilnehmerinnen Handschuhe aus, damit sie eine wichtige Museumsregel brechen können – sie dürfen die Kunstwerke anfassen. „Wie hat sich das für Sie angefühlt? Wie fühlt sich das Material an?“, fragt Lemke. „Es sind schon verschiedene Ebenen, eine Art Kreuzform“, sagt eine Besucherin. Lemke klärt auf, dass das Kreuz aus Bronze „Duisburg-Nord“ heißt, wie das gleichnamige Autobahnkreuz. Kein Zufall, da es das direkte Vorbild war. Es kommt gut bei den Teilnehmerinnen an: „Wie cool ist das denn?“ Auch das „Martyrium“ von Werner Stötzer aus Eichenholz und Wasserfarbe begeistert die Besucherinnen, die wieder tasten dürfen. „Also es sind drei Figuren“, errät eine der Frauen und tastet weiter: „Da ist ein Sitzender.“

Lemke bietet die Führungen für Blinde und Sehbehinderte einmal im Quartal an und wählt immer unterschiedliche Stücke aus, damit die Besucher sich nicht langweilen. Unter den Teilnehmern gibt es „Fans“ der Führung, die immer kommen, wann es ihnen möglich ist. Lemke berichtet, dass ihre „Stammkunden“ nicht nur aus der Würzburger Innenstadt, sondern aus dem gesamten Bistum kommen. Sogar mit Zug und Straßenbahn und auch ohne Begleitung. Dabei sind die Führungen für Sehende wie Sehbehinderte gedacht. Allerdings würden mehr sehbeeinträchtigte Personen zu den Führungen kommen.

Die inklusiven Führungen gibt es in dieser Form seit zwei Jahren. Damit stellt das Museum am Dom eine Besonderheit in der Stadt Würzburg dar. Es bietet als einziges solche Führungen offen, also ohne Anmeldung an. Jedes Mal kämen unterschiedlich viele Besucher. „Mal fünf, mal zehn, mal 15“, berichtet Lemke. Planen fällt deshalb manchmal schwer. Wenn viele Besucher kommen, muss Lemke vom Plan abweichen und andere Ausstellungsstücke aussuchen. „Viele sehen noch punktuell“, erklärt die Museumspädagogin. Hierfür wären vor allem die größeren Werke gut geeignet. Lemkes Führungen haben den Vorteil, dass jeder Besucher einen Stuhl bekommt, den er während der Führung mitnehmen und so die Werke sitzend genießen kann.

Dabei können die Besucher bei Weitem nicht alle Kunstwerke anfassen. Das erste Werk der heutigen Führung „Versuch einer Existenz – die äußerste Seite der Dunkelheit“ ist eine Mischtechnik aus Holz. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus gemahlenen Muschelschalen und Leim auf Hartholz, die zuerst mit einem Bunsenbrenner angezündet wurde, bevor der Künstler seinen Körper in die verbrannte Oberfläche drückte. Das Bild ist bis auf einen hellen Fleck ziemlich dunkel. Erst nach und nach gewöhnen sich die Augen an das Bild; und man erkennt immer mehr Konturen und den Oberkörper der Figur. Das Bild kann Lemke nur beschreiben. Anfassen ist nicht erlaubt. Doch das ist auch oft nicht gewünscht. „Wir haben die Führung mit Blinden und Sehbehinderten konzipiert“, erklärt Lemke. Die wünschten sich auch keine Modelle oder Strukturfolien der Kunstwerke zum Anfassen. Sie wollten vielmehr eine ausführliche Beschreibung der Materialien und Bilder. Außerdem würden sie lieber an den Farben des Gemäldes riechen, da diese je nach Zusammensetzung anders röchen. Wichtig ist Lemke eine Botschaft: „Nur weil man sein Augenlicht verliert, verliert man nicht sein kulturelles Interesse.“

Die nächste Führung für blinde und sehbehinderte Personen findet am Donnerstag, 30. Januar 2020, um 15 Uhr statt. Thema der Führung ist die neue Sonderausstellung „Riemenschneider X Stoss  Schnittpunkt Münnerstadt“.

Anna-Lena Ils (POW)

(0120/0016; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet