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Kiliani-Wallfahrtswoche 2021

„Nur wer fühlt, was er sieht, tut, was er kann“

Kiliani-Pontifikalgottesdienst auf dem Kreuzberg mit Bischof Jung – Landrat Thomas Habermann: „Sehr schönes Zeichen“

Kloster Kreuzberg (POW) Die Haltung der Barmherzigkeit hat Bischof Dr. Franz Jung am Montagabend, 5. Juli, beim Kiliani-Pontifikalgottesdienst auf dem Kreuzberg, als unverzichtbar bezeichnet: „Nur wer fühlt, was er sieht, tut, was er kann.“ Mit rund 110 Gläubigen feierte der Bischof auf dem Platz vor der Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg (Landkreis Rhön-Grabfeld) die erste regionale Messe der coronabedingt auch in diesem Jahr modifizierten Wallfahrtswoche. „Wenn es nicht möglich ist, dass die Menschen zu Kiliani nach Würzburg kommen, kommt Kiliani zu den Menschen“, sagte er. Es sei schön, sich Jahr für Jahr auf die Glaubenswurzeln zu besinnen. Eingeladen waren zu dem Gottesdienst insbesondere Politiker und Mitglieder kirchlicher Räte. Mit dem Bischof standen die Dekane der drei angrenzenden Dekanate am Freialtar, Armin Haas (Dekanat Hammelburg), Stephan Hartmann (Dekanat Bad Kissingen) und Dr. Andreas Krefft (Dekanat Rhön-Grabfeld). Sie und alle Gläubigen begrüßte Franziskanerpater Korbinian Klinger, Guardian des Klosters auf dem Kreuzberg, zu Beginn der Feier. Auch die äußeren Bedingungen passten: War der Heilige Berg der Franken anfangs wolkenverhangen, so gab es zum Schlusssegen Sonnenschein und blauen Himmel.

In seiner Predigt erinnerte Bischof Jung an das Leitwort der diesjährigen Kiliani-Wallfahrtswoche: „Wir aber wollen, von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus, ist das Haupt.“ Die in diesem Satz von Paulus enthaltene Botschaft sei herausfordernd: Kirche müsse weiter wachsen und sei im Wachsen begriffen. Die Seligpreisungen aus der Bergpredigt bezeichnete der Bischof als „Grundgesetz“ für dieses Wachstum. Scheinbar sei derzeit kein Wachstum zu verzeichnen, sondern ein Rückgang – beim Personal, den Finanzen und den Mitgliedern. „Selig die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich“ mahne dazu, sich einzugestehen, dass sich etwas ändere und Kirche nicht mehr so funktioniere, wie es sich die Menschen wünschten. „Nur wer weiß, dass er arm ist, lässt sich beschenken und hört von Neuem auf den Ruf Gottes“, betonte der Bischof.

Trauer sei eine Kehrseite von Veränderung. Wo diese nicht gelebt werde, führe sie zu Verhärtung und Verbitterung. „Gute Trauerarbeit will neu beginnen.“ Sanftmütigkeit, von der ebenfalls in der Bergpredigt die Rede ist, wolle nicht mit Gewalt am Bestehenden festhalten. Wer Dinge erzwingen wolle, die sich erledigt hätten, provoziere eine Überforderung, die krank mache, und nur unter Aufrechterhalten des schönen Scheins zu haben sei. „Kirche wird da sie selbst, wo sie ihre Mission wiederentdeckt, Agentin des Reiches Gottes zu sein und den Hunger und den Durst nach Gottes Gerechtigkeit wachzuhalten in der Welt“, hob der Bischof hervor. Dafür sei die Haltung der Barmherzigkeit unverzichtbar. Als Beispiele nannte er das Kirchenasyl. Dabei gehe es um „Menschen in tiefster Not, die unseren Einsatz brauchen“. Auch an die globale Impfgerechtigkeit erinnerte Bischof Jung. Es dürfe den Menschen in den wohlhabenden Ländern dieser Welt nicht gleichgültig sein, wie die Menschen anderswo durch die Pandemie kämen. Durch den regelmäßigen Austausch mit den Bischöfen in den Partnerbistümern Óbidos (Brasilien) und Mbinga (Tansania) wisse er, wie schwer die Menschen dort unter Covid-19 und den Folgen litten.

Die Gläubigen seien gefragt zu spüren, wo die Menschen ihren Einsatz brauchten. Das betreffe auch die Frage nach den Corona-Verlierern. Der Bischof verwies außerdem darauf, dass die Kirche sich nach dem „furchtbaren Vorfall in Würzburg“ mit allen Menschen guten Willens zusammengetan und den Dom für eine Gedenkfeier für die Opfer und deren Angehörige „mit allen Menschen guten Willens“ geöffnet habe. „Wo Kirche sich in gerechter Weise für andere stark macht, wirkt sie in die Gesellschaft und gewinnt Autorität zurück“, sagte der Bischof. Sie müsse das auch dann tun, wenn für sie kein erkennbarer Mehrwert herausspringe – einfach weil es von der Sache her angezeigt und geboten sei. Wie der Bischof weiter ausführte, gründe jeder Friede auf Gerechtigkeit. Wer Frieden stiften wolle, müsse daher Ungerechtigkeiten benennen und sich um einen gerechten Ausgleich mühen. Wer so wachsen wolle, müsse mit Widerstand rechnen und dürfe die Auseinandersetzung nicht scheuen.

Im Blick auf die neuen Pastoralen Räume sagte Bischof Jung, diese seien nicht einfach eine Strukturmaßnahme. Sie wollten vielmehr helfen, vom Kreisen um die eigenen Probleme wegzukommen, und die Wahrnehmung dafür schärfen, wo Gott die Menschen herausrufe. Hier könnten Kilian und seine Gefährten Vorbild sein. „Sie haben Unrecht aufgezeigt und kein Blatt vor den Mund genommen. Darin können sie uns Spiegel, Ansporn und missionarischer Auftrag sein.“

Thomas Habermann, Landrat von Rhön-Grabfeld, wertete den Gottesdienst auf dem Kreuzberg als „sehr schönes Zeichen“ in der Kiliani-Wallfahrtswoche. Die Stimmung sei sehr andächtig gewesen, auch wenn vergleichsweise wenige Leute mitgefeiert hätten. Auch sein Amtskollege Thomas Bold wertete es als wichtiges Signal, dass die Kirche die Nähe zu den Menschen suche. Das sei gerade angesichts der momentan für die Kirche schwierigen Zeit von großer Bedeutung. Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner freute sich, dass nach den vielfältigen Einschränkungen in der Coronapandemie jetzt Kirche wieder sichtbar sei. „Da finde ich den Ansatz mit Kiliani-Gottesdiensten in der Fläche besonders schön.“ Martin Schmitt, Bürgermeister der Gemeinde Salz (Landkreis Rhön-Grabfeld) lobte den „schönen Gottesdienst“. Er bedauerte, dass aufgrund der Pandemieschutzmaßnahmen nicht wie sonst nach den Kiliani-Gottesdiensten Gelegenheit zur Begegnung angeboten werde. „Durch Corona haben sich viele von der Kirche entfernt. Und, wie ich befürchte, die meisten davon dauerhaft.“

mh (POW)

(2721/0660; E-Mail voraus)

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