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„Ökumene gehört zum Kern des Christseins“

Interview mit dem neuen Ökumenereferenten der Diözese Würzburg, Dr. Petro Müller – „Grundkurs Ökumene“ im April und Mai 2007 in der Domschule

Würzburg/Esselbach (POW) Privatdozent Pfarrer Dr. Petro Müller (47), von 2003 bis 2006 Seelsorger von Esselbach, hat am Donnerstagnachmittag, 14. Dezember, bei der Sitzung der diözesanen Ökumenekommission in Würzburg offiziell die Aufgabe des Ökumenereferenten der Diözese Würzburg übernommen. Müller folgt Dr. Rainer Dvorak nach, der als stellvertretender Leiter der Katholischen Akademie Domschule jetzt auch für „Theologie im Fernkurs“ verantwortlich ist. Müller ist außerdem ab 1. Februar 2007 mit einer halben Stelle mitarbeitender Priester in der zukünftigen Pfarreiengemeinschaft Erlabrunn, Zell am Main und Margetshöchheim. In folgendem Interview spricht er über seine neue Aufgabe als Ökumenereferent.

POW: Was verstehen Sie unter Ökumene?

Dr. Petro Müller: Von seiner Herleitung her meint ja der Begriff „Ökumene“ ursprünglich den ganzen bewohnten Erdkreis. Insofern ist im christlichen Kontext an die Gesamtheit aller Christen gedacht, die unter den liebenden Augen Gottes wohnen wollen. Für mich ist der Begriff „ökumenisch“ ein anderes Wort für „katholisch“ – freilich nicht im konfessionellen Sinn.

POW: Wie würden Sie Kindern das Wort Ökumene erklären?

Müller: Ihr wollt gemeinsam spielen. Das Spielen ist euch wichtig. Sucht euch Spielregeln, die ein gutes, faires Spiel in Freude möglich machen, ohne dass ihr jemanden ausgrenzt.

POW: Wie erleben Sie Ökumene im Bistum Würzburg?

Müller: Bisher, als Pfarrer, habe ich die Ökumene vor allem aus der Perspektive der Gemeinden wahrgenommen. Die scheint mir vielerorts gut zu gelingen. Die meisten Gemeinden und ihre Seelsorger bemühen sich um einen wirklich guten Umgang, und ab und zu gibt es auch echte ökumenische „highlights“. Die offiziellen Gremien, wie zum Beispiel die bischöfliche Ökumenekommission, lerne ich erst jetzt nach und nach kennen. Da ist vieles für mich neu, auch der Kontakt zu den Vertretern der anderen Kirchen. Ich habe aber den Eindruck, dass hier viele gemeinsame Wege schon gut beschritten sind, sodass ich in den Fußspuren meiner Vorgänger weitergehen kann.

POW: Wo wollen Sie in Ihrer Aufgabe als Ökumenereferent der Diözese Würzburg Schwerpunkte setzen?

Müller: Oft wird Ökumene hierzulande nur als bilaterale Zusammenarbeit wahrgenommen, also zwischen evangelischen und katholischen Christen. Bei meinen ersten Kontakten, beispielsweise auf Ebene der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), ist mir erneut aufgefallen, dass Ökumene ein multilateraler Vorgang ist und ein entsprechend vielschichtiger Prozess. Ich möchte die vielfältigen Kontakte knüpfen und stärken, dafür Verständnis wecken und außerdem das Prozesshafte des ökumenischen Bemühens bewusst machen. Eine „Hau-Ruck-Ökumene“ hilft niemandem weiter.

POW: Welches besondere ökumenische Erlebnis gibt Ihnen Optimismus für Ihre neue Aufgabe?

Müller: Es sind vor allem die persönlichen Begegnungen und darin besonders die Freundschaften mit anderskonfessionellen Christen und Seelsorgern, die mich optimistisch stimmen. Einander in die Augen zu schauen und ehrlich miteinander zu sprechen lässt niemals einen bitteren Geschmack zurück. Außerdem habe ich während meiner Habilitationszeit viel ökumenische und internationale Theologie mitbekommen, weil meine Arbeit am Lehrstuhl für dogmatische und ökumenische Theologie angesiedelt war. Ein ganz aktuelles Hoffnungszeichen war für mich die Begegnung zwischen Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel und Papst Benedikt XVI. in der Türkei. Hier wächst die Hoffnung, dass Einheit möglich ist.

POW: Es wird oft gejammert, die Kirchen kämen in der Ökumene zu langsam vorwärts. Doch werden die bestehenden Möglichkeiten genutzt? Was müsste Ihrer Meinung nach in der Ökumene vor Ort viel stärker heute schon praktiziert werden?

Müller: Dass Ökumene ein prozesshaftes Geschehen ist, habe ich schon angedeutet. Zu diesem Lernprozess gehört meines Erachtens dazu, dass wir voneinander lernen, dass wir verstehen, warum manches bei den Anderen anders ist. Freilich haben wir noch viele Ressourcen, die wir ökumenisch nützen könnten, die aber zuweilen brach liegen. Ich denke an die gemeinsamen Bibelkreise, die es einmal gab und die vielerorts wieder eingeschlafen sind. Ich denke an die karitativen, diakonischen Projekte, die gut zusammen gehen und auch Ansporn sein können für einen inhaltlichen Dialog über Glaubensfragen und darüber, wie Christsein – durchaus miteinander – gelingt.

POW: Eine große Sorge der Kirche sind die konfessionsverschiedenen beziehungsweise konfessionsverbindenden Ehen. Welchen Rat geben Sie diesen Menschen, die die Kirchenspaltung in ihrer Ehe tagtäglich erleben?

Müller: Das „konfessions-verbindend“ möchte ich unterstreichen. Solche Ehen sind eine wirkliche Chance, schon im Kleinen gemeinsam Kirche zu sein, die Einheit zu leben oder es zumindest zu versuchen. In der Praxis kommt es leider zu häufig vor, dass der religiöse Austausch zwischen den Partnern eher ausgeblendet wird, weil man die eigenen Glaubensquellen zu wenig kennt. Dann verstummt das Christsein, gerade in der Begleitung der Kinder. Konfessionsübergreifendes Leben in Ehen und Familien ist eine tägliche Aufgabe: Unterschiedliches Christsein kann bereichernd sein. Es gehört beredet und gelebt.

POW: Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Ökumene in Deutschland – vor allem zwischen Katholischer und Evangelischer Kirche?

Müller: Wir scheinen momentan bilateral in einer Phase zu sein, die etwas „winterlicher“ erscheint als noch vor einigen Jahren. Das liegt meines Erachtens an Irritationen, die von beiden Seiten ausgelöst wurden, beispielsweise an der Rezeption von „Dominus Iesus“ oder dem einseitigen Rückzug aus der Revision der Einheitsübersetzung, am neuen Schlagwort der „Ökumene der Profile“ oder an den theologischen Diskussionen zum Themenbereich Weihe, Amt, Ordination und Beauftragung. Ich finde aber, solche Irritationen sind durchaus normal. Man sieht daran, dass die Themen in ihren viele Facetten noch stärker diskutiert gehören. Wichtig ist es, im Gespräch zu bleiben und so die irritierenden Punkte genauer zu klären.

POW: Wie sehen Sie das Schlagwort der „Ökumene der Profile“, das von evangelischer Seite derzeit propagiert wird?

Müller: Wenn „Ökumene der Profile“ bedeutet, dass man sich nur noch um die eigene Profilierung kümmert, dann würde hier der berühmte „Schuss“ nach hinten losgehen. Wenn Profil bedeutet, dass man sich seiner eigenen Wurzeln klarer wird, dann sehe ich eine Chance. Unser jeweilig eigenes Profil ist wichtig, das Ziel muss aber weiterhin die Einheit über die Zwischenschritte Konvergenz oder Konsens sein. Ich würde die „Ökumene der Profile“ immer zusammen mit einer Konsens-Ökumene und einer geistlichen Ökumene sehen wollen. Dann bleibt der Dialog fruchtbar.

POW: Papst Benedikt XVI. sieht Ökumene als Kernanliegen der Kirche. Trifft dies auch auf die Praxis vor Ort zu?

Müller: Bischof Dr. Paul-Werner Scheele hat einmal – noch als Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz – gesagt, jeder Bischof sei Ökumenebischof. Ich würde diesen wesentlichen Gedanken gerne ausweiten: Jeder Pfarrer, jede Seelsorgerin, ja letztlich jeder Christ steht im Dienst der Ökumene. Dafür hat das Zweite Vatikanische Konzil gerade im Ökumenismusdekret die Grundlage gelegt. Weil katholisch und ökumenisch fast Synonyme sind, gehört die Ökumene zum Kern des Christseins, überall dort, wo es Christen gibt.

POW: Welches konkrete ökumenische Projekt wollen Sie im kommenden Jahr angehen?

Müller: Aus dem Blickwinkel meiner Einarbeitungsphase ist eine Antwort auf diese Frage nicht gerade leicht. Ein Ziel meiner Arbeit ist sicher, die Ökumene als eine der wichtigsten kirchlichen Aufgaben vorzustellen. Das geschieht in den Gremien, aber auch vor Ort, in den Dekanaten oder Pfarreiengemeinschaften. Das Bewusstsein für diese Notwendigkeit soll zum Beispiel in den Monaten April und Mai 2007 durch einen „Grundkurs Ökumene“ in der Domschule in Würzburg geweckt werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir in der Ökumenekommission Richtlinien für die ökumenische Praxis in den neuen Pfarreiengemeinschaften erarbeiten werden.

Interview: Bernhard Schweßinger (POW)

Zur Person:

Petro Müller wurde am 16. Dezember 1959 in Fulda geboren. 1985 empfing er die Priesterweihe in Würzburg. Seine Kaplanszeit verbrachte er in Bad Königshofen, Untersteinbach und Marktheidenfeld. Von 1988 bis 2000 war er Pfarrer in Großlangheim und von 1995 bis 2000 zusätzlich Pfarrer von Rödelsee und stellvertretender Dekan für das Dekanat Kitzingen. Von 1988 bis 1995 war er auch Dekanatsjugendseelsorger für das Dekanat Kitzingen und von 1990 bis 1995 auch Seelsorger der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) für den Landkreis Kitzingen. 2000 wurde er zur Fertigstellung seiner Habilitation freigestellt. 2003 wurde er zum Pfarradministrator der Pfarrei Esselbach im Landkreis Main-Spessart ernannt, nach dem Amtsantritt Bischof Hofmanns zum Pfarrer. Zum 1. September 2006 ernannte ihn Bischof Hofmann zum Ökumenereferenten der Diözese Würzburg. Ab 1. Februar 2007 wird Müller außerdem mit einer halben Stelle als mitarbeitender Priester in der zukünftigen Pfarreiengemeinschaft Erlabrunn, Zell und Margetshöchheim wirken.

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