Ebern/Würzburg (POW) Handeln statt wegsehen: Bischof Dr. Friedhelm Hofmann sieht das Bistum Würzburg in der Pflicht, verfolgte und bedrohte Menschen aufzunehmen. Es gelte, Zeichen zu setzen, „dass wir Asylbewerber freundlich aufnehmen“. Pfarrgemeinden sollten prüfen, ob sie Menschen unterbringen könnten, die Zuflucht suchten. Wiederholt hat sich auch der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Würzburg zur Aufnahme von Flüchtlingen geäußert. Die Pfarrei Ebern im Landkreis Haßberge geht mit gutem Beispiel voran: Ab April sollen im Benefiziatenhaus zwei Familien von Asylbewerbern einziehen. Eberns Pfarrer Pater Rudolf Theiler erklärt im Interview, wie die Menschen vor Ort eine Willkommenskultur schaffen wollen und warum sich Pfarrgemeinden für Flüchtlinge engagieren sollten.
POW: Wie kam es zu der Idee, Flüchtlingsfamilien aufzunehmen, und welche Schritte hat die Gemeinde bis jetzt unternommen?
Pfarrer Rudolf Theiler: Erstens hatten wir die Räume im Benefiziatenhaus frei stehen. Zweitens gab es schon in Jesserndorf Asylbewerber, die dort untergekommen waren. Ich habe dem Bürgermeister gesagt, dass wir Räume frei haben. Er hat das dann dem Landratsamt gemeldet. Daraufhin hat mich der zuständige Mitarbeiter des Landratsamts, Dieter Sauer, angerufen. Er und seine Kollegen haben sich das Haus angeschaut und fanden es äußerst günstig. Es liegt ideal im Wohngebiet. Es ist besser, wenn die Asylbewerber direkt im Ort wohnen und nicht außerhalb kaserniert werden.
POW: Warum ist es für eine Kirchengemeinde wichtig, sich für Flüchtlinge zu engagieren?
Theiler: Es ist ganz klar von der Botschaft her, dass man sich um die kümmert, denen es schlecht geht. Dazu gehören sicher auch die Flüchtlinge, die ihre Heimat verlassen mussten. Die Gastfreundschaft ist einer der höchsten Werte in der Bibel.
POW: Wie sind die Menschen vor Ort eingebunden?
Theiler: Da gibt es einen freiwilligen Helferkreis von etwa zehn Leuten. Diese sammeln Kleidung für die Kinder und gehen zum Beispiel bei Einkäufen mit. Ein Lehrer bietet Deutschunterricht an. Außerdem machen sie auch Ausflüge in die Umgebung.
POW: Welche Hürden gab es bei der Umsetzung?
Theiler: Erst musste beschlossen werden, dass die Familien kommen konnten. Das war auch in der Gemeinde nicht eindeutig. Vertreter der Kirchenstiftung, aber auch im Gemeinderat hatten Bedenken, dass das Angebot ausgenutzt werde. Sie befürchteten Unruhe und sagten, dass es auch andere kinderreiche Familien schwer hätten, eine Wohnung zu bekommen. Der evangelische Pastor Bernd Grosser und ich haben in Predigten immer wieder betont, dass es um die Verfolgten geht, für die wir uns einsetzen sollten. Wir haben ja alle die schrecklichen Bilder aus Lampedusa gesehen. Das Asylrecht ist schließlich schon im Grundgesetz festgehalten.
POW: Kann eine Gemeinde die Aufnahme von Asylbewerbern alleine stemmen oder benötigt sie überörtliche Hilfe?
Theiler: Das Landratsamt hat die Räume im Benefiziatenhaus angemietet und bringt die Familien dorthin. Die Caritas macht die allgemeine Betreuung. Einmal pro Woche kommt ein Mitarbeiter vorbei. Für die offiziellen und rechtlichen Sachen ist die Caritas zuständig. Wir sind zusätzlich da und schaffen eine positive Willkommenskultur. So habe ich zum Beispiel schon mal einen Friseur gefragt, ober er ins Haus in Jesserndorf kommen könnte, um allen die Haare zu schneiden.
POW: Welche Tipps haben Sie für andere Pfarrgemeinden, die ebenfalls Flüchtlinge aufnehmen möchten?
Theiler: Zunächst braucht es großen Mut, da viele Bürger gegen eine weitere Aufnahme sind und sie die Flüchtlinge für Wirtschaftsflüchtlinge halten. Es gibt durchaus persönliche Anfeindungen. Als Christen haben wir uns für Benachteiligte und Flüchtlinge einzusetzen. Da gibt es keine Kompromisse. Wenn wir jedoch mit ihnen in Kontakt sind und helfen können, spüren wir eine tiefe Dankbarkeit und Freude. Wir können menschlich auch viel lernen und Horizonte erweitern. Ich bin auch tief gerührt von diesem Schicksal. Der Satz „Ich war fremd und ihr habt mich beherbergt“ aus dem Matthäusevangelium ist ein direkter Auftrag Jesu.
Interview: Christoph Niekamp (POW)
Hinweis: Die Arbeitsgruppe Asyl des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg hat ein Faltblatt mit den wichtigsten Adressen zum Thema Asyl herausgebracht. Unter dem Titel „Flüchtlinge in meiner Gemeinde – Wer hilft mir helfen?“ gibt der Flyer Anregungen, wie Pfarreien Asylbewerbern vor Ort helfen können und welche kirchlichen und staatlichen Stellen Ansprechpartner sind. Der Flyer ist im Internet unter www.dioezesanrat.bistum-wuerzburg.de als Download erhältlich.
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