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Post vom Christkind

Weihnachtspostfiliale Himmelstadt beantwortet tausende Briefe aus aller Welt – Leiterin Rosemarie Schotte feiert 30. Jubiläum

Himmelstadt (POW) Seit Anfang November sortieren Rosemarie Schotte (82) und ihr Team die Briefe der Kinder ans Christkind, die sie anschließend in seinem Namen beantworten. Bisher sind um die
5000 Briefe in der Weihnachtspostfiliale eingegangen. Im vergangenen Jahr waren es um die 73.500 Briefe aus aller Welt, die in Himmelstadt im Briefkasten landeten. Aus 123 Ländern ist inzwischen Weihnachtspost dort angekommen. Zum Beispiel aus Russland, Kroatien und China. Schotte, die dieses Jahr ihr 30. Jubiläum als Leiterin der Weihnachtspostfiliale feiert, hat jedes Jahr tausende davon gelesen und verrät ihren Lieblingsbrief.

In der Vorweihnachtszeit im Jahr 2009 habe sie Post von einer jungen Frau erreicht, deren Oma in jungen Jahren einen Brief ans Christkind geschrieben, aber nie abgeschickt hatte. Nachdem die Familie den Brief auf dem Dachboden entdeckt hatte, wurde dieser jedes Jahr zu Weihnachten auf dem Sideboard ausgestellt. Schließlich bat die Enkelin um eine Antwort vom Christkind auf diesen Brief. Persönliche Briefe beantwortet Schotte „immer handschriftlich“. Sie habe sich für den Brief Zeit gelassen, sodass er die inzwischen 90-jährige Oma genau an Weihnachten erreichte. Im Frühjahr des nächsten Jahres erhielt Schotte einen Antwortbrief der Enkelin. Ihre Oma sei mit dem Brief herumgelaufen und habe allen verkündet: „Ich habe einen Brief vom Christkind.“ Mit einer großen Lupe habe sie den Brief gelesen, anschließend auswendig gelernt und den Weihnachtsgästen sowie ihren Altenpflegern stolz aufgesagt. Im Januar 2010 starb die Oma und der Brief war beim Leichenschmaus noch ein Thema. „Es ist ein tolles Gefühl, was es bewirkt, wenn man schreibt“, meint Schotte. Deshalb freue sie sich über Rückmeldungen zu den Briefen vom Christkind, sonst erfahre sie solche Geschichten gar nicht.

Insgesamt 38 Menschen arbeiten ehrenamtlich in der Weihnachtspostfiliale und sortieren die Briefe in verschiedene Kisten. In die Kiste „Standardbriefe“ kommen zum Beispiel Briefe, in denen die Kinder ihren Wunschzettel aufzählen. Haben die Kinder Fragen ans Christkind, werden die Briefe in die Kiste „Zusatz“ sortiert und die Helfer gehen auf die Fragen der Kinder ein. Briefe wie die Post der Enkelin landen in der „Kiste Schotte“. Dort werden jährlich ungefähr 400 „besondere Briefe“ einsortiert. Nicht jede Geschichte ist so fröhlich wie die der 90-jährigen Oma. Hier würden „viele Tränen vergossen“, erzählt Schotte. Es schreiben ihr Kinder, die essgestört sind, Probleme mit Schulnoten haben oder gemobbt werden. „Das nehme ich auch mit nach Hause“, sagt Schotte. Auch diese Briefe beantwortet sie ausführlich in Handschrift. Doch nicht nur Kinder schreiben ans Christkind. So gehen laut Schotte auch Briefe von Menschen ein, die sich etwas von der Seele schreiben wollen. Außerdem würden Menschen die Antwortbriefe des Christkindes für „schlechte Zeiten“ sammeln, um sich beim Durchlesen wieder fröhlich zu stimmen. Es sei sogar schon passiert, dass Menschen den Wunschzettel ans Christkind für die Suche nach der Traumfrau oder dem Traummann nutzen wollten.

„Für mich ist die Weihnachtspostfiliale das ganze Jahr präsent“, sagt Schotte. Teilweise noch bis Ende März beantwortet sie Post. „Großeltern, Eltern und Kinder haben sich über die Briefe gefreut und bedanken sich.“ Einige Kinder schreiben im Frühjahr sogar schon wieder Briefe an das Christkind. Es kommt auch Kritik, das sei bei der Anzahl an Briefen nicht vermeidbar. So hat sie ihre Schlüsse aus dem Brief für das Jahr 2021 gezogen, in dem sie im Namen des Christkindes die Kinder für ihr Durchhaltevermögen in der Pandemie gelobt hat. Das sei ein paar Eltern sauer aufgestoßen.

Briefe, die keine individuelle Antwort erfordern, werden mit einer Geschichte beantwortet, die von den Erlebnissen des Christkindes in der Vorweihnachtszeit handelt. Diese erfindet Schotte jährlich neu: „Jedes Jahr einen neuen Brief zu verfassen ist unheimlich schwierig.“ Den Entwurf hat sie sich dieses Jahr im Urlaub in Bad Staffelstein mitten im August ausgedacht. Der Inhalt des Briefes findet sich auch in der Zeichnung wieder, die den Brief vom Christkind schmückt. Außerdem geben die Mitarbeitenden in der Postfiliale weitere Postkarten und ein kleines Rätsel in den Umschlag, zum Abschluss wird der Name des Kindes handschriftlich am Anfang des Textes ergänzt. Für die internationalen Briefe gibt es den Text auf Englisch. Schottes Mitarbeitende können aber auch auf Französisch oder Griechisch antworten.

Schade findet Schotte, dass Briefe teilweise vergessen und vor Heiligabend nicht mehr beantwortet werden können. „Die Kinder geben sich große Mühe. Sie schreiben, basteln, malen.“ Eltern oder Lehrer, die den Brief mit den Kindern geschrieben haben, würden die Briefe danach vergessen. Außerdem sieht sie es nicht gerne, wenn Menschen ihre eigene Weihnachtspost an die Weihnachtspostfiliale abdrücken wollen. „Ich bin so frei und schick das einfach zurück.“

Sie freut sich schon auf den traditionellen Besuch der Kinder in der Weihnachtspostfiliale, der dieses Jahr vielleicht wieder möglich ist. „Ich hoffe, dass die Kinder dieses Jahr am ersten und dritten Advent wieder in der Filiale vorbeischauen können.“ Ob die Coronabeschränkungen das zulassen, ließe sich noch nicht sagen. Das könne man erst kurz vor knapp entscheiden. Schotte ist jedenfalls bereit: Ihre Engel sind organisiert, die aufwändige Dekoration schon geplant. Am 1. Advent setzt Ministerpräsident Markus Söder den ersten Weihnachtspoststempel, und dann lassen Rosemarie Schotte und ihr Team alias das Christkind wieder viele Kinder- und Erwachsenenaugen leuchten.

Vincent Poschenrieder (POW)

(4822/1324; E-Mail voraus)

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