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Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Hochfest Mariä Empfängnis, 8. Dezember, im Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

vor genau einem Jahr haben wir hier im Dom die Berufungskerzen entzündet. Danach wurden die Berufungskerzen für alle Pfarreien, Klöster und Gemeinschaften unseres Bistums bereitgestellt. In vielen Kirchen brannten sie während des vergangenen Jahres. Worum ging es und geht es uns heute?

Es geht um den Ruf Gottes, den Ruf an uns und unsere Berufung.

Jeder Mensch ist gerufen, Mensch zu sein, Christ zu werden. Einzelne beruft er in die engere Nachfolge des geistlichen Weges. Welcher Ruf an den einzelnen ergeht, vermag nur der Angerufene zu erkennen.Fest steht, dass Gott uns Menschen beruft, in Seiner Liebe unser Leben zur Vollendung zu führen. Beginn und Ziel jeder Berufung ist die Liebe Gottes.

Es ist deshalb wichtig, sich immer wieder Zeit zu nehmen, um in Stille den eigenen Anruf zu vernehmen. Die unterschiedlichsten Charismen, die Gott verteilt hat, wollen entdeckt und fruchtbar gemacht werden. Welche besondere Gabe hat Gott mir geschenkt? Kann ich besonders gut zuhören – oder zupacken – trösten – oder begleiten – Frieden stiften – oder beten? Bin ich ein besonders guter Ehemann, oder Vater, Mutter, Freund, Schwester oder Bruder, Nachbar oder Arbeitskollege?

Darüber hinaus ruft Gott auch Menschen in das Ordens- oder Priesterleben. Gott rief einst Adam zu: „Wo bist du?“ Adam versteckte sich, weil er sich seiner Schuld bewusst war und sich vor Gott fürchtete. Wie ist das mit uns? Haben wir Angst vor dem Ruf Gottes -, Sorge, dem Anruf nicht entsprechen zu können? Fühlen wir uns unwürdig und überfordert?

Im heutigen Evangelium hörten wir von der Begegnung des Engels Gabriel mit Maria. Der Engel rief Maria an und sie erschrak. Aber es war nicht aus der Furcht Adams heraus, sondern weil sie das Unheimliche der himmlischen Begegnung erschreckte. Was will Gott von mir? Der Engel machte ihr Mut: „Du hast bei Gott Gnade gefunden.“ (Lk 1,30). Es entspann sich ein Dialog zwischen beiden, der die Kluft zwischen der begrenzten geschöpflichen Wahrnehmung von Realität und der sich uns zuwendenden Liebe Gottes überbrückte. Das Unfassbare bleibt, wohl ebenso das Erschrecken über die uns von Gott überbrachte Zu-mutung. Aber ebenfalls wächst die innere Sicherheit, dass Gott uns in dem Herausgerufensein nicht allein lässt. Gott verheißt seinen Heiligen Geist. Für mich gehört es mit zu den beglückendsten Erfahrungen, dass der Heilige Geist die Berufenen begleitet. Wer sich ihm nicht verschließt, erlebt die Realität seines Mitgehens. Das stärkt. Das gibt innere Sicherheit und schenkt eine tiefe Freude.

Auch die zum Priester, Diakon oder Ordensleben Berufenen bleiben in den Unwägbarkeiten des irdischen Lebens. Schwierigkeiten, brenzlige Situationen, Enttäuschung und Leid begleiten uns – wie alle anderen – weiterhin. Aber diese Situationen sind – dank der Hilfe Gottes – dann in Segen zu verwandeln, wenn wir uns für den Willen Gottes offen halten.

Maria hat dies getan. Sie, die einzig Sündenlose, blieb nicht verschont: Schwangerschaft als Unverheiratete – Geburt Jesu in einem Stall oder einer Höhle – Flucht nach Ägypten – Auffindung des Zwölfjährigen im Tempel mit dem Loslassen-Müssen: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2,49). Verspottung, Folterung und Kreuzigung Jesu musste Maria miterleben. Welche Schmerzen sie da durchlitten hat, können wir nur ahnen.

Was sagte Maria zu der 14 jährigen Bernadette Soubirous in Lourdes, als sie ihr dort 1858 erschien und sich als „die Unbefleckte Empfängnis“ offenbarte: „Ich verspreche Ihnen nicht, Sie auf Erden glücklich zu machen, wohl aber im Himmel.“ Das gilt für uns alle und erst recht für die zum geistlichen Leben Berufenen.

Leben wir damit nicht realistischer als die Menschen, die glauben, sie könnten den Himmel auf Erden aufbauen? Wie viel Enttäuschung, Resignation und Angst sind in unserem wohlhabenden Land anzutreffen, wo Menschen versuchen, durch finanzielle Absicherungen alle Beschwerden dieses Lebens abzufedern oder auszuschalten. Wir Menschen sind geschaffen, in Gott das grenzenlose Glück, das Leben in Fülle zu erreichen. Diese irdische Lebenszeit ist nur vorläufig und begrenzt.

Verkünder dieser Wahrheit sind umso notwendiger, je mehr das Bewusstsein für diese Botschaft verloren geht. Wir brauchen nicht vor der Säkularisierung der Gesellschaft zu erschrecken. Wir sind herausgerufen und berufen, die Frohe Botschaft Christi dagegen zu stellen. Unsere Zeit sucht dringend Frauen und Männer, die den Mut haben, dies durch ihr Lebenszeugnis zu belegen. Mitzubringen haben wir nur unser armes Leben und die Liebe zum dreifaltigen Gott. Er weiß um unsere Schwächen, unsere Angst, unser Zittern und Zagen.

So schreibt der hl. Augustinus im Blick auf die Berufung des hl. Petrus in der Auslegung zum Johannesevangelium:
“Der Herr fragt etwas, was er schon weiß. Er fragt es nicht nur einmal, sondern noch ein zweites und ein drittes Mal: ob Petrus ihn liebt. Nichts will der Herr so oft von Petrus hören, als dass er von ihm geliebt werde, nichts legt er ihm so oft ans Herz, als dass er seine Schafe weiden soll.

 

Der dreimaligen Leugnung entspricht das dreimalige Bekenntnis. Die Zunge soll der Liebe nicht weniger dienen als der Furcht, und der drohende Tod soll die Stimme nicht stärker bewegen als die Gegenwart des Lebens. Aufgabe der Liebe soll es sein, die Herde des Herrn zu weiden, nachdem die Verleugnung das Zeichen der Furcht war.“ (Lektionar, Advent und Weihnachtszeit, H. 1, 2. Jh., S. 236).

Und der hl. Ambrosius ruft den Priestern zu: „Du hast die Aufgabe des Priesters übernommen, hast deinen Platz auf dem Heck der Kirche und steuerst das Schiff gegen den Strom. Halte das Steuerruder des Glaubens fest, damit dich die Sturmböen dieser Welt nicht aus dem Kurs bringen. Das Meer ist groß und weit. Aber fürchte dich nicht, denn Gott hat die Kirche ‚auf Meere gegründet, sie über Strömen befestigt’“. (Ebd. S. 238.)

Liebe Schwestern und Brüder, versuchen wir überzeugend den Weg der Nachfolge zu leben. Junge Menschen schauen uns kritisch an. Sie wissen, dass wir sündige Menschen sind, die – wie alle – der Vergebung Gottes bedürfen. Aber sie achten darauf, ob wir glaubwürdig sind und ob wir es ernst meinen mit dem Leben aus dem Evangelium.

Ich bin fest überzeugt, dass sie den Mut finden, den eigenen Ruf und ihre Berufung anzunehmen, wenn wir uns der eigenen Berufung erfreuen und frohe Zeugen der Liebe Gottes werden. Lassen wir uns am heutigen Festtag der Gottesmutter dazu ermutigen. Amen.