Am 30. Mai 2013 setzte Bischof Dr. Friedhelm Hofmann im Einvernehmen mit Erzbischof Dr. Ludwig Schick eine externe Untersuchungskommission ein.
Sie setzte sich zusammen aus mir im Vorsitz, Prof. em. Dr. Dr. Karlheinz Müller, Würzburg, einem Judaisten, und Prof. Dr. Thomas Weißer, Bamberg, dem Direktor des dortigen Instituts für Kath. Theologie und Lehrstuhlinhaber für Theol. Ethik.
Aufgabe dieser Kommission war es, die Details der Vorwürfe rechtsradikaler Vorgänge im Priesterseminar in Würzburg zu prüfen und den zuständigen Bischöfen Bericht zu erstatten.
Es ist darauf hinzuweisen, dass keinerlei Einschränkungen der Kommission vorgegeben wurden. Ziel der Kommissionseinsetzung durch die Bischöfe war die rückhaltlose Aufklärung.
Folgerichtig wurde die Arbeit der Kommission durch Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, Erzbischof Dr. Ludwig Schick und Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand in jeder Hinsicht unterstützt, was auch die personelle Verstärkung hinsichtlich Protokollführung und technischer Erstellung des Berichts umfasste.
Die Kommission arbeitete ehrenamtlich. Dies unterstreicht auch insoweit ihre Unabhängigkeit in jeglicher Hinsicht.
Die Arbeit der Kommission war in drei Phasen gegliedert. Zunächst stand die Planung der Arbeit im Vordergrund, dem folgten die Anhörungen und schließlich die Beratungen und die Erstellung des Abschlussberichtes.
Die Kommission tagte an 14 Sitzungsterminen vom 8. Juni 2013 bis zum 17. Juli 2013 mit einer Gesamtsitzungsdauer von 93 Stunden. Dabei wurden 29 Anhörungen durchgeführt und 28 Personen befragt. Die Gesamtdauer der Anhörungen betrug hierbei 37 Stunden und 35 Minuten. Angehört wurden u. a. Regens Herbert Baumann, Subregens Herwig Gössl, der Pastoralpsychologe des Priesterseminars Dr. Ruthard Ott, Studentenpfarrer Burkhard Hose, der Philistersenior und der Philisterconsenior der Franco Raetia sowie alle 18 Seminaristen. Außerdem waren zahlreiche Schriftstücke Grundlage der Untersuchung sowie die in Augenscheinnahme eines Gegenstands.
Die Kommission hat einen Bericht verfasst, der einschließlich Protokolle über die Anhörungen und Dokumentensammlung einen Umfang von 204 Seiten hat. Sie ist bei ihrer Untersuchung zu folgenden Ergebnissen gekommen:
- Es gab und gibt kein braunes Netzwerk und keinen braunen Sumpf im Priesterseminar Würzburg.
- Es gab Fehlverhalten und Fehleinstellungen einzelner Seminaristen, die dem Ruf des Priesterseminars Würzburg erheblich schadeten und alle Seminaristen unter einen nicht gerechtfertigten Generalverdacht stellten.
- Ein Alumnus erzählte bei einer Gelegenheit im Zimmer eines Mitalumnen und in Anwesenheit eines weiteren Seminaristen mindestens drei „KZ-Witze“ zur Unterhaltung. Es handelte sich nicht um „Judenwitze“ im Sinne von jiddischen oder jüdischen Witzen, sondern um völlig inakzeptable und unerträgliche „KZ-Witze“, womit die fabrikmäßige Ermordung unzähliger jüdischer Kinder, Frauen und Männer im Dritten Reich zum Gegenstand von Spott und Hohn gemacht wurde.
- Dieser Alumnus und ein weiterer haben jeweils einmal im nicht öffentlichen Bierkeller des Priesterseminars Adolf Hitler, wie es ausgedrückt wurde, „imitiert“ und „parodiert“, wobei mindestens einmal der Hitlergruß gezeigt wurde. Die Kommission hat für eine solche „Imitation“ und „Parodie“ keine auch nur im Ansatz nachvollziehbare Begründung gefunden.
- Einer von diesen Seminaristen rief beim Mittagstisch nach einem „Neger zum Abräumen“. Dies ist nach Auffassung der Kommission eine nichthinnehmbare rassistische Äußerung.
- Der andere Seminarist besuchte am 20. April 2013 ein Konzert der Band »Frei.Wild«, wozu er sich vom Besuch eines Gottesdienstes dispensieren ließ, ohne dem Regens des Priesterseminars, Herbert Baumann, mitzuteilen, dass er ein Konzert dieser Band besuchen wollte. Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Seminarist hierbei Fragen des Regens im Hinblick auf die Umstrittenheit der Band bewusst aus dem Weg gehen wollte. Außerdem ist er zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Texten dieser Band bis heute nicht bereit.
- Ein weiterer Alumne hat im Hinblick auf die Demonstration »Würzburg ist bunt – nicht braun« gegenüber anderen Alumnen im nicht öffentlichen Bierkeller des Priesterseminars geäußert, den Teilnehmern dieser Demonstration gehöre „eine reingehauen“ oder „auf die Fresse gehauen“. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Äußerung in einem so engen Zusammenhang mit dem antirassistischen Zweck der Demonstration steht, dass sie in ihrer Aggressivität selbst als rassismusfreundlich und inakzeptabel gedeutet werden muss.
- Im Priesterseminar wurde keine rechtsradikale Musik abgespielt. Allerdings wurde wiederholt dort der Badenweiler Marsch abgespielt, im Wissen, dass es sich dabei um „Hitlers Lieblingsmarsch“ handelte. Die Kommission hält fest, dass dies ein unangemessenes Verhalten für Seminaristen eines Priesterseminares ist.
- Es lässt sich nicht nachweisen, dass am 20. April 2013 von einigen Seminaristen Hitlers Geburtstag gefeiert wurde.
- Die Kommission weist klarstellend darauf hin, dass von den belegten Vorwürfen im engeren Sinn zwei Mitglieder des Priesterseminars betroffen sind, ein weiterer Seminarist von dem in Punkt 7 genannten Sachverhalt.
Der Bericht wurde Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Erzbischof Dr. Ludwig Schick zwischenzeitlich überreicht und von diesen zur Kenntnis genommen.
Würzburg, 31. Juli 2013
Norbert Baumann
Vors. der Kommission
(3213/0828; E-Mail voraus)