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„Probleme beherzt angehen“

Jahresversammlung des Diözesangeschichtsvereins in Archiv und Bibliothek – Akademienachmittag zum Thema „175 Jahre Deutsche Bischofskonferenz“ – Bischof Jung blickt auf aktuelle Herausforderungen der Bischofskonferenz

Würzburg (POW) Über die rege Forschungs- und Publikationsarbeit des Würzburger Diözesangeschichtsvereins (WDGV) hat Vorsitzender Professor em. Dr. Wolfgang Weiß bei der Jahresversammlung am Freitag, 24. November, im Lesesaal von Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg berichtet. An die Jahresversammlung schloss sich ein Akademienachmittag zum Thema „Ein synodales Format mit Zukunft. 175 Jahre erste deutsche Bischofskonferenz in Würzburg“ an. Professor Dr. Dominik Burkard von der Katholisch-Theologischen Fakultät Würzburg betrachtete in seinem Kurzreferat „Die katholische Kirche und die deutsche Revolution von 1848“, während Bischof Dr. Franz Jung auf die gegenwärtigen Herausforderungen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) blickte. Weiß überreichte dem Bischof zudem den neuen 86. Band der Würzburger Diözesangeschichtsblätter.

Der 82. Band der Quellen und Forschungen des Bistums und Hochstifts Würzburg mit dem Titel „Region – Kultur – Religion“ sei Anfang November an Professor Dr. Klaus Reder, Leitender Kulturdirektor beim Bezirk Unterfranken, anlässlich dessen 65. Geburtstag überreicht worden, berichtete Weiß. Band 83 werde voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 erscheinen und befasse sich mit dem „Wolfenbütteler Psalter“, genauer einer mitteldeutschen Interlinearübersetzung (zwischen die Zeilen geschriebene wörtliche Übersetzung) aus dem ehemaligen Dominikanerinnenkloster Sankt Markus in Würzburg. Der 86. Band der Würzburger Diözesangeschichtsblätter besitze den „bemerkenswerten Umfang“ von 622 Seiten. Einen „erfreulichen Fortgang“ erlebe auch das „Germania sacra“-Projekt mit dem von Dr. Winfried Romberg bearbeiteten Strukturband zur Diözese Würzburg im Alten Reich. „Mittlerweile liegen wichtige Teile des Rohmanuskripts vor“, erklärte Weiß.

Die Mitgliederentwicklung bleibe problematisch, mahnte der Vorsitzende. Gehörten dem Verein im Jahr 2019 noch 508 persönliche und institutionelle Mitglieder an, habe sich deren Zahl auf 438 vermindert. Der Tauschverkehr von Druckwerken des Vereins mit Einrichtungen und Institutionen im In- und Ausland sei von 127 auf 124 leicht zurückgegangen. „Bitte leisten Sie bei der Werbung von Mitgliedern Ihre Unterstützung“, appellierte Weiß. Bei den Wahlen wurden stellvertretender Vorsitzender Professor Dr. Enno Bünz, Schriftführerin Katrin Schwarz sowie die Rechnungsprüfer Christoph Jaugstetter und Dr. Ingrid Heeg-Engelhart in ihren Ämtern bestätigt.

Akademienachmittag „175 Jahre erste deutsche Bischofskonferenz in Würzburg“

„Kirche und Revolution – klingt das nicht nach Feuer und Wasser?“, begann Professor Burkard sein Kurzreferat. Dass nicht wenige katholische Geistliche in den Märzerhebungen des Jahres 1848 bei Volksversammlungen die Stimme für die Freiheit erhoben und 33 Priester sowie vier Bischöfe in die Nationalversammlung gewählt wurden, habe „etwas Skandalöses“ an sich gehabt. Nach der Französischen Revolution von 1789 und der Säkularisation in Deutschland habe die Kirche an einem „Revolutionstrauma“ gelitten, erklärte der Referent. Neben dem Trauma des Verlusts der politischen Macht und der finanziellen Ressourcen, der politisch-gesellschaftlichen Beheimatung und Identität habe es in Deutschland auch das Trauma des Verlusts der kirchlichen Selbstbestimmung gegeben. Protestantische Fürsten und Beamte hätten kein Verständnis für Klöster, Bruderschaften und Wallfahrten, Prozessionen und Heilige Spiele gezeigt. Viele Geistliche, die selbst aus bäuerlichen oder bürgerlichen Milieus kamen, hätten sich die Forderungen der Bevölkerung zu Eigen gemacht.

Die Kirche habe in der Folge vor allem von den bürgerlichen Freiheiten profitiert. Die Gründung der Pius-Vereine für religiöse Freiheit ab März 1848 führte im Herbst zur Generalversammlung der Pius-Vereine, „dem ersten deutschen Katholikentag“, getragen von Laien und nicht von der Hierarchie. „Dies erklärt bis heute die starke Stellung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken gegenüber den Bischöfen, etwa in der Schwangerschaftskonfliktberatung“, sagte der Referent. Die Gewährung der Vereins- und Versammlungsfreiheit habe eine Vielzahl katholischer Vereine hervorgebracht, die Pressefreiheit zahlreiche katholische Schriften. „Dem Ziel der ,Freiheit der Kirche‘ diente auch der stärkere Zusammenschluss der Katholiken über die Landesgrenzen der deutschen Bundesstaaten hinaus.“ Bei der ersten deutschen Bischofskonferenz im Oktober 1848 in Würzburg verabschiedeten die Bischöfe einen Forderungskatalog, unter anderem nach freien Treffen der Bischöfe ohne staatliche Erlaubnis, Freiheit für religiöse Vereine oder der freien Gründung und Niederlassung religiöser Orden. Die zweite deutsche Bischofskonferenz habe dann erst 1867 in Fulda stattgefunden. Erst seit 1869 träfen sich die deutschen Bischöfe jährlich.

Bischof Jung erläuterte in seinem Part zunächst die komplexen Strukturen der Deutschen Bischofskonferenz mit ihren insgesamt 14 Kommissionen und des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD), dem Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz. Bischof Jung ist selbst Vorsitzender des Verbandsrates, der die Beschlüsse der Vollversammlung des Verbands vorbereitet. Es gebe eine Vielzahl von Akteuren, zugleich seien die Verantwortungen verteilt und nicht gebündelt, analysierte er. 2019 sei auf der Ebene des VDD ein „Aufgabenklärungsprozess“ gestartet worden mit dem Ziel, die inhaltlichen Aufgaben zu identifizieren, die die Bistümer in Zukunft gemeinsam wahrnehmen und für deren Umsetzung sie sich des VDD als Trägerorganisation bedienen wollen.

Ein Beschluss der Bischofskonferenz entfalte an sich noch keine Rechtskraft, erklärte der Bischof. Erst wenn der einzelne Bischof einen Beschluss der Bischofskonferenz für seine Diözese in Kraft setze, erkenne er den Beschluss für sich und seine Ortskirche als verbindlich an. Die Umsetzung hänge unter anderem von lokalen Besonderheiten wie auch von finanziellen und personellen Möglichkeiten ab. Daher resultiere auch manche Ungleichzeitigkeit zwischen den Diözesen. Bischof Jung sprach sich dafür aus, die Tagesordnungen zu entschlacken, um mehr Zeit für die drängenden Zukunftsfragen der Kirche zu schaffen, etwa der Glaubensverkündigung im digitalen Zeitalter, der Gewinnung von theologisch qualifiziertem Nachwuchs oder der Positionierung bei Themen wie Lebensschutz und Migration.

Abschließend griff der Bischof exemplarisch einige Probleme auf, an denen DBK wie VDD derzeit arbeiteten. So sei 2020 beispielsweise aufgrund der zurückgehenden Zahl an Priesteramtskandidaten ein Prozess zur Neuordnung der Priesterausbildung gestartet. In einem ersten Vorschlag seien München, Mainz und Münster als Zentren für die künftige Priesterausbildung identifiziert worden. Um die Qualität der Ausbildung akademisch wie auch im Blick auf die Persönlichkeitsbildung zu gewährleisten, brauche es große Lerngruppen und einen Stab an Begleitenden und Dozenten. Weiter sprach der Bischof die Aufarbeitung sexuellen und geistlichen Missbrauchs durch die Bistümer an. Ein großes Manko aller Studien sei, dass es keine Definition des Begriffs „Aufarbeitung“ gebe beziehungsweise wann dieser Prozess abgeschlossen sei. „Hier müsste der Staat entsprechende Vorgaben machen, die für alle Organisationen, Institutionen und Verbände Anwendung finden“, forderte er. Bezüglich des kirchlichen Arbeitsrechts sei am 18. September 2023 ausgehend vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Prüfauftrag eingeleitet worden, um zu prüfen, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen angeglichen werden könne. „Der Überblick hat gezeigt, dass die Bischofskonferenzen gefordert, aber auch in der Lage sind, ihre Probleme beherzt anzugehen“, schloss Bischof Jung.

sti (POW)

(4823/1310; E-Mail voraus)

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