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Respektvoller Blick auf das Wesentliche

Ausstellung „Den anderen wahrnehmen“ im Museum am Dom zeigt Bilder von Bat-Amgalan Orsoo – Mongolische Künstlerin ist Wandernde zwischen Kulturen – Kunstreferent Lenssen: „Menschen suchen Antworten auf das Leben“

Würzburg (POW) Es ist immer das gleiche Gesicht. Und doch wieder nicht: Für eine Reihe von Selbstporträts hat die aus der Mongolei stammende Künstlerin Bat-Amgalan Orsoo festgehalten, wie sie sich jeweils fühlt. Mit sehr pastosem Farbauftrag, der in Ton und Pinselstrich die Gefühle des jeweiligen Tags zum Ausdruck bringt. Ein anderes, großformatiges Werk zeigt eine guatemaltekische Marktfrau. Weite Teile des Gemäldes sind in einem Gelbton übermalt. Darauf ist ein Gebet in buddhistischen Schriftzeichen geschrieben. Die Übermalung trennt die Realitäten, baut eine zusätzliche Ebene ein. „Als ich in Guatemala diese große, kalte Markthalle betrat, hatte ich Angst und habe mich an ein Gebet gegen die Angst erinnert, dass mir in der Mongolei meine Großmutter beigebracht hatte“, sagte Orsoo. Ihre Ausstellung „Den anderen wahrnehmen“ ist bis 3. April im Würzburger Museum am Dom zu sehen und Teil des diözesanen Kunstprojekts „im Gegenüber“.

„Das Humanum ist grenzenlos gleich. Das machen Orsoos Werke deutlich, die eine Vielzahl von ethnischen, religiösen und spirituellen Prägungen zeigen. Sie verdeutlichen dadurch: Die Menschen sind auf der Suche nach Antworten auf das Leben, auf die Begrenztheit in Raum und Zeit“, erklärte Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen am Donnerstag, 25. Februar, bei einer Presseführung durch die Ausstellung. Das Grundthema der Ausstellung wie auch des Kunstprojekts liege derzeit förmlich im Raum. „Wir spüren in der Gesellschaft die Erosion des Humanums, aber auch des Themas Gott.“ Es sei daher wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. „Wir leben in einer Welt, von der wir mehr ahnen als wir um sie wissen. Die Kunst kann uns helfen, die Wirklichkeit zu erschließen.“

Orsoo, Jahrgang 1977, scheint das Themenfeld „Den anderen wahrnehmen“ auf den Leib geschneidert: Als Nomadin aufgewachsen, brach sie mit 20 Jahren mit dem Vordiplom in Kunst nach Deutschland auf. In Nürnberg studierte sie bis 2005 bei Professorin Christine Colditz und Hans-Peter Reuter und schloss mit dem Meisterschülertitel ab. Mit ihrer jungen Familie lebte sie anschließend drei Jahre in Guatemala und lernte dort die Maya-Kultur, das Spanische und die Probleme der guatemaltekischen Gesellschaft kennen. Der Zyklus „Gesicht von Guatemala“ entstand in der Folge. Es sind Porträts von Männern und Frauen verschiedener Schichten, Rassen und Altersgruppen, aber auch eine Bohne, der Querschnitt eines Maiskolbens und eine Mohnblüte. Bohne und Mais stehen für die Grundnahrungsmittel und die Mangelernährung, der Mohn für den Drogenhandel, der mit seinen brutalen Folgeerscheinungen den Alltag im Land prägt.

Erst nach dem Umzug nach China entstand, quasi im Nachklang der Eindrücke aus Mittelamerika, das eingangs beschriebene Bild mit der Marktfrau und Gebetstext. Fast spachtelartige Züge tragen eine Reihe von beinahe expressionistischen Gemälden von Goldfischen, die in China Symbol für Wohlstand und Freude sind. „Sie sind aber auch wie Zeichen der Gesellschaft: Sie tauchen unter, wirbeln umher, sind fast unsichtbar“, deutete Orsoos Mann Marc Mösinger die Serie. Nicht nur den Fischen versteht die mongolische Künstlerin eine eigene Prägung zu geben: Auch die aus dem Buddhismus stammenden Boddhisatvas, hochfiligrane Darstellungen von Wesen auf dem Wege der „Tugendvollkommenheit“, versieht sie mit individuellen Elementen ihrer malerischen Welt. Zum Beispiel mit weißen Tauben oder Goldfischen im Hintergrund. „Ich bin sehr unruhig. Wenn mich etwas umtreibt, bringe ich es gern auf die Leinwand. Galeristen tun sich mit der Vielfalt meiner Themen und Stile etwas schwer“, erläuterte die Künstlerin.

Das jüngste der 58 gezeigten Bilder trägt den Titel „Einsam“. Es zeigt ein kleines Kind, das, auf einem Fell sitzend, mit geschlossenen Augen in Buddhahaltung meditiert. Hinter ihm ist ein Rudel Wölfe zu sehen. Ist die Gefahr nur Illusion oder können die wilden Tiere im nächsten Moment den kleinen Menschen fressen? Auch wenn beim Bild der Marktfrau der Gebetstext auf Tibetisch verfasst ist und die Wölfe im Bild mit dem kleinen Kind ein Spiegel der momentanen Situation in der Mongolei sind: Orsoo versteht sich nicht als politische Künstlerin.

„Orsoo schafft es, respektvoll auf die Dinge und Menschen zu blicken. So wird der Absolutheitsanspruch weggenommen, der sonst schnell dem Gegenüber jede Würde nimmt. Insofern ist diese Ausstellung eine Mahnung“, sagte Lenssen. Ein Begleitprogramm der von Dr. Wolfgang Schneider kuratierten Ausstellung ist in Vorbereitung. Nähere Informationen im Internet unter www.museum-am-dom.de.

 mh (POW)

(0916/0272; E-Mail voraus)                                                                                     

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