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Rezepte fürs Brückenbauen

Diözesantagung der Ackermann-Gemeinde untersucht die drei entscheidenden Epochen der deutsch-tschechischen Geschichte – Studiendirektor Hans-Peter Dörr neuer Diözesanvorsitzender

Würzburg (POW) Unter dem Titel „Zwischen Tragik und Triumph“ haben beim Diözesantag der Ackermann-Gemeinde deutsche und tschechische Referenten die drei entscheidenden Epochen in der deutsch-tschechischen Geschichte zwischen 1848 und 2008 behandelt. Dabei untersuchten sie auch deren Bedeutung für das heutige politische Bewusstsein in beiden Völkern. Bei den Wahlen wurde Hans-Peter Dörr, Studiendirektor an der Sankt-Ursula-Schule in Würzburg, zum ehrenamtlichen Diözesanvorsitzenden des Verbands gekürt. Er führt die Ackermann-Gemeinde nun gemeinsam mit seinen Stellvertreterinnen Martina Bachmann (Heimbuchenthal) und Gabriele Heilmann (Würzburg).

Dr. Ludwig Eiber vom Haus der Bayerischen Geschichte zeichnete den Weg von Palackys Absage an die Frankfurter Paulskirchenversammlung 1848 bis zur Gründung der ersten Tschechoslowakei im Jahr 1918 nach. Dies sei ein Weg der sich stetig verstärkenden nationalistischen Abgrenzung von Tschechen und Deutschen gewesen – von den einen als Zerstörung des doch eigentlich funktionierenden K. und K.- Vielvölkerstaates empfunden, von den anderen als Befreiung aus dem Habsburger Völkerkerker. Diese Denkschablonen müssten auch heute noch in populistisch geführten Diskussionen als Argumente herhalten, sagte Eiber.

Über das Scheitern der Nachbarschaft sprach Dr. Tomas Ruzicka von der Prager Karls-Universität. Nüchtern bilanzierte er die Schritte im Nationalitätenstreit der 1. Republik, die mit der immer schärferen Konfrontation in den 1930er Jahren, in der Zerstörung des tschechoslowakischen Staates, in der Unterdrückung durch das nationalsozialistische Gewaltregime und schließlich in der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien und der Machtübernahme durch die Kommunisten 1948 endete.

Sehr bewegend schilderte Dr. Zdenek Susa, Synodalkurator der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB), seinen persönlichen Mentalitätswandel in der deutsch-tschechischen Problematik. Dieser sei in drei Stufen verlaufen: von der totalen Ignoranz zum Wissen, dass das Land, wo früher Deutsche lebten, noch immer krank sei. Die zweite Stufe habe zur Befreiung vom schwarz-weißen Denken geführt, zu einer ersten intensiven Freundschaft mit vertriebenen Deutschen, der Familie des Würzburger Mediziners Professor Dr. Werner Strik, der den thematischen Teil des Diözesantags auch moderierte. Die dritte Stufe habe ihn dann zu einer aktiven Auseinandersetzung innerhalb der Charta-77-Bewegung gezwungen. In der übrigen tschechischen Gesellschaft wurde eine Diskussion über offene deutsch-tschechische Fragen durch das Regime aber weiter tabuisiert. So habe das große Entschuldigungswort des ersten freien Präsidenten nach der Wende auf „vorbereitete und nichtvorbereitete Tschechen“ getroffen, was Verwirrung stiftete und es populistischen Politikern ermöglichte, dies auszunützen und „fast vergessene Töne des Nationalismus wieder zu erwecken. Aus der sudetendeutschen Seite haben wir damals Stimmen gehört, die leider unseren Populisten dabei geholfen haben.“

Susa schilderte, wie es zum Austausch der Erklärungen der tschechischen und der deutschen evangelischen Kirche und zur Veröffentlichung des Berichts der gemeinsamen Arbeitsgruppe unter dem Titel „Der trennende Zaun ist abgebrochen“ kam. Die Mehrheit der Bevölkerung sei von diesem Mentalitätswandel noch nicht erfasst. Es gebe aber in jedem Volk eine Gruppe, die dazu fähig und willens sei. Diese Gruppe sei im Wachsen. Als „Rezepte fürs Brückenbauen“ empfahl Susa viele persönliche Begegnungen. Er plädierte für ein aufmerksames und demütiges Zuhören, das Erzählen der persönlichen Geschichte und das Bekennen der Schuld der eigenen Nation und warnte vor Politikern, „die alte Teufel erwecken“.

Die Wahlen zum Vorstand führte die Ackermann-Gemeinde in der Diözese Würzburg zum ersten Mal in der Form der Briefwahl durch. An die Seite der Vorsitzenden wurden acht weitere Vorstandsmitglieder gewählt: Barbara Deichsel, Reinhilde Geißler, Helmut Hettwer, Michael Hofmann, Joachim Neumann, Jitka Rost, Iva Slancova und Heinrich Slawik. Weitere vier Mitglieder sind noch zu kooptieren. Professor Dr. Werner Strik und der bisherige Diözesanvorsitzende Adolf Ullmann wurden schon berufen. Als Delegierte werden Strik und Martina Bachmann die Ackermann-Gemeinde Würzburg bei der Hauptversammlung der Bundes-Ackermann-Gemeinde im April dieses Jahres in Ellwangen vertreten. Als stellvertretende Delegierte wurden gewählt: Iva Slancova und Michael Utschig.

(1108/0344; E-Mail voraus)

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