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„Schlüssel zum gelingenden Leben“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Christmette am 24. Dezember 2012 im Kiliansdom in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn man die Schlagzeilen zur Situation im Heiligen Land wahrnimmt, dann wird einem klar, dass der Friede nicht nur dort vor Ort gefährdet ist. Attacken auf israelisches Land haben Vergeltungsschläge zur Folge. Eine Gewalttat löst die andere ab und führt schließlich zur Eskalation.

Hinzu kommen die unterschiedlichsten Bürgerkriege in Nordafrika und im Nahen Osten mit oft blutigen Revolten, die uns – gelinde gesagt – zusammenzucken lassen.

Ist Friede im Heiligen Land – Friede auf Erden nicht doch nur eine fromme Illusion?

Der Prophet Jesaja hat um 730 vor Christus in einem verwüsteten Land, einem verängstigten Volk eine Zukunft verheißen, in der es nur Gerechtigkeit, Frieden und Freude geben soll. Er verheißt seinem zermürbten Volk, das in der Angefochtenheit dieser Weltzeit lebt, einen Retter, der die Wunden heilt und Frieden bringt. Wörtlich: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter.“ (Jes 9,5)

Ist Weihnachten mit der Botschaft der Geburt Jesu als Retter doch nur Illusion?

Das Volk Israel, das in seiner Existenz auf Gott verweist wie kein anderes Volk, hat – soweit wir das überblicken können – durch seine ganze Geschichte hindurch schreckliche Verfolgung erlebt. Als Reaktion auf den Holocaust der Nazi-Herrschaft wurde diesem Volk das in der Bibel verheißene Heimatrecht im Heiligen Land durch die Gründung des Staates Israel zurückgegeben. Aber der damit aufgebrochene Konflikt mit den dort ansässigen Palästinensern ist bis heute leider nicht friedlich gelöst.

Der Prophet Jesaja sagt, dass der Fürst des Friedens – wie er das neugeborene Kind nennt – ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufrichten wird. Gott schreibt er die Fähigkeit zu, das drückende Joch auf unserer Schulter, den Stock des Treibers zu zerbrechen und den dröhnend daher stapfenden Stiefel und jeden blutbefleckten Mantel zu verbrennen. (Vgl. Jes 9,3 u. 4)

Gott ist der Ersthandelnde. Er hat die Menschwerdung seines Sohnes bewirkt. Christus ist in Betlehem geboren. Aber der verheißene Friede – wo ist er?

Liebe Schwestern und Brüder,

unser Problem ist, dass wir außerhalb unseres eigenen Wollens und Tuns den endzeitlichen Frieden erwarten. Die Geburt unseres Erlösers schafft zwar die Ermöglichung dieses Friedens, aber nicht ohne unsere Umkehr! Das heißt: Wenn die Weihnachtsbotschaft nicht greift, verändert sich äußerlich nichts in dieser Welt.

So schreibt ja schon Paulus an seinen Ziehsohn Titus: „Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben.“ (Tit 2,11.12)

Christus bringt die Ermöglichung eines Lebens in Frieden und Gerechtigkeit. Als Angeklagter vor Pilatus stehend sagte er klar aus: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Vgl Joh 18,36)

Er heilt Kranke und wendet sich den Armen und Ausgestoßenen zu. Aber sein sichtbares heilendes Handeln hat eine innere Entsprechung, um die es ihm eigentlich geht. So sagt er zu den Schriftgelehrten, die daran zweifelten, dass er Sünden vergeben könne: „Was ist leichter, zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf und geh umher? Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Darauf sagte er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause!“ (Mt 9,5.6)

Mit dem Eintritt Jesu in unsere Welt, in unsere Zeit und Geschichte, wird uns die Ermöglichung des verheißenen Friedens selbst in die Hände gelegt. Seine Botschaft ist der Schlüssel zu einem gelingenden Leben. Überall da, wo sein Wort ernst genommen und in die Tat umgesetzt wird, ereignet sich schon jetzt ein Stück des uns zukünftig verheißenen ewigen Lebens.

Diese Frohe Botschaft verliert nicht ihren aufrüttelnden Appell, den die Engel den Hirten auf den Feldern Betlehems verkünden: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganze Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“ (Lk 2,10 u. 11) Das Kind in der Krippe, in menschlicher Armut und Kleinheit uns Menschen ausgeliefert, erlebt unsere Ängste und Nöte, unsere Anfechtungen und unser Leid. Aber in seiner Lebenshingabe am Kreuz für uns – wird er zum Retter aus dem ansonsten unüberwindbaren Elend unseres Daseins.

Unser Dom, der nach 16-monatiger Renovierungszeit wieder in hellem Glanz erstrahlt, ist eine Wegkirche, die die Gebrochenheit menschlicher Existenz in dieser Weltzeit ganz deutlich macht: Durch das Hauptportal, das die Schöpfung aufruft, treten wir in das Gotteshaus. An dem siebenarmigen Leuchter vorbei, der auf die Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. wie auch auf die Zerstörung dieses Domes am 16. März 1945 hinweist, gelangen wir durch den Mittelgang zum Taufbrunnen, dem Ort der Taufspendung an dem das Sakrament der Gotteskindschaft vollzogen wird.

Wir gehen vorbei am Ambo, von dem aus das Wort Gottes in der Heiligen Schrift und in der Predigt verkündigt wird, weiter zum Altar in der Vierung, auf dem sich das Erlösungsgeschehen in der Feier der heiligen Messe vergegenwärtigt.

Das Tabernakel, das dem brennenden Dornbusch nachempfunden ist, ist der sichtbare Ort der bleibenden Gegenwart Christi in der Eucharistie bis an das Ende der Zeit.

Während im Langhaus die Epitaphe der verstorbenen Würzburger Bischöfe die Kontinuität der Glaubensweitergabe aufrufen, gelangen wir an den Glaubensgestalten des Chores vorbei zu dem wiederkehrenden Christus, zu dessen Füßen die Bistumsheiligen Kilian, Kolonat und Totnan über der Kathedra des Bischofs Anfang und Auftrag zur uneingeschränkten Glaubensverkündigung signalisieren.

Ziel des irdischen Lebensweges eines jeden Menschen wie der Menschheitsgeschichte ist die Wohnstatt Gottes, zu der uns im Chorscheitel die Gestalt des wiederkommenden Christus mit offenen Armen einlädt. Die Geburt dieses schon von den Propheten verheißenen Erlösers feiern wir heute.

„Das Kind in der Krippe, das Brot auf dem Altar: nur wer mit dem Herzen sehen kann, begreift die Zeichen der Liebe. Und er empfängt, was er schaut: die Gabe Gottes ‚für das Leben der Welt’“ (Schott-Messbuch C, 36).

Amen.