Würzburg (POW) Auf der großen Grillplatte zischt und brutzelt es. Der neue Schüler macht sich gut an seinem ersten Tag, er ist mit voller Aufmerksamkeit dabei. „Meine ganze Sorge gilt den Schnitzeln“, sagt er. 65 Stück müssen in den nächsten Minuten fertig werden. Die Schülerin Katharina Karmann legt etwas Fett nach. Teils schmunzelnd, teils überrascht beobachtet sie den neuen Schüler, der einen halben Tag lang in der Schülerfirma „Catering for you“ der Don-Bosco-Berufsschule der Caritas in Würzburg mit anpackt. Er heißt Eugen Hain und ist Geschäftsführer der Würzburger Agentur für Arbeit, doch sein Büro bleibt am Dienstag, 8. Januar, leer. Stattdessen kümmert er sich in den nächsten Stunden um Schnitzel- und Leberkäsbrötchen, Baguettes und Sandwiches für den Verkauf im Deutschhaus-Gymnasium – die Aktion „Rollentausch“ macht es möglich.
„Das hat hier fast was Kontemplatives. Das Büro habe ich schon vergessen“, sagt Hain lächelnd und wendet ein Schnitzel. Für die Idee des Rollentauschs, eine Aktion der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern und des bayerischen Sozialministeriums, hat er sich sofort begeistern lassen. Ziel der Aktion ist es, Gästen aus Politik, Wirtschaft oder anderen Bereichen einen ganz praktischen Einblick in soziale Einrichtungen zu geben. „Vorsicht da in der Ecke, das sieht schon sehr gut aus“, ruft Werner Bitsch aus dem Hintergrund. Der Klassenleiter betreut die Schülerfirma im Wechsel mit einer Kollegin. „Das muss hier schon alles zügig klappen“, erklärt Bitsch. Morgens um 9.30 Uhr geht es los, dann haben die Schüler zwei Stunden Zeit, die Essensmengen zu planen, einzukaufen und alles zuzubereiten. Die Rezepte für die wechselnden Angebote entwickeln sie selbst. Im aktuellen Jahrgang werden sechs Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren unterrichtet, sie kommen aus verschiedenen Förderschulen. Montags bis donnerstags müssen sie im Catering arbeiten, freitags findet Theorieunterricht statt, das alles läuft ein Jahr lang als Berufsvorbereitung.
„Das Experiment ist geglückt, nichts ist angebrannt“, freut sich Hain. Die Schnitzel sind gebraten, der Leberkäse geschnitten, die Baguettes belegt und der Waffelteig fertig. Eine halbe Stunde später haben sich die Schüler ein paar 100 Meter entfernt im Verkaufsraum im Deutschhaus-Gymnasium postiert. Hain hat die weiße Bratschürze mit einer roten Servierschürze getauscht. Er muss nun unter anderem Brötchen nach Wunsch belegen. Kaum hat es zur Pause geklingelt, strömen viele hungrige Gymnasiasten heran und bauen sich in einer Schlange auf, die ersten Bestellungen werden entgegen genommen. Die Aufgaben im Team sind klar verteilt, und auch Hain fügt sich ein. Das fällt auch Katharina auf. „Ich finde es gut, dass er sieht, wie wir hier arbeiten. Und ich glaube, es macht ihm Spaß“, meint sie.
Bitsch steht etwas im Hintergrund und kontrolliert den Verkauf, muss aber selten eingreifen. „Am Anfang hatten einige unserer Schüler Berührungsängste, doch inzwischen läuft das hier richtig prima“, erzählt er. In der Schülerfirma ginge es vor allem darum, die Ernsthaftigkeit in einem Dienstleistungsberuf zu vermitteln. Die Jugendlichen sollen lernen, pünktlich und zuverlässig zu sein und im Team erfolgreich zu arbeiten. „Wir bereiten sie auf Berufe wie Beikoch, Bäcker, Verkäufer, Lagerist oder andere ähnliche Stellen vor“, erklärt er. Für die Schüler seien viele Hürden zu überwinden. „Sie durchleben immer wieder Krisen, aber damit müssen wir hier umgehen, das gehört einfach dazu.“ Wie erfolgreich das Programm ist, zeigen die Zahlen des vorigen, ersten Jahrgangs: Vier der sechs Schüler konnten erfolgreich vermittelt werden.
Die Schulglocke läutet und beendet die Mittagspause im Gymnasium. Damit endet auch für Hain der Rollentausch. Er ist wieder ganz der Geschäftsführer der Arbeitsagentur und zeigt sich sehr beeindruckt von der Schülerfirma. „Die jungen Leute sind hier wirklich mit Begeisterung dabei. Obwohl sicherlich einige eine schwierige Vita haben, zeigen sie hier viel Ehrgeiz und gute Teamarbeit. Ich sehe die Schülerfirma als eine optimale Vorbereitung auf die Arbeitswelt draußen.“ Die Schüler und Lehrer freuen sich sehr, als sie hören, dass Hain der kurze Einblick gefallen hat – eine tolle Bestätigung vom „Chef der Arbeit“ persönlich.
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