Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Schwester Erna“ feiert ihren 100. Geburtstag

Bischof Julius Döpfner begrüßte Erna Kirchhof im Mai 1953 als Seelsorgehelferin im Bistum

Würzburg (POW) Wer sie sieht und mit ihr spricht, kann es kaum glauben: Erna Kirchhof wird am 16. März 100 Jahre alt. Die Wahl-Würzburgerin ist nicht nur körperlich und geistig fit, sondern wohnt und versorgt sich noch alleine. Von 1953 bis 1985 war sie zunächst Seelsorgehelferin und später Gemeindereferentin im Bistum Würzburg, davon 24 Jahre lang in der Dompfarrei. Noch heute wird sie bei ihren täglichen Gängen durch die Stadt von vielen als „Schwester Erna“ angesprochen.

Kirchhof wurde am 16. März 1925 als jüngeres der beiden Kinder von Anna und Konrad Kirchhof im sudetendeutschen Hermannsthal (heute Jeřmanice in Tschechien) geboren. Von 1939 bis 1942 machte sie in Gablonz (heute Jablonec nad Nisou) eine Ausbildung zur Damenschneiderin. Im Dezember 1945 mussten Erna Kirchhof und ihre Eltern das Sudetenland verlassen.

Ihr vier Jahre älterer Bruder Herbert war noch in Afrika in französischer Gefangenschaft. Über Zittau und Dresden kamen sie ins kleine thüringische Dorf Obernitz bei Saalfeld. „Die meisten dort waren evangelisch, aber wir haben schnell Anschluss gefunden“, erzählt die Jubilarin. Vor allem der katholische Pfarrer Hans Link habe sie gut aufgenommen. Er stammte aus dem Spessart und war nach Saalfeld versetzt, das damals noch zum Bistum Würzburg gehörte.

Gut erinnern kann sie sich an die illegalen Grenzübertritte von der russischen in die amerikanische Besatzungszone: „Die Bauern wussten, wann Wachwechsel war, mit dem Pfarrer Hand in Hand bin ich nachts über Felder gerannt.“ Einen ganzen Tag habe es gedauert, bis sie zum ersten Mal nach Würzburg kam. Völlig zerstört war die Domstadt damals, nur wenige tausend Einwohner lebten in den Trümmern. Bis heute sind ihr eindrucksvoll der erste Besuch im Käppele und die Übernachtung im Missionsärztlichen Institut in Erinnerung. Nach wenigen Tagen ging es zurück nach Thüringen, mit Geld- und Sachspenden im Gepäck – und mit dem Entschluss, in der Seelsorge zu arbeiten.

Nach einem Vorpraktikum in Saalfeld ging Erna Kirchhof 1948 zum letzten Mal schwarz über die Grenze: ins Seminar für Seelsorgehilfe nach Freiburg. Der Lehrplan dort reichte von Stenographie und Schreibmaschinenschreiben bis zu Theologieunterricht. Am 1. Mai 1953 war es dann so weit: Vier der 20 Absolventinnen des Ausbildungsjahrgangs, alle aus dem Sudetenland, traten ihren Dienst im Bistum Würzburg an. Bischof Julius Döpfner habe sie persönlich begrüßt und sich sehr für die Situation in Thüringen interessiert. Erna Kirchhof schätzt Döpfner bis heute, weil er den Kontakt in die DDR hielt. Als Würzburger Bischof waren ihm Besuche in der Ostzone noch möglich, während ihm die DDR-Regierung danach als Bischof von Berlin die Einreise verweigerte. „Wir waren sehr traurig, als Döpfner so früh gestorben ist.“

In Freiburg wurden damals Seelsorgehelferinnen aus ganz Deutschland ausgebildet. Daher weiß Kirchhof: „Viele Bischöfe wollten uns nicht im kirchlichen Dienst.“ Bischof Döpfner dagegen habe das Potential erkannt. Zunächst acht Jahre im Aschaffenburger Stadtteil Schweinheim und danach 24 Jahre in der Würzburger Dompfarrei leistete Kirchhof Aufbauarbeit. Sie nahm im Pfarrbüro die Messbestellungen an, gab Religionsunterricht in der Grundschule, betreute Jugendgruppen, machte Hausbesuche, baute Helferkreise auf, erledigte Büroarbeiten, half in der Caritas mit und unterstützte die Missionsarbeit.

„In den ersten Jahren musste ich noch Tracht tragen, also ein dunkelblaues Kleid und einen Schleier auf dem Kopf“, erzählt sie. Der Zufall habe es gewollt, dass sie zeitlebens ledig geblieben ist. Trotzdem habe sie nie überlegt, in einen Orden einzutreten. „So konnte ich immer machen, was ich wollte“, sagt sie lachend. 1961 habe die Stadt noch in Trümmern gelegen, im Dompfarramt musste sie jeden Morgen zuerst den Ölofen anschüren. Auch nach dem Ruhestand 1985 betreute „Schwester Erna“ ehrenamtlich Senioren- und Helferkreise, setzte sich für die Missionsarbeit und die Berufsgemeinschaft katholischer Frauen ein.

Bis heute ist ihr wichtig, jeden Tag strukturiert und diszipliniert anzugehen, dazu gehören der tägliche Gang in den Dom und zum Einkaufen. Ansonsten lebe und esse sie „ganz normal“. „Ich lebe jeden Tag voller Dankbarkeit“, kommentiert sie ihr gesegnetes Alter. Keinen ihrer 99 Geburtstage habe sie groß gefeiert, aber in diesem Jahr habe sie sich schlecht wehren können: Zum 100. Geburtstag gibt es neben einer Ehrung im Dom auch ihre erste große Geburtstagsfeier.

raru (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

(1225/0274; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet