Hammelburg/Fuchsstadt (POW) Als personell relativ junges Dekanat mit guter Teamarbeit bei den Seelsorgern beschreibt Dekan Erich Sauer (Fuchsstadt) das Dekanat Hammelburg. Der Seelsorgebereich zwischen Maria Ehrenberg und Saaletal umfasst über 30.000 Katholiken. Die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften ist noch in Gange. In folgendem Interview spricht Dekan Sauer über den aktuellen Stand der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Hammelburg, über die Bedeutung der Franziskaner und der Wallfahrtsorte sowie über neue Möglichkeiten der Seelsorge.
POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Hammelburg umschreiben?
Dekan Erich Sauer: Die Situation stellt sich noch unterschiedlich dar: Drei Pfarreiengemeinschaften sind errichtet, in ihnen wird der Weg auch bereits gut gegangen, weitere künftige Pfarreiengemeinschaften sind aufgrund der personellen Situation de facto hergestellt, zwei befinden sich gerade in der Bildungsphase: die ersten gemeinsamen Zusammenkünfte der Gremien haben stattgefunden. In einigen Pfarreiengemeinschaften sind derzeit noch mehrere Priester zuständig, wo der Personalplan künftig nur noch einen Pfarrer vorsieht.
POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?
Sauer: Zu den besonderen Chancen des Dekanats zähle ich die Tatsache, dass wir personell ein relativ junges Dekanat sind und gut im Team zusammenarbeiten. Wir erleben, dass zum Beispiel durch die Schulstruktur und die Großgemeinden junge Menschen sich überörtlich in selbstverständlicher Weise begegnen. Das hilft vorhandenes Kirchturmdenken zu überwinden. Wir beobachten auch, dass in Bezug auf die Pfarreiengemeinschaften die Vorteile der Zusammenarbeit gesehen werden, gut ist da beispielsweise die überörtliche Zusammenarbeit bei den Ministrantinnen und Ministranten. Probleme in unserem Dekanat sehe ich in dessen Größe: Die Gebiete Bad Brückenau/Rhön und Hammelburg/Saaletal teilen das Dekanat in zwei ganz unterschiedliche Räume. Früher waren das auch zwei Dekanate. Momentan gibt es beim Seelsorgepersonal einige Lücken: in der Pfarreiengemeinschaft Oberer Sinngrund und am Volkersberg; in Bad Brückenau steht der Wechsel des Pfarrers nach Lohr am Main an. Es wird immer schwieriger, die Übergangszeiten aufzufangen. Für die Bevölkerung fehlen Arbeitsplätze, da kaum Industrie vorhanden ist. Die früher bei der Bundeswehr vorhandenen Arbeitsplätze sind vielfach abgebaut, junge Menschen wandern ab.
POW: Die Franziskaner haben angekündigt, nach Jahrhunderten das Kloster Altstadt zu verlassen. Welche Bedeutung haben die Franziskaner für das Dekanat und wie soll der Weggang aufgefangen werden?
Sauer: Das Kloster Altstadt dient sicherlich als spirituelles Zentrum weit über die Ortsgrenzen Hammelburgs hinaus. Auch aus vielen anderen Orten kommen die Menschen hierhin zu den Gottesdiensten und haben dort regelrecht ihre geistliche Verwurzelung. Besonders die derzeit noch von den Franziskanern betreuten Gemeinden Pfaffenhausen, Ober- und Untereschenbach werden es darüber hinaus schmerzlich spüren, wenn das Kloster aufgegeben wird. Noch ist keine endgültige Entscheidung getroffen, momentan ist die Situation so geordnet, dass Altstadt als Nebenstelle zum Kloster Kreuzberg gehört. Aufgefangen werden soll der Weggang von der Pfarrgemeinde Sankt Johannes der Täufer in Hammelburg.
POW: Im Dekanat sind verschiedene Formen der Sonderseelsorge von der Militär- bis hin zur Kurseelsorge angesiedelt. Wie werden diese Formen der Seelsorge in die veränderten Seelsorgestrukturen eingebunden?
Sauer: Die Militärseelsorge ist ja grundsätzlich unabhängig von der Pfarrseelsorge organisiert, eine Besonderheit besteht in Hammelburg, dass der Militärpfarrer sowohl dem Militärbischofsamt zugeordnet ist, gleichzeitig aber auch Kuratus der Kuratie Christkönig auf dem Lagerberg ist, wo am Sonntag eine Personalgemeinde der Soldaten – vor allem ehemalige Soldaten – etabliert ist. Viele Gläubige sind sowohl in der Militär- wie in der Gemeindeseelsorge aktiv. Gelegentlich werden gegenseitig Gottesdienstaushilfen organisiert. Die Kurseelsorge ist jeweils an das Seelsorgeteam in der Pfarrei angeschlossen und damit in das Dekanat hinein vernetzt. Derzeit gibt es dafür jeweils eigene Kräfte, von der Pfarreiengemeinschaft aus wären die Angebote auch kaum noch zusätzlich zu leisten.
POW: Welche Bedeutung kommt den Wallfahrtsorten im Dekanat Hammelburg zu?
Sauer: Wallfahrtsorte haben auch bei uns große Bedeutung, denn hier werden Menschen angesprochen, die vielleicht sonst nicht mehr regelmäßige aktive Gemeindemitglieder sind. Besonders zu den Wallfahrtszeiten sind die Gottesdienste sehr gut besucht, der Maria Ehrenberg genießt ja überörtliche Bedeutung. Viele stille Beter gibt es im Steinthal, die den schönen Ort in Natur und die Ruhe und Abgeschiedenheit für persönliches Gebet nutzen. Auch ist das Steinthal eine beliebte Hochzeitskirche.
POW: Im Dekanat sind oder werden Pfarrstellen vakant. Wie wirkt sich eine längere Vakanz auf die Seelsorge aus und welche neuen Möglichkeiten der Seelsorge sehen Sie angesichts eines immer mehr zunehmenden Priestermangels?
Sauer: Da der Pfarrer nach der derzeitigen kirchenrechtlichen Konzeption immer der Letztverantwortliche in der Pfarrei oder Pfarreiengemeinschaft ist, wirken sich lange Vakanzen sehr negativ aus. Die Seelsorgeteams vor Ort können zwar den „Betrieb“ organisieren, sind dann aber immer darauf angewiesen, dass ihr Tun von einem Pfarradministrator „abgesegnet“ wird, der damit aber in der Regel selbst vor der Überlastung steht. Das erzeugt viel Reibungsverluste. Die inhaltliche Arbeit droht von der organisatorischen überlagert zu werden. Neue Möglichkeiten – ich würde eher sagen neue Notwendigkeiten - sind, dass Ehrenamtliche mehr Verantwortung übernehmen müssen. Schwierig wird es aber, wenn Kompetenzen nicht geklärt sind. Und ganz wichtig: Seelsorge braucht ein persönliches hauptamtliches Gesicht vor Ort!
POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Hammelburg sagen können?
POW: Seelsorge im Jahr 2010 muss immer noch ein Gesicht haben: Jeder Christ in unserem Dekanat sollte die Möglichkeit haben, einen Seelsorger oder Ansprechpartner zu kennen, der mit ihm Christ-Sein lebt und ihm bei möglichen Fragen und Problemen beisteht.
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