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Sehnsucht nach der Ganzheitlichkeit

Interreligiöses Symposion der Universität Würzburg beschäftigt sich mit den Herausforderungen nach dem Tsunami – Rein rationales Verstehen-wollen versagt

Würzburg (POW) Wer den Tsunami als isoliertes Phänomen versteht, kann keine befriedigende Antwort darauf geben. Das hat der Missionswissenschaftler Professor Dr. Francis X. D’Sa beim Symposion „Tsunami – ein Zeichen der Zeit. Mensch und Natur im Dialog der Religionen“ an der Universität Würzburg am Freitag, 14. Oktober, betont. Bei der von D’Sa und seinem Kollegen Professor Dr. Elmar Klinger organisierten Veranstaltung fragten Vertreter des Buddhismus, des Hinduismus, des Islam und des Christentums nach Antworten der Religionen auf die Katastrophe.

D’Sa warnte unter anderem vor einer einseitigen Auslegung der Aussagen „Vater“ und „Liebe“ über Gott. Solche Aussagen seien nur analog zu verstehen. „Sie zeigen uns nur asymptotisch die Richtung, nicht das Endziel“. Im Zusammenhang mit der Tsunami-Katastrophe stehe die menschliche, endliche Vorstellung von Liebe im Gegensatz zum Ereignis. Das bedeute letztlich nichts anderes, als dass es für Menschen nicht zu beantworten ist, ob und wie der Tsunami mit Gottes Liebe zu vereinbaren ist. Zumindest nicht für Menschen des westlichen Kulturkreises.

Unter den asiatischen Opfern des Tsunamis ist laut D’Sa nicht die Frage laut geworden, wie Gott ein solches Unglück geschehen lassen könne. „Das kommt wahrscheinlich daher, dass der personale Aspekt in ihrer Gottesvorstellung nicht den Stellenwert hat wie im Christentum.“ Die Gläubigen der asiatischen Religionen betrachteten das Wesen und Wirken des hohen, heiligen Geheimnisses als so umfassend und überwältigend, dass sie fast automatisch eine Haltung der Gott-Ergebenheit pflegten. Auch die christliche Einstellung zum Leid könne nicht auf Vernunft-Ebene verstanden werden: Jesus erfährt am Kreuz Gottverlassenheit und empfiehlt dennoch am Ende seinen Geist in Gottes Hände. „Das Verstehen des Glaubens ist von einer anderen Art als das Verstehen der Vernunft.“

Bei der Tsunamifrage dagegen setzten viele Menschen ein verobjektiviertes Weltverständnis, das Insel-Dasein des Menschen und ein fast ausschließlich personales Gottesverständnis voraus. Gleichzeitig verspürten viele die Sehnsucht nach einer Einheit mit Gott, Welt und den Menschen. Letzteres werde als Gotteskindschaft bezeichnet. Das Dilemma der Gegenwart ist für D’Sa folgendes: „Wir stehen in einer verdinglichten Welt, aber wir sehnen uns nach einer ganzheitlichen.“

Es sei die Vernunft, die eine Rechenschaft für das Tsunami-Unglück verlange. „Sie kann keine Antwort bekommen, weil das Tsunami-Geschehen nicht nur zur Geschichte gehört, sondern auch zur Heilsgeschichte.“ Kein Menschen habe oder werde einen Überblick über den Gesamtprozess des Werdens der Welt haben. „Für die Christen ist die Schöpfung eine creatio continua: Gott ist immer dabei, die Welt am Sein zu erhalten.“ Es sei recht, wenn die Menschen über die geschichtliche Tragödie des Tsunami klagten. Der Glaube aber ermuntere, nicht dabei stehen zu bleiben, sondern den Kontakt zum übergeschichtlichen Wesen zu finden. „Der Tsunami ist ein Warnsignal, dass wir nicht Herr der Schöpfung sind, dass unser Leib organischer Teil des Weltleibes ist und dass wir Tod und Vergehen von diesem Blickwinkel her betrachten müssen“, sagte der Missionswissenschaftler.

D’Sa analysierte weiter, dass die Personal-Sprache, derer sich die christliche Tradition für den göttlichen Bereich bedient, wichtig sei. Sie könne aber nicht der einzige Zugang zur Tiefendimension der Wirklichkeit sein. „Ihr kann man sich nur durch Meditation und Gebet annähern. Im Schweigen bewegen wir uns im göttlichen Bereich, wo wir seinen Geist einatmen. Im Gebet hoffen wir, das wir uns auf Gottes Willen ergeben lernen.“ Mensch und Welt sind nach D’Sas Worten keine Rivalen. Wer das Sprichwort „ Willst Du schnell gehen, dann geh alleine; aber willst Du weit gehen, dann musst Du mit anderen gehen“ auf die ganze Schöpfung ausdehne, lerne mit allen Wesen zu gehen. „Hat der Tsunami uns dies beigebracht, dann war er nicht ganz ohne Sinn.“

(42 Zeilen/4205/1340; E-Mail voraus)